Gemeinderat, 39. Sitzung vom 20.06.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 110
rungen ist, aber es sind keine klaren Regeln. Wir brauchen aber klare Regeln und besonders den partizipativen Prozess.
Es steht, und das hat mich schon ein bisschen geärgert, im Antragstext, dass der Wiener Gemeinderat sich dafür ausspricht, dass die Stadt Wien die Empfehlungen der Enquete aufnimmt. Ich kenne die Empfehlungen nicht, also ich kann diesen Antrag … (Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Seid ihr dagegen, sie aufzunehmen, die Empfehlungen?) - Ich kenne sie nicht! Ich kann nicht mit dir darüber diskutieren. Was ist das jetzt für eine Diskussion? Ich habe diese Empfehlungen nicht. Ich habe nachgefragt, zwei Mal! (Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Also interessierst du dich auch nicht dafür, sie aufzunehmen?) - Ich weiß es nicht, ich kenne die Empfehlungen nicht. (Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Es steht eh nicht umsetzen drinnen, sondern aufnehmen und diskutieren darüber!) - Ja aber können wir die Empfehlungen vielleicht einmal sehen? - Das ist ein schönes Beispiel - Demokratie -: Ich sage, ich hätte gerne die Empfehlungen gesehen, und der liebe Herr Stadtrat kritisiert mich, weil ich sage, ich hätte gerne Empfehlungen gesehen, weil ich mir verdammt schwer tue, etwas abzustimmen, wenn ich nicht weiß, welche Empfehlungen da sind. Das Recht habe ich, ich bin eine demokratisch gewählte Mandatarin und ich darf das sagen und ich erwarte mir den Respekt. (Beifall bei der ÖVP.)
Dann hat mich etwas sehr stutzig gemacht, und zwar die Bewerbung bei der European Capital of Democracy. Das ist ein weiterer Schritt in Richtung Stärkung der demokratischen Initiative und Stärkung der internationalen Vernetzung. Ich habe mir angeschaut, wer denn diese ECoD ist, und ich habe gesehen, dass im Team ein gewisser CEO namens Stefan Sindelar sitzt - ehemaliger Bundesgeschäftsführer der NEOS. (GRin Mag. Caroline Hungerländer: Ah, schau an!) Das sind - und da möchte ich meinen lieben Kollegen Markus Gstöttner zitieren, der diplomatischere Begriffe verwendet als ich - in Wirklichkeit nichts anderes als doppelte Standards, die ihr da verwendet. Wenn das auf Bundesebene wäre, dass ein ehemaliger ÖVP-Minister ein jetziges Ministerium berät oder ein jetziges Hub gründet oder Sonstiges, dann hätten wir einen Untersuchungsausschuss. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Na, Wahnsinn! Da ändert sich die Perspektive!) Jetzt war vor Kurzem Strolz, jetzt haben wir das. Strolz berät Herrn Wiederkehr, jetzt haben wir das. Es tut mir wirklich leid, da messt ihr mit zweierlei Maß, und das hat nicht unsere Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich würde mir wirklich zutiefst wünschen, dass wir endlich klare Linien erarbeiten, dass wir endlich sagen: Das geht und das geht nicht! Ich möchte keine blumigen Anträge mehr, wo wir uns alle furchtbar lieb haben, das wäre schön. Das wird es nicht geben, nicht in einer gelebten Demokratie. Da geht es um Kompromisse. Da geht es darum, dass wir neue Wege finden. Da geht es darum, dass wir auch mutig sind, und da geht es auch darum, auch einmal Nein sagen zu dürfen. Wir sagen zu diesem Antrag Nein. - Danke. (Beifall bei der ÖVP und von GRin Mag. Ulrike Nittmann.)
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Auer-Stüger. Sie sind am Wort.
GR Mag. Stephan Auer-Stüger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Wir brauchen mehr Demokratie, mehr Partizipation und mehr Mitbestimmung! Das ist nicht etwas, das wir den Menschen gönnen, ihnen „by the way“ zukommen lassen, sondern mehr Demokratie ist ein Menschenrecht, und das steht allen in Wien zu. Dafür sind wir hier als gewählte Mandatarinnen und Mandatare verantwortlich. Wir müssen den Menschen zu ihrem Recht verhelfen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Wir müssen jetzt noch die laute Stimme der Leisen sein, damit diese dann, nach Reformschritten, selber laut für ihre Interessen selbstbestimmt auftreten können. Das muss unser gemeinsames Ziel sein. Das führt auch zu mehr politischer Stabilität und fördert unser gemeinschaftliches Zusammenleben.
Die angesprochene Debatte findet nicht nur hier statt - mehrere VorrednerInnen haben das betont, es gibt viele Diskussionen zu mehr Demokratie in Wien, auch Kollege Kowarik hat es angesprochen -, und ja, eine Diskussion lebt vom Austausch der Argumente. Da werden wir uns auch öfters widersprechen, unterschiedliche Meinungen haben, und das ist richtig und wichtig so, aber eines muss uns einen, das Ziel muss klar sein: Wir brauchen mehr Demokratie und nicht weniger! Es ist schon angesprochen worden, ja, die Demokratie steht international massiv unter Druck, aber auch Österreich hat im Ranking der Demokratien verloren. Es geht um die Qualität der Demokratie, weil die Frage nicht nur ist „Demokratie - ja oder nein?“, sondern „Wie leben wir Demokratie?“ Wir wollen mehr Menschen mit einbeziehen und das strukturelle Ausschließen - das ist mir wichtig -, das strukturelle Ausschließen von gesellschaftlichen Gruppen beseitigen. Darauf können sich die Wienerinnen und Wiener bei uns verlassen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Ich danke dem Herrn Stadtrat für die heutige Mitteilung und auch für die Initiative zur Enquete. Weil das eine kurze Diskussion war: Ich habe nachgefragt, die Einladung zu dieser Enquete erging am 17. April an die Rathausklubs und am 16. Mai wurden alle Mitglieder des zuständigen Ausschusses einzeln dazu eingeladen. Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen bedanken, die die Enquete vorbereitet haben und mit denen wir vor Ort diskutieren konnten.
StR Czernohorszky hat in seiner Mitteilung angesprochen, dass wir viele guterprobte Partizipationsformate in dieser Stadt haben. Ich möchte sie einmal ganz kurz anreißen: Wiener Klimateams, die Lokale Agenda in mehreren Bezirken, die großen Diskussionen zu Stadtentwicklungsgebieten, die wir in den letzten Jahren hatten, aber auch kleine Grätzlinitiativen von Bezirksvorsteherinnen und -vorstehern, die Kinder- und Jugendwerkstatt und vieles mehr.
Im angesprochenen Antrag der Fraktionen SPÖ und NEOS wird auch angesprochen, dass wir das Bestehende absichern und gleichzeitig ausbauen wollen. Wir wollen
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