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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 20.03.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 75 von 102

 

großes politisches Anliegen sein, Ihnen als GemeinderätInnen in Ihrer politischen Funktion, als VertreterInnen der Bürgerinnen und Bürger in Wien. Sie sollten sich dafür einsetzen, und ich würde Sie daher ersuchen, unserem Antrag heute zuzustimmen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist GRin Spielmann. Bitte.

 

16.47.17

GRin Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE)|: Schönen guten Nachmittag, liebe Frau Vorsitzende! Lieber Herr Berichterstatter! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Meine Kollegin Barbara Huemer ist gerade auf das Poststück eingegangen. Es geht um ein Poststück zum Thema AKH beziehungsweise zu Spitälern vom WIGEV. Das möchte ich heute auch nutzen, um über ein Thema zu sprechen und einen Antrag einzubringen, der mir sehr wichtig ist, denn das Thema war jetzt sehr prominent in den Medien in den letzten Wochen.

 

Wir haben es alle mitbekommen, es gab vier Femizide an einem Tag, beziehungsweise eigentlich fünf, vier Frauen und ein Mädchen wurden ermordet. Wir sagen, dass es wirklich auf allen Ebenen diesen Gewaltschutz braucht, und da können natürlich auch die Spitäler eine sehr wichtige Rolle einnehmen. Warum ist das wichtig und warum bringe ich das bei diesem Poststück ein? Jede dritte Frau in Österreich ist von psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt betroffen, und Wien ist leider auch das Spitzenreiterbundesland bei den Wegweisungen und bei den Betretungsverboten. Das heißt, es gibt hier sehr viel Bedarf, auch noch genauer hinzuschauen, was wir tun können, um diese Femizide zu verhindern, denn das muss von uns allen ein großes Anliegen in dieser Stadt sein, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und ÖVP.)

 

Zweitens ist Gewaltschutz natürlich auch ein Gesundheitsthema. Wir sehen das ganz deutlich in den Beratungseinrichtungen. Da geht es um Langzeitfolgen von physischer, sexualisierter und psychischer Gewalt, wie zum Beispiel posttraumatische Belastungsstörungen bis körperliche Einschränkungen. Da leisten auch die Opferschutzgruppen an den öffentlichen Krankenhäusern total wichtige Arbeit. Übrigens habe ich mir den letzten Bericht von den Opferschutzgruppen angeschaut und werde auch schon für den nächsten Gemeinderat einen Antrag vorbereiten, denn der letzte Opferschutzgruppenbericht liegt mittlerweile sechs Jahre zurück, der letzte war also 2018. Auch da wäre es wichtig, wenn wir sehen, dass es Bedarf gibt, den Gewaltschutz noch besser auszubauen, genau hinzuschauen und diesen Bericht auch neu aufzulegen.

 

Drittens ist das Krankenhaus natürlich ein Ort der Zuflucht und auch des Vertrauens. Sehr viele Menschen haben Vertrauen in ÄrztInnen und Krankenhauspersonal. Laut der EU-weiten FRA-Studie von 2014 - leider haben wir keine aktuelleren Zahlen - suchen 27 Prozent der Österreicherinnen in den gravierendsten Fällen von Beziehungsgewalt Hilfe im Krankenhaus oder bei der Hausärztin oder beim Hausarzt. 84 Prozent der Befragten wünschen sich, dass die Ärztin oder der Arzt im Patientinnengespräch nach den Gewalterfahrungen konkret nachfragt. Daran sieht man schon, dass es einen sehr großen Bedarf gibt. Da setzt eben dieses Projekt, das wir heute gerne einbringen wollen, an. Es heißt: „Ich muss zu Dr. Viola.“ Dieses Projekt ist sehr, sehr sinnvoll und wird übrigens auch schon seit 2021 an den Tiroler Kliniken umgesetzt.

 

Worum geht es da? Es handelt sich um ein Gewaltschutzprojekt im Krankenhaus. Die von Gewalt Betroffenen können sich mit dem Notrufcodewort „Ich muss zu Dr. Viola.“ an die KrankenhausmitarbeiterInnen richten, übrigens an alle KrankenhausmitarbeiterInnen, nicht nur an die ÄrztInnen, sondern an alle. Alle MitarbeiterInnen sind sozusagen über diesen Notruf informiert und leiten dann eben auch die notwendigen Schritte in die Wege, um der Betroffenen zu helfen und sie vor allen Dingen auch in Sicherheit zu bringen, wenn der Gewalttäter zum Beispiel mit dabei ist. Wie gesagt, es wird seit 2021 erfolgreich in Tirol umgesetzt, und für mich ist es nach wie vor nicht klar - es ist ja nicht das erste Mal, dass wir diesen Antrag hier einbringen -, warum dieses sehr, sehr sinnvolle Projekt, das nicht viel kostet, das sehr niederschwellig ist, das Betroffenen unmittelbar hilft, in Wien immer noch nicht umgesetzt wird. Deswegen setzen wir uns heute hier dafür ein. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Noch einmal zusammenfassend, warum das Projekt wichtig ist: Es ist niederschwellig, es setzt also genau dort an, wo die Gewaltbetroffenen dann auch sind und wo es eben diesen Ort des Vertrauens gibt. Viele von Gewalt betroffene Frauen wissen übrigens nicht, dass es ein Gewaltschutzgesetz gibt und dass es Gewaltschutzeinrichtungen gibt. Ich glaube, da haben wir als Stadt Wien noch sehr, sehr viel Aufholbedarf, auch wenn wir ein breites Gewaltschutznetz haben. Es ist aber doch gut, wenn es ein Angebot direkt in der Klinik gibt, wenn diese Frauen nicht von diesen sehr, sehr sinnvollen Einrichtungen wissen, weil es dafür sorgt, dass nicht nur die Opferschutzgruppen zum Thema Gewaltschutz sensibilisiert und geschult sind, sondern das gesamte Personal.

 

Das sagen übrigens auch die Istanbul-Konvention zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen und auch die Femizid-Studie von 2023 von Birgit Haller. Eine zentrale Empfehlung dieser Studie ist, bei allen Berufsgruppen, die mit Partnergewalt oder familiärer Gewalt zu tun haben, das Wissen über Gewaltdynamiken und Opferverhalten in den Aus- und Weiterbildungen zu erhöhen.

 

Zu guter Letzt: Ich habe diesen Antrag zur sofortigen Abstimmung eingebracht, habe ihn zurückgezogen und bringe jetzt ganz neu noch einmal den Antrag auf Zuweisung zum Gesundheitsausschuss und zum Frauenausschuss ein, weil ich denke, wir haben hier ein gemeinsames Thema, an dem wir weiterarbeiten können. Ich bedanke mich auch wirklich bei Frauenstadträtin Kathrin Gaál, die auch beim überfraktionellen Treffen mit allen Frauensprecherinnen sehr offen für Vorschläge war. Deswegen hoffen wir, dass „Dr. Viola“ endlich in Wien umgesetzt wird. Machen wir es! Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Danke schön. Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter verzichtet auf ein Schlusswort.

 

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