Gemeinderat, 39. Sitzung vom 20.06.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 110
jemand in unserem Namen, der gar nicht bei uns ist. Das ist mir ein Rätsel. Ganz offen und ehrlich gesagt, das ist mir einfach ein Rätsel. Ich kenne so eine Situation nicht, aber es gibt ja nichts im Leben, was man nicht zum ersten Mal erleben kann.
Die Ärztekammer bereitet seit vielen Monaten einen Streik vor, das wissen alle. Ich verstehe nicht, warum in der öffentlichen Debatte und auch in der politischen Debatte ignoriert wird, dass wir wissen, dass es seit vergangenem Jahr einen Streikbeschluss der Ärztekammer gibt. Den wollten sie am 1. Mai machen, wie wir alle wissen. Sie haben mehrere Millionen Euro zur Verfügung gestellt, und es wird immer so dargestellt, als würde ich das behaupten. Es gibt ja Beschlüsse dafür.
Ich verstehe nicht, warum wir das vom Radar nehmen, dass die Ärztekammer oder besser gesagt, ein Teil der Ärztekammer offensichtlich beschlossen hat, in einen persönlichen Krieg mit dem Wiener Gesundheitsverbund zu ziehen. Die Motivation kann ich nicht wegarbeiten, ich bin nicht Funktionär in der Ärztekammer. Faktum aber ist, dass in der Klinik Ottakring im gegenständlichen Fall jedenfalls der Leiter des Streikkomitees ein Funktionär der Ärztekammer ist.
Wir haben ja gestern in der Gesundheitsplattform alle das Vergnügen gehabt, dass wir gehört haben, wie der Vertreter der Ärztekammer gemeint hat, um den ambulanten Bereich kümmert er sich erst, wenn er im stationären Bereich zufriedengestellt ist. Was in Wirklichkeit eine ziemliche Frechheit war, wenn der zentrale Vertreter im gesamten Gesundheitssystem für die Versorgungsplanung im niedergelassenen Bereich meint, dass er sich darum erst kümmern würde, wenn er Lust darauf hat. Das zeigt ja, welches Verantwortungsniveau dort im Augenblick herrscht. Also ich fand das gestern verblüffend, und hätten wir nicht alle Lust gehabt, dass die Sitzung zu Ende geht, hätten wir wohl eine ziemlich spannende Diskussion zu dem Thema gehabt.
Keine Frage, dass es Maßnahmen geben muss und ich sage es noch einmal, ich habe das auch dem Direktor gestern gesagt: Ich kann Dienstplan. Ich habe in meinem Leben so viele Dienstpläne gemacht, ich kann Dienstplan. Ob es sinnvoll ist, dass der Stadtrat sich hinsetzt und in einer Organisationseinheit von ungefähr 100 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen den Dienstplan macht? - Das halte ich nicht für schlau, sondern mein Job ist es, dem Ärztlichen Direktor dort den Rücken zu stärken, damit er seinen Job ordentlich machen kann.
Ich halte diese Ordnung in einem Unternehmen mit 30.000 Beschäftigten für gescheit, richtig und alternativlos. Wir können aber gerne diskutieren, ob wir 30.000 Mitarbeiter aus der Zentrale führen, dann brauchen wir keine Ärztlichen Direktoren und keine Pflegedirektoren mehr vor Ort. Ich halte das für keine schlaue Ordnung und daher halte ich es für richtig, auch die Mitarbeiter, die Führungskräfte vor Ort auch zu diesen Fragestellungen zunächst einmal zu hören.
Deswegen habe ich gesagt, bevor ich eine Äußerung im Detail dazu mache, möchte ich zunächst einmal einen Bericht der Führungskräfte vor Ort haben. Auf diesen Bericht werde ich warten und vorher nicht besonders viel mehr dazu sagen. Da bitte ich um Verständnis und das halte ich auch für richtig so. Faktum ist, dass die Zahl der Patientinnen und Patienten, die in dieser Notaufnahme, in dieser ZNA jeden Tag zu behandeln sind, durchaus eine überschaubare Größe ist.
Wenn auf 24 Stunden in einem 24-Stunden-Rad 80 Patienten verteilt werden, können Sie sich selber durchdividieren, wie viele Patienten das pro Stunde sind, bei einem Personalstand von fast 100. Daher bitte ich um Verständnis, dass ich jetzt nicht die Notwendigkeit für politische Hyperaktivitäten empfinde, sondern zunächst gehören eine ordentliche Recherche, ein ordentlicher Bericht auf den Tisch und Vorschläge für die Maßnahmen, was zu verbessern ist. Ich höre da gerne auf die Führungskräfte vor Ort und halte es für gescheit, dass der Stadtrat nicht mit Generalmaßnahmen über alles drüberfährt, sondern zuhört, was seine Führungskräfte vor Ort für das Richtige und Notwendige erachten.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Danke schön. Die 2. Zusatzfrage wird von Herrn GR Dr. Gorlitzer gestellt. Bitte, Herr Gemeinderat.
GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP): Guten Morgen, Herr Stadtrat!
Am 25. April haben wir von der Wiener Volkspartei schon eine Dringliche Anfrage gestellt, die darauf basierte, dass das Personal in der Klinik Ottakring an der Grenze des Machbaren und vor dem Kollabieren steht. Sie haben damals schon mündlich beantwortet und wie heute schon sehr beschwichtigt, dass die Versorgung in der Zentralen Notaufnahme in der Klinik Ottakring in Ordnung ist, dass die Versorgung von den Ärzten von anderen Abteilungen so schon gewährleistet ist und die Direktion jedes einzelnen Hauses ihre Freiheiten haben soll, das selber zu managen. Wörtlich haben Sie gesagt: Wir wollen keinen Einheitsbrei und das soll vor Ort gemanagt werden.
Jetzt lese ich kurz das Schreiben zum Warnstreik vor, da steht: „Mehrmals“ - mehrmals - „haben wir als Team auf die Missstände, Benachteiligungen und Hürden hingewiesen, die uns ein gutes, gesundes, nachhaltiges und patientenorientiertes Arbeiten in einem der wichtigsten Bereiche des Gesundheitssystems erschweren. Weder die Generaldirektion noch die Gemeindepolitik haben uns spürbar bei unserer Arbeit unterstützt, und bis heute hat keine maßgebliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen stattgefunden.“
Wenn man heute Ihren Ausführungen zuhört, genauso wie vor ein paar Monaten, wo mehr oder weniger gesagt wird, es ist ohnehin alles in Ordnung, es gibt weniger Rettungszufahrten und das muss eigentlich machbar sein, und auf der anderen Seite Gefährdungsanzeigen des Personals in Schubladen verschwinden und dieser Aufschrei, der da eigentlich regelmäßig kommt, und das nicht erst seit Covid-Zeiten, mir ist das schon seit sechs Jahren bekannt, dann passt da irgendetwas nicht. Das heißt, das Personal vor Ort wird offensichtlich von mehreren Personen nicht ernst genommen.
Daher jetzt zu meiner Frage: Wird es auf Grund dieses prolongierten Organisationsversagens Konsequenzen im
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