Gemeinderat, 40. Sitzung vom 27.06.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 115
den Erstkontakt mit dem Element Wasser. 50 Prozent der 8-jährigen Kinder in Wien können nicht schwimmen. Und davon lernen es nur 60 Prozent durch einen Schwimmkurs in der Volksschule. Bei über 70 Prozent der Badeunfälle von Kindern sind diese unter 8 Jahre alt. Auf jeden tödlichen Badeunfall kommen fünf Beinahe-Ertrinkungsunfälle. Die Hälfte der Badeunfälle passiert in öffentlichen Schwimmbädern, und die Eltern sind dabei rund nur 20 m von ihrem ertrinkenden Kind entfernt. Viele Eltern können selbst nicht schwimmen. Und Angehörige dieser Generation, in der das Problem erstmals aufgetaucht ist, haben jetzt selbst Kinder. Was bedeutet das? - Wenn ich selbst nicht schwimmen kann, dann werde ich es auch meinem Kind nicht beibringen können.
Laut Experten sollen Kinder ab dem dritten Lebensjahr schwimmen lernen. Und die Kinder aus privaten Kindergärten gehen durchaus schwimmen. Was heißt das? - Das ist das, was ich seit zwei Jahren sage: Es ist definitiv möglich, vom Kindergarten aus schwimmen zu gehen. (GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc: Es darf ja jeder gehen!)
Laut Kuratorium für Verkehrssicherheit starben im Zeitraum von 2009 bis 2018 in Österreich 31 Kinder durch einen Badeunfall, und die Hälfte dieser Opfer war unter 5 Jahre alt, das heißt, im Alter eines Kindergartenkindes. Seit Jänner dieses Jahres wurden wir auch schon mit weiteren Schlagzeilen konfrontiert. Es gab bereits tragische Todesfälle von Kindern in einem Thermalbad und in einem Biotop und auch Ertrinkungstode eines Jugendlichen und eines jungen Erwachsenen in zwei heimischen Badeseen. Bedenklich dabei ist vor allem, dass die Outdoor-Badesaison noch gar nicht angefangen hat und die Sommerferien vor der Türe stehen.
Sehr geehrter Herr Bildungsstadtrat! Deshalb meine konkrete Forderung an Sie: Bieten Sie Schwimmkurse bereits im Rahmen der Elementarpädagogik an, um die Anzahl an Badeunfällen zu minimieren! Dafür reichen laut Kuratorium für Verkehrssicherheit auch ganz einfache Crash-Kurse als Überlebenstraining aus. Wir brauchen keine Profischwimmer im Kindergarten, nein, aber wir wollen, dass die Kinder wissen, wie sie sich im und um das Wasser herum verhalten sollen. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn die Stadt Wien Kindergärten geförderte Schwimmkurse anbietet, dann können Kinder Selbstrettungskompetenzen lernen, um sich selbst aus Gefahrensituationen befreien zu können. Die Gesellschaft verliert nämlich stetig das Bewusstsein, dass Wasser auch ein großes Gefahrenpotenzial birgt. Deshalb müssen Kinder schwimmen lernen.
Sehr geehrter Herr Bildungsstadtrat! Nichtschwimmer tauchen bei Ihnen derzeit definitiv immer noch ab, und aus diesem Grund bitte ich Sie, dafür zu sorgen, dass in den Bildungsplan der Wiener Kindergärten die Empfehlung aufgenommen wird, im Kindergarten Grundkompetenzen zum Thema Schwimmen zu vermitteln und dass ein altersadäquater Schwimmunterricht im Kindergarten gefördert und finanziert wird.
Herr Stadtrat! Abschließend eine Frage: Wissen Sie, wie ein Kind ertrinkt? - Ein Kind ertrinkt völlig lautlos und unbemerkt. Ich werde aber nicht lautlos sein und werde weiterhin meine Stimme erheben, um mein Anliegen für alle Kinder in Wien durchzubringen, weil ich der Meinung bin, dass das total wichtig ist. Ich hoffe, dass Sie auch nach zwei Jahren weiterhin daran denken, diese meine Forderung im Sinne aller Kinder umzusetzen.
Letztlich möchte ich noch allen KollegInnen aus Kindergärten, Schulen und Horten erholsame Ferien und vor allem den Kindern einen schönen Sommerurlaub wünschen! Wir sehen uns dann im Herbst gesund wieder. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die Redezeit waren sechs Minuten, die fraktionelle Restredezeit beträgt ebenfalls sechs Minuten. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Vasold. Selbstgewählte Redezeit zehn Minuten. Bitte, Frau Gemeinderätin.
GRin Mag. Stefanie Vasold (SPÖ): Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Liebe Kollegen, Kolleginnen und ZuseherInnen!
Ich darf jetzt noch den Blick auf zwei Bereiche dieser Geschäftsgruppe werfen und beginne mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft. Ich halte mich aber auch sehr kurz, weil wir ja erst vergangene Woche in diesem Haus den diesbezüglichen Jahresbericht 2022 diskutiert haben.
Ich möchte gerne aus dem Bericht noch zwei, drei Zeilen aufgreifen, weil ich glaube, dass es sehr eindrücklich ist, welche Arbeit die Kinder- und Jugendanwaltschaft hier leistet. Es wurde erwähnt, dass es im letzten Jahr knapp 10.000 Kontakte und 1.600 Fallbefassungen gab, die die Kinder- und Jugendanwaltschaft bearbeitet hat. Das bedeutet 30 Fälle pro Woche, also tatsächlich eine sehr große Summe.
Wenn man sich die Themen anschaut, um die es in diesen Fällen ging, dann verdeutlicht das auch die Bedeutung der Kinder- und Jugendanwaltschaft. Es geht um Gewalt, um Erziehung, um Rechtsfragen, um Bildung, um Diskriminierung und um Gesundheit. Dass die Kinder- und Jugendanwaltschaft an diesen Themen nicht alleine arbeitet, wird auch dadurch verdeutlicht, dass es 250 Vernetzungstreffen im Jahr 2022 gab, und ich denke, es ist sehr wichtig, dass sie mit allen wichtigen und wesentlichen Stellen in dieser Stadt in Kontakt und in Zusammenarbeit steht. Neben der täglichen Arbeit, die bei der Fallbearbeitung und Beratung geleistet wird, gibt es auch zusätzlich viele Projekte, von Kinderschutzkonzepten bis zur Heimopferbetreuung, von Kinderhandel über das Wiener Netzwerk Demokratiekultur und Prävention bis zur Kinderarmut und vieles mehr.
All das zeigt, kurz zusammengefasst, welche Bedeutung die KJA in Wien hat und wie sehr sie sich nicht nur mit einzelnen, individuellen Problemlagen beschäftigt und sich dieser annimmt, sondern dass sie sich auch als politische Lobby für die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt versteht. Dafür möchte ich mich heute noch einmal im Namen des Gemeinderates und im Namen dieser Stadtregierung vielmals bei der Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal, aber auch bei Ercan Nik Nafs und den vielen MitarbeiterInnen, die es in der Kinder- und Jugendanwaltschaft gibt, bedanken. Vielen Dank! Bitte bleibt dran und macht so weiter! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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