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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 18.10.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 85 von 122

 

Zahlungen hinterlegen muss, bevor man überhaupt einen Kubikmeter Gas beziehen kann. Das haben sehr viele von uns nicht gewusst. Ich glaube, Kollege Gara war der Einzige, der sich damit auseinandergesetzt hat. (GR Johann Arsenovic: Ähm!) Dort vielleicht auch noch der Hansi. Im Großen und Ganzen aber haben wir das alles in der UK gelernt. Das ist sehr wichtig und vor allem sehr wichtig, um all das zu verstehen, was dann nachher passiert ist.

 

Ich gehe davon aus, dass das im Wirtschafts- und Finanzministerium Österreichs beziehungsweise im Energieministerium auch bekannt war. Trotzdem ist im Gegensatz zu Rest-Europa die Österreichische Bundesregierung untätig gewesen. Hier einige Zahlen: Schon 2021, also noch vor dem Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine, ist in Frankreich ein Unterstützungspaket über 2,5 Milliarden EUR für bestimmte strategisch bedeutende Unternehmen geschnürt worden. Am 24. Februar 2022 ist dann der Angriffskrieg passiert. Die Schweiz hat am 13. April einen Rettungsschirm im Rahmen von 4 Milliarden Schweizer Franken für systemkritische Elektrizitätsunternehmen beschlossen. Noch im Februar - das muss auch dazugesagt werden - hat die österreichische Regierung einen Energiekosten-Gutschein in der Höhe von 150 EUR pro Haushalt mit einem Kostenpunkt von zirka 600 Millionen EUR beschlossen. Das war eine wichtige Förderung für die Endkunden und Endkundinnen, aber in keiner Weise für die strategisch bedeutenden Unternehmen.

 

Ich gehe weiter: In Tschechien 2,6 Milliarden EUR am 1. Juni 2022, in Deutschland 15 Milliarden EUR zur Absicherung der Energieversorgung. Die Österreichische Bundesregierung ist währenddessen tatenlos. Das Energieministerium ist tatenlos, das Finanzministerium macht nichts. Noch einmal die Schweiz: Die Tessiner Stromfirma hat Liquiditätsprobleme und bezieht einen Kredit über 110 Millionen Franken. Gehen wir weiter: Am 5. September 2022 in Schweden ein Schutzschirm über 23 Milliarden EUR - übrigens ein Wort, das in der Untersuchungskommission fast verboten war. Es war fast verboten, den europäischen Schutzschirm zu nennen. Deswegen will ich ihn hier umso öfter nennen, weil es nämlich unglaublich wichtig ist, zu verstehen, dass wir in Österreich eines der ganz wenigen Länder waren, wo die Bundesregierung untätig war.

 

Ich gehe weiter: In Dänemark im September 2022 ein Schutzschirm über 13,5 Milliarden EUR. Die EU stellt ihren Mitgliedsländern am 12. September Kredite in der Höhe von 225 Milliarden EUR zur Verfügung, Slowenien am 13. September 2022 1,6 Milliarden EUR. Währenddessen in Österreich: Immer null. Nichts passiert. Dann haben wir wieder Deutschland: 200 Milliarden EUR für strategische Unternehmen am 19. Oktober 2022, Italien: 16 Milliarden EUR. Am 28. Oktober 2022 hat die EU-Kommission noch einmal Unterstützungen beschlossen. Dann gehen wir am 16. November 2022 nach Spanien: 5 Milliarden EUR Unterstützung für den Mutterkonzern Enel, ein strategisch bedeutendes Unternehmen. In mehreren europäischen Staaten werden Strompreisdeckel oder Unterstützungen eingeführt. In manchen Ländern gab es diese bereits, und so weiter, und so fort. Ich könnte die Liste fortsetzen.

 

Wichtig ist mir zu betonen: Während der überwiegende Großteil der europäischen Regierungen, der Finanzminister, WirtschaftsministerInnen und EnergieministerInnen rotiert hat, telefoniert hat und sich überlegt hat, wie können wir Kreditlinien für unsere strategischen Unternehmen schaffen und sie ihnen zur Verfügung stellen - warum -, weil unsere Volkswirtschaften davon abhängen, weil unsere Menschen, unsere Bürger und Bürgerinnen heizen müssen, kochen müssen, weil sie zu Hause Licht brauchen - das ist ja kein Spiel, da schaue ich in diese Richtung (in Richtung ÖVP), das ist ja kein Spiel, das ist ja kein politisches Spielchen, da geht es ja letzten Endes bis hin zu Menschenleben -, ist währenddessen in Österreich leider wenig bis gar nichts passiert. (Zwischenruf von GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.) - Warte, Milan, Milan-Wölbitsch! (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM - erheitert: Geht beides!)

 

Dann erfährt die ÖVP-geführte Bundesregierung plötzlich - oder nicht plötzlich, das ist ihr ja vollkommen transparent mitgeteilt worden -, dass die Wien Energie so wie auch alle anderen Gasunternehmen in Europa natürlich auch zusätzliche Unterstützung braucht. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Niemand hat etwas gebraucht, nur die Wien Energie!) - Warte, ich sage dir gleich, warum nicht.

 

Milan-Wölbitsch, ich habe es ja vorhin gesagt: Warum ist die Wien Energie das einzige Unternehmen Österreichs, das in dieser Situation war? Das habe ich ja vorhin schon gesagt: Weil es das einzige Unternehmen ist, das Gas verstromt hat. (GR Mag. Manfred Juraczka: … um Strom gehen! Das hat mit Gas nichts zu tun! - Anhaltende Zwischenrufe von GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM. - GR Dr. Kurt Stürzenbecher - in Richtung ÖVP: Hört zu!) 90 Prozent des Stroms, den der Verbund herstellt, wird aus Wasserkraft hergestellt. Wir haben in Wien - vielleicht habt ihr dazu Ideen - noch keine großen Flüsse, die man stauen könnte. Wir haben die Donau, die wird auch gestaut. Wir haben ja zwei Staustufen. Wir haben auch kleine … (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Gas! - GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Kollege Wölbitsch, zuhören!) - Bitte, hör mir zu! Das ist uranstrengend. - Wir haben diese Unternehmen nicht, die der Verbund in den Bundesländern betreibt, weil wir einfach eine andere Topographie haben. Wir haben diese Wassermassen nicht, die wir in Wien verstromen könnten. Deswegen müssen wir unserer Volkswirtschaft, unseren Bürgerinnen und Bürgern anderweitig Energie zur Verfügung stellen. Ich denke, das ist genau das, was wir tun.

 

Das ist auch etwas, was die Untersuchungskommission zu Tage gebracht hat. In der UK hätten wir untersuchen sollen: Hat es ein politisches Fehlverhalten gegeben? Haben sich der Herr Bürgermeister, der Stadtrat oder Beamte oder Beamtinnen falsch verhalten? Ihr wolltet dann noch andere Dinge wissen, wie zum Beispiel betriebsinterne Geheimnisse, bei denen jeder Volkswirtschaft und jeder Rechtsstudent von vornherein weiß: Das wird in keiner Weise möglich sein. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Was heißt, Geheimnisse? - GR

 

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