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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 20.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 110

 

GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren via Livestream!

 

Ich bin ein bisschen hin und her gerissen zwischen Positivem und Negativem. Positiv deswegen, weil ich mich immer schon und seit Jahrzehnten für Demokratie und vor allem für Partizipation eingesetzt habe. Negativ ein bisschen mit dem Antragstext, der dann vielleicht von meinen nachfolgenden Kolleginnen und Kollegen vorgestellt wird. Ich glaube - nein, was heißt, glauben, ich bin überzeugt davon, es ist kein Glauben, es ist Wissen, und auf diesem Wissen basiert meine Überzeugung -, dass wir die Demokratie tatsächlich auf allen Ebenen brauchen - also ja, alles mit Demokratie fluten und mehr Demokratie wagen - yes -, von mir aus auch diese Enquete als Start eines Prozesses. Da denke ich mir, hmm, wir haben schon vieles versucht, wir haben schon viel angeschoben, es ist nie so viel weitergegangen, wie ich mir erhofft habe. Der im Antrag angesprochene Partizipations-Hub ist bereits vor mehr als vier Jahren angedacht worden, wenn er jetzt kommt und gut ausgestaltet wird, würde ich mich sehr freuen.

 

Das Zweite, was mich ein bissel unruhig stimmt, ist: Hier wird ein Antrag gestellt, der sagt: Wir wollen auf den Empfehlungen dieser Enquete aufbauen. - Nun sind diese Empfehlungen aber noch nirgendwo festgeschrieben. Sie haben in Ihrer Mitteilung erklärt, dass die Zusammenfassung erst kommen wird. Ich persönlich habe das Glück, dass ich bei dieser Enquete war, zumindest am Nachmittag, vormittags konnte ich leider nicht teilnehmen, auch weil die Einladung zur Enquete relativ spät kam, sonst hätte ich versucht, mir den ganzen Tag freizunehmen. Auf Grund meiner Mitschrift aus den acht Arbeitsgruppen kann ich mir ungefähr vorstellen, wie die Empfehlungen lauten könnten. Für den Fall, dass das, was ich mir während des Mitschreibens als wesentlichste Punkte herausgesucht habe, dann auch mit den Empfehlungen, die dann verschriftlicht werden, zusammenhängt, würde ich sagen: Ja, da können wir gut daran arbeiten.

 

Zum Beispiel in der Arbeitsgruppe öffentliche Demokratie war der wesentlichste Punkt, den ich mir aufgeschrieben habe - Sie müssen jetzt alles durch meine Brille sehen, weil ich habe mir natürlich nur die Punkte aufgeschrieben, von denen ich mir gedacht habe, ja, da bleibe ich dran, das finde ich interessant, alles andere, das mich nicht interessiert, habe ich natürlich nicht mitgeschrieben -, also in der Arbeitsgruppe öffentliche Demokratie wäre es: Verantwortungskultur etablieren. Das gilt für uns als Vertreterinnen und Vertreter, aber das gilt natürlich auch für die Verwaltung. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Was heißt das jetzt konkret?)

 

Es gab dann eine andere Arbeitsgruppe, die verwaltete Demokratie geheißen hat. Da war ein Ergebnis schon sehr viel interessanter, es gab da nämlich den Wunsch, dass die Verwaltung befähigt wird, auch animiert wird, darin gestärkt wird, selbst Beteiligung durchzuführen. Also auch eine Vision entwickelt, in der Beteiligung für die Bevölkerung vorkommen kann, in der es strukturell möglich ist, dass überhaupt Beteiligung stattfindet und in der es kulturell selbstverständlich ist, dass diese Prozesse durchgeführt werden. Wenn wir das versuchen, haben wir eine Arbeit für das nächste Vierteljahrhundert, sage ich Ihnen, weil es so lange dauern wird, diese Kultur, die wir teilweise immer noch in unserem Verwaltungsapparat haben, in eine partizipativ einladende und animierende Kultur zu verwandeln.

 

Ich werde jetzt nicht auf alles eingehen, was da an Empfehlungen gekommen ist, aber ich glaube schon, dass in diesem Antrag der Versuch gemacht wird, wieder einmal zu zeigen, was alles möglich wäre - eh -, und dazu dann zu wenig Fokus darauf gelegt wird, was die nächsten Schritte sind, was die wichtigsten nächsten Schritte sind. Was gehen wir an, um die Kultur, zum Beispiel in diesem Haus oder auch in der Verwaltung, wesentlich zu ändern? Ja, ich bin auch für eine Bewerbung der Stadt Wien bei den European Capitals of Democracy, ich habe nichts dagegen, aber ich würde es nicht unter dem Fokus machen, dass sich dann andere Städte von Wien inspirieren lassen können. Sondern: Verdammt noch einmal, von welchen Städten kann sich Wien etwas abschauen und was können wir heranziehen, wovon können wir uns inspirieren lassen?

 

Da sage ich, wir können uns wirklich, wirklich gut von der europäischen Hauptstadt des heurigen Jahres, also 2023/24, nämlich von Barcelona inspirieren lassen. Barcelona ist für drei Projekte prämiert worden, unter anderem auch von einer partizipativ und auf Einladung und Selbstbenennung - wie soll ich sagen - BürgerInnenjury - ich bin zufällig ein Teil davon, ich habe mich beworben und bin seit November ein Teil dieser BürgerInnenjury. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Barcelona?) Diese besonderen Beispiele - ich gehe jetzt nicht auf alles ein, sondern auf die Plattform Decidim Barcelona. Diese gibt es seit 2016 und ich weiß nicht, wie viele Gummiwände ich schon eingerannt bin, um in Wien zu sagen: Machen wir bitte auch so etwas! Machen wir eine Plattform, bei der es möglich ist, dass Menschen auf welcher Ebene auch immer Vorschläge, Anträge, Ideen einbringen! Und: Lassen wir die Verwaltung und verschiedenste Ebenen darüber entscheiden: Was können wir schnell entscheiden, was können wir umsetzen? - Das ist eine wirklich niederschwellige und offensichtlich deutlich erfolgreiche Form der Partizipation. So etwas hätte ich wirklich, wirklich gerne in Wien auch schon eingesetzt. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich möchte Sie gar nicht mit den Zahlen belästigen, wie viele registrierte TeilnehmerInnen es gibt und wie viele Anträge, aber jedenfalls können wir uns auch von den Erfolgen anderer Städte inspirieren lassen. Ich halte das für einen bescheideneren und - wie soll ich sagen - lern-animierteren Zugang dazu, als zu glauben, dass wir die Einzigen sind, von denen sich andere inspirieren lassen sollten. Ich weiß, Sie haben nicht nur das gemeint, das habe ich schon verstanden.

 

Das heißt, Sukkus ist, wir werden diesem Antrag zustimmen, aber eher zustimmen mit viel Hoffnung darauf, dass sich ein bisschen etwas bewegt, und einfach nur deswegen, weil ich glaube, es braucht dieses Prinzip Hoffnung gerade in der Politik. Würde ich mich nämlich von dem bewegen lassen, was in den letzten 15 Jahren alles

 

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