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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 27.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 115

 

Ich rede hier oft von Großprojekten, aber ich habe Ihnen heute auch ein kleines Projekt mitgebracht, das einige von Ihnen vielleicht kennen. Ich habe es in A4 mit. Ich hätte es in A3 mitnehmen sollen, damit man auch auf den Galerien etwas sieht. Das (ein Foto in die Höhe haltend, auf dem eine Gasse zu sehen ist) ist die Josefinengasse im 2. Bezirk, eine typische Gasse, eine typische Straße in Wien: sehr viel Asphalt, wenig Grün, also eigentlich gar kein Grün. Diese Straße ist renoviert worden. Eigentlich würde man sich in Zeiten, in denen wir wissen, dass die Klimakrise und die Erhitzung in der Stadt immer ärger werden, denken: Wenn ich diese Straße schon saniere, dann mache ich die irgendwie den Zielen in dieser Stadt in diesen Jahrzehnten entsprechend. Ausgegeben hat man 290.000 EUR. Danach hat die Straße so ausgeschaut (ein weiteres Foto in die Höhe haltend, auf dem dieselbe Gasse und die Aufschrift „Nachher 290.000 €“ zu sehen ist): kein einziger zusätzlicher Baum, keine einzige zusätzliche Grünfläche, nicht mehr Platz fürs Radfahren, nicht mehr Platz fürs Zufußgehen. Man hat einfach wieder zubetoniert. Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist sinnbildlich für die Betonierpolitik dieser Stadtregierung, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wenn wir darüber reden, wie dieses Morgen ausschaut, das wir heute schon bauen, dann muss es nicht nur lebenswert und klimagerecht sein, sondern dann muss es auch leistbar sein. Das heißt - heute ist schon einiges über die Energiewende gesprochen worden -, die Wienerinnen und Wiener auf diesem Weg der großen Transformation weg von den fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien auch zu begleiten.

 

Ja, da komme ich jetzt auf die Wien Energie zu sprechen. Die hat uns die letzten Jahre natürlich sehr beschäftigt. Ich nehme jetzt beispielsweise nur einmal den Bereich Fernwärme heraus. Da haben wir erlebt, dass die Tarife massiv erhöht - verdoppelt und mehr als verdoppelt - wurden - übrigens etwas, was das Land Oberösterreich nicht gemacht hat, weil man diese Preiserhöhungen nicht hat durchgehen lassen. Im Ergebnis hat das dann in Wien bedeutet: Rekordgewinne für die Wien Energie über 380 Millionen EUR - auch das wieder so viel Geld wie noch nie -, aber auch Wienerinnen und Wiener, die monatelang Energiekosten hatten, die sie fast nicht stemmen konnten. Das ging bis weit in den Mittelstand hinein. Insofern sind heute Jubelmeldungen über hohe Erträge oder Sätze wie „Never waste a good crisis.“ aus meiner Sicht zynisch, weil sie Ausdruck der extremen fossilen Abhängigkeit sind, aus der wir die Wienerinnen und Wiener befreien müssen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Im Angesicht dieser Klimakrise geht es aus meiner Sicht darum, dass wir das alte fossile Denken überwinden. Das gilt in Wien, das gilt auch auf Bundesebene. Noch immer gibt es Widerstand gegen den Klimaschutz und gegen wirksame Klimaschutzgesetze. Wir können das nur verändern, wenn wir das jetzt wirklich ernst nehmen.

 

Weil ich jetzt die Bundesebene angesprochen habe - mir ist das auch für Wien extrem wichtig -: Es gibt Bereiche, die brauchen im Parlament auf Bundesebene eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. Das betrifft das Energieeffizienz, das diese Mehrheit nicht hatte. Jetzt gibt es Energieeffizienzziele auf Bundesebene, aber die Bundesländer fehlen. In Wien oder in den anderen Bundesländern gibt es keine verpflichtenden Energieeffizienzziele. Das betrifft auch das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz. Das ist das Gesetz, das die Wienerinnen und Wiener von ihrer Abhängigkeit aus Öl und Gas befreien würde und das uns allen wirklich den Weg in die erneuerbare Zeit ebnen würde. Auch da braucht es eine Zweidrittelmehrheit. Ich kann an dieser Stelle nur erneut alle Parteien - ganz explizit alle Parteien - aufrufen, die Blockaden im Bereich Klimaschutz endlich aufzugeben, denn Sie schaden den Wienerinnen und Wienern, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wir hören dann an dieser Stelle oft: Ja, aber es muss sozial sein. Ich möchte darauf jetzt ein bisschen eingehen, weil ich davon überzeugt bin. Erstens unterstütze ich das zu 100 Prozent. Ja, die Energiewende und die Klimapolitik müssen immer sozial sein, denn Klimaschutz allein ist ja kein Selbstzweck. Klimaschutz ist ja Menschenschutz. Wir machen das ja alles, weil wir wollen, dass die nächsten Generationen und auch wir in dieser Stadt noch ein gutes Leben haben. Wir müssen aufhören, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit als Gegensatzpaar zu begreifen, das man immer dann, wenn es politisch opportun ist, aus der Tasche zieht und gegeneinander ausspielt.

 

Aus zwei Gründen gehören diese Dinge ursächlich zusammen: einerseits auf der Verursacherseite. Wir wissen, dass es die reichsten paar Prozent sind, die am meisten zu den Emissionen - global, aber auch in Österreich - beitragen. Wir wissen, dass auf der Seite der Auswirkungen die ärmeren Menschen die vulnerabelsten Gruppen sind - egal, ob wir uns das global anschauen oder in unserer Stadt -, die die Auswirkungen der Klimakrise am meisten spüren. Darum ist Klimapolitik immer auch Sozialpolitik, und darum muss Sozialpolitik immer auch Klimapolitik sein, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich muss an der Stelle immer an eine Geschichte denken, die ich, glaube ich, hier schon einmal erzählt habe, nämlich über meine Nachbarin bei mir im 15. Bezirk. Ich wohne im 15. Bezirk. Vor einigen Jahren - es war einer dieser Sommer, in denen es sehr heiß war - habe ich meine Nachbarin, eine ältere Dame - ich glaube, sie ist mittlerweile um die 80 -, am Weg zum Einkaufen im Lift getroffen. Weil ich auch auf dem Weg in den Supermarkt war, habe ich sie an diesem heißen Tag gefragt, ob ich ihr mit dem Einkauf helfen soll. Sie hat mir dann geantwortet, sie geht dort nicht zum Einkaufen hin, sondern sie geht dort hin, weil es so kühl ist und weil es in ihrer Wohnung über diese Tage so heiß ist und nicht mehr abkühlt.

 

Wer Klimaschutz nicht ernst nimmt und wer echten wirksamen Klimaschutz nicht ernst nimmt, der lässt genau diese Frauen wie meine Nachbarin im Stich. Darum ist Klimapolitik immer eine soziale Frage, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich möchte jetzt abschließend auf einen sehr direkten Bereich der Stadt Wien eingehen, wo ein großer Hebel für

 

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