Gemeinderat, 50. Sitzung vom 22.02.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 103
Es reiht sich aus meiner Sicht auch ein bisschen ein in eine Reihe von Diskrepanzen von Anspruch und Wirklichkeit zwischen Wiener SPÖ und Bundes-SPÖ. Sie kennen die Beispiele, ich bringe heute nur drei: Man soll in den Energiemarkt eingreifen - ist heute wieder gekommen von Herrn Gara, aber jetzt sagen wir einmal SPÖ. Dort, wo man es machen könnte wie bei der Fernwärme, wird es nicht gemacht. Babler sagt, die Bagger sollen stehen bleiben in der Lobau, Wien sagt, nein, unbedingt brauchen wir eine Autobahn durch den Nationalpark. 50 Prozent aller neu gewidmeten Wohnungen sollen gemeinnützig sein, sagt vor ein paar Tagen Babler, an diesem Projekt: 0 Prozent der neu gewidmeten Wohnungen sollen gemeinnützig sein. Da wünsche ich mir mehr vom Anspruch als von der Wirklichkeit, die ich derzeit sehe, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich möchte noch auf den Punkt eingehen, den die Kollegin Arapović angesprochen hat, weil ich ein paar Dinge ordnen will und auch ein paar Widersprüche, die in den Raum gestellt wurden, nicht so stehen lassen will. Ein bisschen schwingt da nämlich die Idee mit, es gäbe entweder gemeinnützigen Wohnbau oder die Nachhaltigkeit und die Qualität. Ich finde, wenn man die großartige Geschichte dieser Stadt anschaut, die es mit dem sozialen und gemeinnützigen Wohnbau gibt, dann dürfen wir eines nicht vergessen: Dort, wo wir die hohe Qualität sehen, dort, wo wir die Nachhaltigkeit, die hohen Sanierungsquoten sehen, das ist der gemeinnützige Wohnbau, es sind die gemeinnützigen Wohnbauträger, die zeigen, dass Leistbarkeit und Qualität kein Widerspruch sind, sondern zusammengehen. Das gegeneinander auszuspielen, ist aus meiner Sicht vollkommen falsch, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Der zweite Punkt ist - das ist auch so ein bisschen mitgeschwungen -, dass man Stadterweiterung, also neue Entwicklung, versus innerstädtische Entwicklung gegeneinanderstellt. Wir brauchen beides, und wir brauchen auch in beiden Gebieten einen Anteil an leistbarem, gefördertem Wohnraum. Warum ist das so wichtig? Weil das die Stärke Wiens ist. Die Stärke Wiens ist, dass wir in jedem Bezirk geförderten Wohnbau haben. Die Stärke Wiens ist, dass wir nicht nur in den Stadtentwicklungsgebieten geförderten Wohnbau haben, sondern überall in dieser Stadt. Wenn wir das beibehalten wollen, dann brauchen wir auch in den Nachverdichtungsgebieten einen Anteil an gefördertem Wohnbau, weil die soziale Durchmischung neben den anderen Aspekten wie Qualität, ökologische Fragen ein ganz, ganz wichtiges Kriterium ist, damit Wohnen in Wien grün, leistbar und qualitätsvoll wird, und das muss doch unser aller Ziel sein. Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich sehr herzlich Damen und Herren vom Verein Domivka, dieser hilft geflüchteten Kindern und Frauen aus der Ukraine und unterstützt sie in Wien, ein erfülltes Leben neu aufzubauen, recht herzlich hier auf der Galerie des Wiener Gemeinderats begrüßen. (Allgemeiner Beifall. - VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Das sind sie nicht!) - Ich habe gerade gehört, das sind Sie nicht, aber ich habe … Ja, es tut mir leid, für die Uhrzeit ist eine Gruppe in der Größe angekündigt. Ich darf die Damen und Herren, ich glaube, sie machen eine Rathausführung, recht herzlich auf der Galerie begrüßen. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Auch gut! - Allgemeiner Beifall.)
Jetzt darf ich aber dem nächsten Redner, Herrn GR Mag. Juraczka, das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Gemeinderat.
GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrte Frau Vorsitzende, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich freue mich, dass wir das Thema Wohnbau, das Thema Wohnen, in dem Fall sozialen Wohnbau, heute als Gegenstand der Aktuellen Stunde haben, denn wenn man aktuellen Umfragen Glauben schenken darf, und ich tue das in diesem Fall wirklich, dann ist der Bedarf an leistbarem Wohnraum etwas, was die Menschen in dieser Stadt unmittelbar bewegt. Die Sozialdemokratie hat, das haben schon einige Vorredner vor mir heute festgestellt, gerade beim Thema sozialer Wohnbau durchaus ihre Meriten, unbestritten. Es stellt sich aber heute die Frage: Was müssen wir tun, um wieder absolute Zufriedenheit und Entspannung am Wohnungsmarkt sicherstellen zu können?
Erlauben Sie, meine Damen und Herren, dass ich da schon im Gegensatz zu vielen meiner Vorredner die soziale Treffsicherheit ein wenig in Frage stelle. Wenn wir davon ausgehen, dass Wien vor Kurzem die 2-Millionen-Einwohnergrenze überschritten hat, und wenn wir wissen, dass 220.000 Gemeindewohnungen und mehr als 200.000 Genossenschaftswohnungen dazu führen, dass über 40 Prozent der Wienerinnen und Wiener im sozialen Wohnbau leben und dennoch ganz viele Menschen darüber klagen, dass sie sich Wohnen nicht leisten können, dann - und ich denke, da muss mir auch die Sozialdemokratie recht geben - muss man hinterfragen, wie es dazu kommen kann.
Meine Damen und Herren, ich sage ganz offen - mein Kollege Dr. Sittler hat das gestern in der Aktuellen Stunde, die ja ein ähnliches Thema umfasst hat, schon angesprochen und heute auch wiederholt -, wenn ich eine Einkommensobergrenze von 4.100 EUR als Einzelperson bei Wiener Wohnen habe, dann geht es in einen Bereich, wo es nicht mehr um die Durchmischung mit der Mittelschicht geht, die jedenfalls erstrebenswert und nachvollziehbar ist und wo wir auch nichts dagegen haben, sondern mit rund 7.000 EUR brutto bist du schon bei den bestverdienenden 5 Prozent. Erlauben Sie da schon die Frage, ob das eigentlich die Klientel ist, denen wir unbedingt mit Steuermitteln Wohnraum zugänglich machen wollen. Ich denke, darüber sollte man nachdenken.
Ich sage auch ganz offen, genauso wichtig wäre mir, dass man nicht nur den Mietsektor anspricht, sondern dass man sich auch die Eigentumsquote in dieser Stadt ansieht. Jetzt weiß ich schon, am Land ist die Eigentumsquote im Wohnbau immer eine höhere als in Großstädten. Dennoch gab es - ich glaube, bis ins Jahr 2010 - die Option der geförderten Eigentumswohnungen, und die gab es dann in der Koalition mit den GRÜNEN nicht mehr, und sie wurde auch nicht wiederaufgenommen.
Ich habe das schon vor vielen, vielen Jahren mit dem damaligen Wohnbausprecher Norbert Walter gezeigt, es
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