Gemeinderat, 39. Sitzung vom 20.06.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 88 von 110
in diesem Fall nicht gut ist. Und ich glaube, dass wir den Prozess, den Sie genannt haben, noch einmal beginnen sollten, auch kritische Experten hereinholen sollten und dann noch einmal gemeinsam überlegen, ob es wirklich das Beste im Sinne der Jugendlichen ist, ob es wirklich auch das Beste im Sinne der Inklusion, der Vielfalt ist, ein eigenes Jugendzentrum zu schaffen, eigene Fördertöpfe für queere Jugendliche zu machen und sich nicht zuerst auch einmal eine Gegenmeinung einzuholen und zu überlegen, ob es nicht vielleicht doch ein Jugendtrend ist und Sie da einfach auf einer falschen Fährte sind und im schlimmsten Fall - ich betone: im schlimmsten Fall - junge Menschen zu Handlungen bringen, die irreversibel sind und starke Auswirkungen auf ihr weiteres Leben haben können. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als Nächste zu Wort gemeldet ist GRin Hanke. Ich erteile es ihr.
GRin Marina Hanke, BA (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörende vom Verein Q:Wir, herzlich willkommen!
Ich möchte einmal damit starten, dass ich mich Kollegen Weber anschließe und sagen möchte, dass ich mich sehr freue, dass wir jetzt wieder im Juni, wieder im Pride-Monat, einen Akt zum Thema Queeres Jugendzentrum vorliegen haben. Ich kann mich erinnern, es war auch damals im Pride-Monat vor ein paar Jahren, als wir gemeinsam den Antrag mit der Forderung hier eingebracht haben, ein solches Jugendzentrum zu eröffnen. Seitdem ist viel passiert, und ich möchte auf meine Vorrednerin eingehen und vielleicht ein paar Punkte erklären oder noch einmal näher ausführen.
Es war die Frage nach dem Prozess: Das hat mein Kollege Weber schon ausgeführt. Es war ein recht langer Prozess mit einer nicht nur wissenschaftlichen Studie mit einer Bedarfserhebung, sondern es war auch ein Prozess mit mehreren Veranstaltungen, auch mehreren öffentlichen Veranstaltungen. Ich kann mich an ein queeres Stadtgespräch erinnern, ich kann mich an eine Fachtagung erinnern, beides öffentlich, wo wir mit ganz, ganz vielen unterschiedlichen Experten und Expertinnen, Interessierten, auch Jugendlichen aus der Community darüber diskutiert haben, was dieses Queere Jugendzentrum sein soll. Das heißt, gab es die Möglichkeit, sich einzubringen? Gab es die Möglichkeit, auch mitzureden? Gab es die Möglichkeit, sich durchaus auch kritisch zu äußern? - Ja, die gab es, weil es uns von Anfang an sehr wichtig war, weil es auch etwas ganz Neues ist, was hier entsteht, möglichst viele Menschen einzubinden.
Und es war nicht so, dass das immer alles ganz unstrittig war. Wir haben durchaus viel darüber diskutiert, wie ich mich erinnern kann: Was muss der Raum können, wie soll das ausschauen? Was passiert dort inhaltlich? Wie ist das mit Elternarbeit zum Beispiel? Da gab es durchaus viele Punkte, wo wir gut diskutiert haben und geschaut haben, was wir da gemeinsam erschaffen können. Das heißt, ja, es war ein durchaus umfassender Prozess, und ich möchte mich wirklich sehr dagegen verwehren, dass wir, obwohl wir schon so oft in diesem Haus über dieses Thema diskutiert haben, jetzt immer mehr in den letzten Diskussionsrunden hier in eine relativ einseitige Debatte verfallen. Ich möchte jetzt gar nicht auf Herrn Kollegen Krauss eingehen, weil mir das ehrlicherweise auch ein bisschen zu blöd ist, weil es Ihnen auch nicht darum geht, inhaltlich zu diskutieren, sondern Sie sich ganz klar drüber lustig machen wollen, und dafür ist mir meine Zeit nicht wert. Deswegen möchte ich noch einmal auf Frau Kollegin Hungerländer eingehen, weil ich gerne versuchen würde, vielleicht ein paar Dinge klarer zu machen oder auch noch einmal zu erklären.
Sie haben den Punkt Raum für Vielfalt angesprochen und dabei auch den Verein Wiener Jugendzentren angesprochen. Ich möchte vielleicht auch in der Frage, wie das mit Jugendarbeit generell mit den Angeboten, die wir haben, ist, wer dort hinkommen kann und jetzt dieser spezifischen Einrichtung, die sich auch speziell an queere Jugendliche richtet, auch nicht nur an LGBTIQ-Jugendliche und an junge Erwachsene, sondern zum Beispiel auch an unterstützende FreundInnen, an junge Menschen, die noch am Anfang ihrer Identitätsfindung sind, an Jugendliche aus Regenbogenfamilien. Es ist also die Zielgruppe ja durchaus auch eine sehr breite.
Warum macht es jetzt Sinn, dass wir beides haben? Warum ist ein Queeres Jugendzentrum nicht per se ein schlechter Zugang oder irgendwie ausschließend oder wirft auch nicht über Bord, was sonst in der Jugendarbeit passiert? Ich glaube, es macht sehr Sinn, beides zu haben, weil wir das auch in vielen anderen Bereichen und Angeboten schon haben. Was ich Ihnen versprechen kann, ist, dass das Queere Jugendzentrum auch nichts ist, was ganz alleine steht. Das sieht man auch, wenn man den Akt liest. Da gibt es bereits jetzt schon in der Vorbereitung ganz viel Vernetzung und Austausch mit anderen Institutionen. Genauso wie es da quasi den Blick in das breite Feld der Community und der Jugendarbeit gibt, gibt es natürlich genauso aus den anderen Bereichen der Jugendarbeit den Blick zum Queeren Jugendzentrum, und man schaut, wie man sich gut austauschen kann. Genauso wie es in der Jugendarbeit insgesamt etwas ausgelöst hat, dass wir über dieses Queere Jugendzentrum jetzt schon so lange diskutieren, wie queere Jugendarbeit auch immer mehr zu einem Querschnittsthema wird, genauso wie es zum Beispiel genderkompetente Jugendarbeit ist.
Wir haben seit ganz, ganz vielen Jahren in allen Einrichtungen der Jugendarbeit einen sehr großen Schwerpunkt auf Stärkung von Mädchen. Wir haben aber auch einen Schwerpunkt auf Burschenarbeit. Wir reden ganz viel über Geschlechterrollen, wie das so ist. Das passiert überall, trotzdem haben wir zum Beispiel auch mehrere Mädchenzentren in Wien oder, jetzt ganz neu in Favoriten, eine Mädchenzone, die angelehnt ist und sich eine Einrichtung mit der mobilen Jugendarbeit teilt. Das heißt, da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, wie man in der Jugendarbeit ansetzen kann und wie man das garantieren kann, was uns in Wien wichtig ist, nämlich dass alle Jugendlichen einen Platz bekommen, dass alle Jugendlichen einen Raum haben, wo man ihnen zur Seite steht, wo erwachsene Personen sie in ihrer Identitätsfindung, in ihren Problemen, die sie vielleicht haben, begleiten, wo
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