Gemeinderat, 51. Sitzung vom 20.03.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 102
leben. Das ist aber nicht der Fall, sondern es ziehen alle nach Wien. Wie ein Magnet zieht Wien alle an.
Jetzt sagt Herr StR Wiederkehr: Wir brauchen eine Wohnsitzauflage. Das ist quasi die Lösung für alle Probleme. Sie wissen ganz genau, dass die Wohnsitzauflage rechtlich eigentlich unmöglich zu machen ist. (VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Und wie schaut es in Deutschland aus?) Warum? Erstens, weil Asylwerber Staatsbürgern gleichgestellt sind und weil wir zweitens eine Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit in Österreich haben. (VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Die gibt es in Deutschland auch! - GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM - in Richtung VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Funktioniert aber in Deutschland nicht!) Unsere Experten halten es also für unmöglich, das rechtlich umzusetzen. Warum aber wäre es dennoch möglich, dass diese Stadtregierung die Asylmigration nach Wien reguliert? Ganz einfach, indem Sozialleistungen heruntergefahren werden. Ich bringe Ihnen drei Beispiele für drei verschiedene Anspruchsgruppen.
Anspruchsgruppe 1: Asylwerber. Der Punkt ist: Asylwerber kommen nach Österreich, werden vom Bund einem Bundesland zugeteilt, packen dort ihre Sachen, kommen nach Wien und beantragen in Wien Grundversorgung. Wien könnte jetzt sagen: Bitte pack deine Sachen und geh wieder zurück in das Bundesland, wo du zugeteilt bist! Das passiert aber nicht. Sondern was sagt Wien? Aha, herzlich willkommen! Hier hast du deine Grundversorgung. Das ist der erste Grund, warum so viele Asylwerber nach Wien ziehen: Weil Wien das, was rechtlich vorgesehen ist, nicht erfüllt, sondern diese Leute aufnimmt. Das ist der erste Punkt.
Zweiter Punkt: subsidiär Schutzberechtigte. Auch der Stadtrat hat richtig kritisiert, dass alle subsidiär Schutzberechtigten nach Wien ziehen. Ja, warum ist denn das so? Weil Wien subsidiär Schutzberechtigten nicht nur die Grundversorgung zahlt wie alle anderen Bundesländer, sondern weil Wien eine Aufzahlung auf die Mindestsicherung leistet. Das sind mehrere Hundert Euro pro Monat, die Wien subsidiär Schutzberechtigten draufzahlt. Das ist nicht nur nicht nötig, sondern das ist auch gesetzeswidrig. Sie wissen ganz genau, dass Sie das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz schon längst hätten umsetzen müssen und dass die Aufzahlung auf die Mindestsicherung für subsidiär Schutzberechtigte gesetzeswidrig ist. Das könnten Sie mit einem Fingerschnipp reparieren. (GR Mag. Manfred Juraczka: Das müssen Sie!) Das müssen Sie reparieren. (Beifall bei der ÖVP.)
Dritter Punkt: Asylberechtigte. StR Wiederkehr sagt richtig: Alle Asylberechtigten ziehen sofort nach Erhalt des Bescheides nach Wien. Ja, warum ist denn das so? In den Bundesländern erhalten Asylberechtigte vier Monate nach Erhalt des Asylbescheides nur die Grundversorgung. In Wien aber erhalten sie sofort die Mindestsicherung. Na, selbstverständlich packt jeder Asylberechtigte seine Sachen und schaut, dass er so schnell wie möglich nach Wien kommt. Es gibt ja einen finanziellen Anreiz, meine Damen und Herren, genauso wie die Tatsache, dass Wien bei Mindestsicherungsbeziehern keine Staffelung bei Mehrkindfamilien einführt. Das sind finanzielle Anreize, die eine Magnetwirkung darstellen. Die könnten und müssten Sie sofort mit einzelnen kleinen Gesetzesreparaturen beheben - nicht widerrechtlich wie das, was Sie vorschlagen, auf Bundesebene wäre. Also hören Sie auf, die Schuld für diese Binnenmigration nach Wien auf den Bund zu schieben! (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenruf von GR Kurt Wagner.) Sie sagen, Familienzusammenführungen sind das große Problem. Na gut, es ist nicht wahnsinnig überraschend, dass das passiert. Seit Jahren warnen wir hier: Es ist bei Fluchtmigration nicht mit dem Faktor 1 zu rechnen, sondern mit dem Faktor 5 bis 7 - und das ist äußerst konservativ gerechnet.
Man muss sagen, die NEOS sind halt immer dabei, wenn hier über Aufnahmen gesprochen wird. Wir hatten den Antrag über Aufnahmen aus Afghanistan - die NEOS haben zugestimmt -, Aufnahmen von Erdbebenopfern aus der Türkei - die NEOS haben zugestimmt -, Aufnahmen aus Moria - die NEOS haben zugestimmt - und Aufnahmen aus dem Gazastreifen - die NEOS haben zugestimmt. (GRin Mag. Dolores Bakos, BA: Ja, weil Menschenrechte!)
Meine Damen und Herren, es ist ja in Ordnung, wenn das Ihre Politik ist. Es ist ja in Ordnung, wenn Sie sich gut fühlen (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Aber dann steht dazu!), wenn Sie sagen: Ja, wir sind so wahnsinnig sozial, wir möchten alle Notleidenden aufnehmen - aber dann stehen Sie halt auch dazu! Dann sagen Sie halt auch: Ja, diese Misere haben wir selber herbeigeführt. Wir stehen dazu, dass wir der Sozialmagnet innerhalb Österreichs sind. Wir stehen dazu, dass wir Leute aus der ganzen Welt aufnehmen. Deshalb ist es unsere Verantwortung und unsere Schuld, dass es jetzt zu Containerklassen und zu Platzproblemen kommt. (Beifall bei der ÖVP.)
Herr StR Wiederkehr sagt weiters: Wien übererfüllt seine Quote in Sachen Grundversorgung. Das klingt dann so, als würde Wien dem Bund wahnsinnig helfen. Ja, das ist halt leider auch nicht der Fall. Warum übererfüllt Wien seine Quote in Sachen Grundversorgung? Weil subsidiär Schutzberechtigte so lange in der Grundversorgung bleiben, weil Sie es nicht schaffen, subsidiär Schutzberechtigte in den Arbeitsmarkt zu bringen. Jetzt sitzen die alle in der Grundversorgung. Dazu kommen all jene Asylwerber, die eigentlich den Bundesländern zugeteilt sind und nach Wien migrieren, was eigentlich nicht vorgesehen ist und rechtlich eigentlich auch nicht möglich sein sollte. All die nehmen Sie auf. Natürlich erfüllen Sie dann die Grundversorgungsquote. Das ist aber nicht, weil Wien so sozial ist, sondern weil Wien es einfach zulässt und die Leute nicht in den Arbeitsmarkt hineinbringt. Das ist der wahre Grund, warum Sie die Quote erfüllen.
Geschätzte Damen und Herren, ich habe hier außerdem (ein Schriftstück in die Höhe haltend) eine Liste mitgebracht. Das ist eine Liste an Gesetzesverschärfungen, die die Bundesregierung für die Themenbereiche Integration und Migration gemacht hat. Jeden einzelnen Regierungsantrag auf dieser Liste haben die NEOS abgelehnt. Also bitte, stehen Sie wenigstens dazu, wenn das Ihre Politik ist! Tun Sie nicht so, als hätte die Bundesregierung nichts getan! (Beifall bei der ÖVP.)
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular