Gemeinderat, 51. Sitzung vom 20.03.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 102
wir genau hinschauen und weil wir in diesem Bereich auch gut mit der Polizei zusammenarbeiten, um Zahlen und Daten zu erheben. So wissen wir beispielsweise, dass im letzten Jahr die Zahl der Suspendierungen an den Schulen ganz klar auf über 800 Fälle gestiegen ist. In diesem Zusammenhang wird also nicht weggeschaut, sondern wird hart durchgegriffen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Noch entscheidender ist es aber natürlich, frühzeitig im Sinne von Gewaltprävention anzusetzen. Auch diesbezüglich wurde unter StR Wiederkehr in den letzten Monaten eine Vielzahl an Maßnahmen für die Wiener Schulen und auch für die Jugendarbeit gesetzt. Meine Kollegin Dolores Bakos hat dazu schon sehr ausführlich gesprochen.
Wir setzen in Wien aber natürlich nicht nur im schulischen und außerschulischen Bereich an. Junge Menschen in Ausbildungen zu bekommen und in den Arbeitsmarkt zu integrieren, ist nämlich eine ebenso entscheidende Aufgabe, um den jungen Menschen andere Perspektiven zu geben. Daher setzen wir beispielsweise heute in diesem Gemeinderat mit dem massiven Ausbau des Jugendcollege und des College 25+ in Kooperation mit dem AMS Wien die größte Arbeitsmarkt-Integrationsoffensive für junge, zu uns geflüchtete Menschen.
Arbeit, Ausbildung, Bildung und die begleitende Vermittlung von Werten haben bei der Integration oberste Priorität. Können wir in Wien mit diesen bereits gesetzten Maßnahmen alle Probleme allein lösen? Nein. Singuläre Lösungen sind bei einem dermaßen komplexen Thema nie die einzig richtige Entscheidung. Die fürchterlichen Ereignisse der letzten Tage legen nahe, dass wir auch weiterer sicherheitspolitischer Maßnahmen bedürfen. Diesfalls ist insbesondere der Innenminister im Hinblick auf die polizeiliche Arbeit gefordert, und wir begrüßen auch die Ankündigung des Innenministers, die polizeiliche Präsenz auf den Straßen zu erhöhen. Das war ohnehin eine langjährige Forderung der Stadt Wien an die jeweiligen Innenminister. Ich meine, dass die Einsatzgruppe zu Bekämpfung der Jugendkriminalität ein guter, wenn auch nur erster Schritt sein kann.
Bei weiteren Diskussionsbeiträgen fehlen uns auch noch detaillierte Vorschläge, beispielsweise bei den ÖVP-Forderungen betreffend Messerverbot und Senkung des Strafmündigkeitsalters. Für mich ist jedoch klar: Wir müssten diese jugendlichen Täter auch mit ihren Taten konfrontieren. Es braucht Konsequenzen. Es sind daher aus meiner Sicht konfrontative pädagogische Maßnahmen in einem strengen verpflichtenden Kontext auch mit dem Ziel der Deradikalisierung absolut diskussionswürdig.
Etwas zu erwähnen, ist mir bei diesem Thema auch wichtig: Was wir nicht brauchen, sind jetzt Polemik, ein Parteien-Hickhack und Populismus. Irgendwelche Schnellschussaktionen und auch gegenseitige Schuldzuweisungen bringen uns keinen Schritt weiter. Ich habe aber durchaus die Hoffnung, dass die vernünftigen Kräfte hier gemeinsam zu Lösungen kommen. Wir brauchen die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Wien und der Bundesebene.
Leider gibt es eine Partei in diesem Land, die beim Thema Lösungsorientierung alles vermissen lässt, und das ist die FPÖ. Es wurde schon erwähnt: Sie stimmen regelmäßig gegen alle Integrationsmaßnahmen. Sie stimmen auch heute gegen das Jugendcollege, obwohl es gerade in diesem Zusammenhang darum geht, die Menschen, von denen wir sprechen, in den Arbeitsmarkt zu bekommen. Ihre Haltung ist eigentlich ein absoluter Widerspruch in sich, und das zeigt ganz einfach, dass Sie nur auf Ihr Geschäftsmodell schauen, nämlich Probleme groß zu machen, anstatt Lösungen zu finden. Mit Ihnen ist kein Staat zu machen, es liegt daher an uns, gemeinsam mit konstruktiven Kräften hier entsprechende Lösungen zu erarbeiten. Solche brauchen wir, das hat sich in den letzten Tagen und Wochen gezeigt. Ich darf an dieser Stelle daher gegenüber den Opfern und deren Angehörigen auch mein Mitgefühl zum Ausdruck bringen. Bitte arbeiten wir gemeinsam an besseren Lösungen! - Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Berner, und ich erteile es ihr. Bitte, Frau Gemeinderätin.
GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Schönen guten Tag!
Es ist klar, dass wir alle von den kürzlichen Ereignissen sehr betroffen sind. Von uns PolitikerInnen werden aber trotz aller Betroffenheit ein klarer Blick und ein kühler Kopf verlangt, um notwendige Schritte zu setzen. Das Ziel muss es sein, präventiv solche Vorfälle zu verhindern beziehungsweise, wenn das nicht gelingt, zumindest fachgerecht zu intervenieren, um insbesondere den Opfern eine ordentliche Nachbetreuung gewährleisten zu können. Es kennzeichnet nämlich eine moderne Gesellschaft, ob eine Partei einen solchen Gewaltvorfall dazu nutzt, um andere zu verunsichern und Hass zu schüren, oder ob ein angemessener Umgang gefunden wird, womit nachhaltig zu Sicherheit und Solidarität beigetragen wird.
Übrigens hilft ein Blick in die Geschichte: Wenn wir einen Schritt zurückgehen, dann sehen wir, dass Gewaltausbrüche unter Jugendlichen keineswegs ein zufällig in der Gegenwart entstandenes Thema sind. Es gibt schon länger männliche Jugendbanden. Sie sind Teil der jugendlichen Entwicklung in einer Großstadt, mit der diese Großstadt umgehen muss. So gibt es beispielsweise Berichte aus den 50er Jahren von der Kettenbande in der Kaiserstraße. Wir kennen entsprechende Berichte vom Rennbahnweg und auch die Schilderungen, gemäß welchen in den Siebzigern Jugendbanden den Karl-Marx-Hof unsicher gemacht haben. Wir alle kennen das. Tatsächlich sind jugendliche Banden, die raufend und zerstörerisch durch die Gassen ziehen und alle in Angst versetzen, auch Teil der europäischen Literaturgeschichte. Wie Sie vielleicht wissen, ist in „Romeo und Julia“ davon die Rede, und auch die „West Side Story“ erzählt davon. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das wollen wir ja los werden!)
Leider ist auch sexuelle Ausbeutung von jungen Mädchen Teil der europäischen Literaturgeschichte. Wer in diesem Saal kennt nicht die angeblichen Bekenntnisse der Josefine Mutzenbacher, die detailreich beschreibt, wie sie als deutlich minderjähriges Mädchen im Keller ihres Hauses kindliche Burschen und erwachsene Männer bedient. Sexualisierte Übergriffe auf ganz junge Mädchen
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