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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 18.10.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 122

 

Mir fällt es sehr schwer, zu diesem Thema zu reden, weil Krieg und Terror und die Bilder, die um die Welt gehen, mich so unfassbar traurig und wütend machen. Allerdings äußern sich meine Wut und meine Trauer nicht in Hetze, nicht in Polemik, keinesfalls in Antisemitismus und auch nicht in einer flüchtlingsfeindlichen Polemik, wie wir sie heute schon hören mussten. Meine Trauer und Wut äußern sich eben in Solidarität, und die gilt dem israelischen Volk und jedem zivilen Opfer im Nahen Osten. Meine Solidarität gilt auch dem Staat Israel, das ist klar. Was ist in Israel am 7. Oktober passiert? Es wurde heute schon oft angesprochen, und die Bilder sind grauenvoll. Es war ein unfassbarer, ein feiger, auf das Schärfste zu verurteilender Terrorangriff, ein abscheulicher Akt gegen Zivilisten, gegen Frauen, gegen Kinder. Ein Mal mehr zeigt sich, dass Krieg auch immer über die Frauen und ihre Körper geführt wird. Ein Terrorakt der Hamas, der schmerzt und traurig und wütend macht.

 

Der hier vorliegende Fünf-Parteien-Antrag macht noch einmal deutlich, dass der demokratische Staat Israel selbstverständlich ein Recht auf Verteidigung gegen Terror hat, ganz klar im Rahmen - das wurde auch schon ausgeführt - des Völkerrechts und des humanitären Völkerrechts. Die Zivilbevölkerung gehört beschützt, zu jedem Zeitpunkt, denn jedes zivile Opfer ist ein Opfer zu viel. (Beifall bei der SPÖ und von GR Killian Stark.)

 

Es ist mir auch wichtig, an dieser Stelle noch einmal klar zu sagen, die Hamas ist nicht das palästinensische Volk, die Hamas ist eine Terrororganisation, die auch der palästinensischen Bevölkerung großes Leid gebracht hat, eine Terrororganisation, die bewusst gegen den Frieden arbeitet. Ich wünsche mir so sehr, dass es bald wieder zu Verhandlungen und Gesprächen im Nahen Osten kommen kann, denn Raketen und Waffen schaffen niemals Frieden, und Konfliktlösungen finden immer nur durch Verhandlungen und Gespräche statt.

 

An diesem Punkt möchte ich gerne eine israelische Frauenorganisation verkürzt zitieren, die sich schon lange für den Frieden und für den Austausch zwischen arabisch-palästinensischen Frauen und jüdisch-israelischen Frauen einsetzt: Ungerechtigkeit kann nicht mit weiterer Ungerechtigkeit gelöst werden. Mehr Bomben und ein niemals endender Zirkel des Blutvergießens werden es nicht möglich machen, dass wir und unsere Kinder ein normales Leben führen. Kinder verdienen Sicherheit, Freiheit und Frieden. Wir wissen, diese Worte klingen naiv und unrealistisch, gerade in der jetzigen Situation, aber sie sind die Wahrheit. Der Glaube an Frieden darf nicht verschwinden. Wir werden jeden Stein umdrehen, auf dass es zu einer politischen Lösung dieses Konflikts kommt.

 

Ich freue mich über den nun sogar namentlich zu beschließenden Fünf-Parteien-Antrag, der noch einmal klarstellt, dass wir uns geeint gegen jede Form des Antisemitismus stellen und solidarisch zum Staate Israel stehen. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster ist GR Al-Rawi zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

14.15.55

GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi (SPÖ)|: Frau Vorsitzende!

 

Ich habe gestern einen Anruf bekommen von einem Journalisten vom „Standard“, der mich mit der eigenartigen Frage konfrontiert hat: Stimmt das Gerücht, dass Sie morgen aus dem Gemeinderatssaal rausgehen wollen und nicht mit abstimmen? - Ich weiß nicht, wie man auf so eine Idee kommt, ist es nur mein Name, oder meine ethnische Herkunft oder meine Religion? Ich habe natürlich gesagt, das werde ich nicht tun, und man sieht mich, ich bin noch da und ich werde natürlich mit abstimmen.

 

Was mir sehr am Herzen liegt: Die Debatte ist weitgehend sehr sachlich verlaufen, aber es blieb irgendwie ein bissel ein schaler Beigeschmack, am Ende gibt es einen Begriff, der sich immer wieder sich durchzieht: muslimischer Antisemitismus. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ja, es gibt Muslime, die sich antisemitisch verhalten haben, es gibt Muslime, die sich so verhalten haben, aber ich würde es nicht als muslimischen Antisemitismus als solchen darstellen. Man sollte nicht die gesamte muslimische Bevölkerung Wiens in diesen Topf hineinwerfen. Es leben in Wien wahrscheinlich 250.000 oder 300.000 Musliminnen und Muslime, und man sollte dann schon den Kontext sehen, wie viele Leute sich so verhalten haben.

 

Es hat sich auch der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft gleich am ersten Tag zu Wort gemeldet und hat ganz klare Worte gefunden. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es zwei wunderbare Personen in Wien gibt, das ist der Iman Ramazan Demir und der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde in Wien, Schlomo Hofmeister, mit denen uns eine ganz enge Freundschaft verbindet, die Tag ein, Tag aus in Schulen gehen, gemeinsame Reisen unternehmen, sehr viel zusammenarbeiten. Auch heuer hat es im Rahmen der Islamischen Glaubensgemeinschaft wieder eine Reise nach Auschwitz gegeben, gemeinsam mit vielen muslimischen Religionslehrerinnen und -lehrern in den österreichischen Schulen, aber auch mit Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde, an der auch Jüdinnen und Juden aus Wien teilgenommen haben. Es hat vom ersten Tag auch eine - ich weiß nicht, wie man das nennt - Instruktion an alle islamischen Religionslehrerinnen und -lehrer gegeben, wie man diese Sache in den Schulen bearbeiten soll. Also, es ist mir schon sehr wichtig, das zu untermauern.

 

Und es ist auch sehr wichtig, ich war selbst auf keiner dieser Demonstrationen, aber wie man mir erzählt hat, hat es, als es Skandierungen antisemitischer Art gegeben hat, auch Musliminnen und Muslime gegeben, die hingegangen sind und diese Leute auch zurechtgewiesen und gesagt haben, so etwas tut man nicht. Man reagiert darauf in WhatsApp-Gruppen, es ist eine riesen Diskussion, es ist wirklich sehr wichtig, das hier zu tun, weil bei denjenigen, die uns heute gefolgt sind in der Debatte, bleibt irgendwie dieser schale Beigeschmack, das ist hier so ein Religionskrieg und es gibt so neue Parias in dieser Stadt, die an all dem schuld sind.

 

Ich würde auch nicht, Kollege Weber - ich weiß nicht, ob er noch da ist -, die aufkeimende Islamfeindlichkeit und Islamhetze herunterspielen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, in einem Klima, wo Rassismus, Abwertungen, Islamfeindlichkeit gedeihen, gedeiht sehr, sehr bald auch Antisemitismus. Das kann man nicht trennen. Und um das

 

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