«  1  »

 

Gemeinderat, 34. Sitzung vom 27.01.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 37

 

den NEOS vor, dass sie oberlehrerhaft sind - das haben Sie ihnen ja vorgeworfen - und machen das im Überdruss. Das ist schon ein bisserl ein Problem.

 

Ich frage mich sowohl bei der ÖVP als auch bei den GRÜNEN: Hat das etwas mit dem unbewältigten Schmerz der Oppositionsrolle zu tun, dem nicht mehr in der Regierung Sein? (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Nein! Nein!) Was würde Sigmund Freud dazu sagen? (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ja eh, Sie tun mir leid, keine Frage, aber so leid tun Sie mir auch wieder nicht. Einen wesentlichen Teil Ihres Leides verdienen Sie sich ja selber. (GRin Dr. Jennifer Kickert: Ich bin eine aufrechte Demokratin und kann in der Opposition ebenso meine Leistung bringen!) In dem Zusammenhang: Aufrechte Demokratie besteht auch darin, dass man manchmal nicht in der Regierung ist und damit lebt. Das tun andere auch und klagen nicht dauernd darüber. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Parlamentarismus ist schon okay!)

 

Wissen Sie, mir fällt etwas zu diesem Misstrauensantrag ein: Das ist eine Mischung aus Larmoyanz, Generalverdacht und furchtbar emotioneller Aufregung. Das deutet ja darauf hin, dass ich nicht unrichtig liege, denn je größer die Aufregung, desto richtiger wahrscheinlich der Inhalt meiner Rede. (Beifall bei der SPÖ. - StR Karl Mahrer - erheitert - und GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das habe ich mir auch gedacht!)

 

Jetzt sage ich, was mich innerlich bewegt: Wächst hier etwas zusammen, was zusammengehört - Grün und Schwarz? Gehört das zusammen? (GR Mag. Manfred Juraczka: Nein, glauben Sie mir! - GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Fragen Sie den Juraczka! - GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Fragen Sie Spielmann und mich! Das hat mit den NEOS zu tun!) Ist das eine Notlösung, weil ich auf Bundesebene von beiden Parteien immer höre, dass man dort zusammenarbeiten muss, weil es nicht anders geht. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Strategie, wechselseitig zu behaupten, dass man aneinandergekettet wäre, durch solche Anträge nicht konterkariert wird, weil es eigentlich ein gemütliches Zusammenleben ist, das sich hier zeigt, auch wenn man ununterbrochen wechselseitig behauptet, es gefällt einem eh nicht.

 

In dem Zusammenhang, Herr Stadtrat: Sie haben den Dichter Bert Brecht zitiert. Den zitiere ich zu diesem Antrag auch: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“ Das Fressen ist der Wahlerfolg, und darum geht es. (Beifall bei SPÖ und NEOS. - GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Kann man bringen, muss man nicht!)

 

Losgelöst vom Misstrauensantrag, also vom Misstrauenswettbewerb der ÖVP und der FPÖ, wundert mich nicht ... Das ist ja nichts Neues. Also, ein Misstrauen auszusprechen, wenn man das Vertrauen nie gegeben hat, ist nicht besonders originell. Das ist eine Wiederholung. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ich hoffe, das sagen Sie auch Ihren Kollegen im Bund!)

 

Sie misstrauen immer noch. Darüber würde ich mich nicht kränken, das ist nichts Neues, Herr Vizebürgermeister. Die misstrauen Ihnen. Na ja, das haben sie vorher auch getan. Das tun sie ja nicht deshalb, weil Sie etwas gemacht haben, sondern weil Sie in der Regierung sind und sie viel lieber in der Regierung wären. Das ist der Grund des Misstrauens. Das Misstrauen besteht darin, dass die den Eindruck haben, Sie versitzen ihnen den Platz. Das ist das Problem. (Beifall bei SPÖ und NEOS. - GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: So interpretieren Sie Demokratie? Das ist sehr interessant!) Ja, der Schmerz ist groß. Ich mache es eh nicht ewig, aber das muss man jetzt schon einmal gesagt haben.

 

Jetzt zum Thema Misstrauen, meine Damen und Herren: Misstrauen kann ja zwei Ursachen haben. Die eine ist: Es ist irgendetwas Kriminelles passiert. Herr Vizebürgermeister, haben Sie sich einen BMW zahlen lassen? - Nein. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Bitte!) Haben Sie Geld gestohlen? - Nein. Haben Sie öffentlich irgendeine strafbare Handlung begangen? - Nein. (GR Mag. Manfred Juraczka: Man kann gern darüber reden! Erzählen Sie uns!) Sie waren also nicht kriminell, also scheidet diese Phase - Misstrauen wegen krimineller Handlungen - aus. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Parlamentarismus und Justiz sind etwas Unterschiedliches! - GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Er hat sich viel Arbeit gemacht!) Das hat ja auch keiner unterstellt, gebe ich zu. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Der Montesquieu ...) Dass ein ÖVPler Montesquieu zitiert, finde ich angesichts der allgemeinen politischen Lage originell, aber lassen wir es einmal stehen.

 

Das Zweite ist das politische Misstrauen. Heute wurde gesagt, dass die Opposition von vorneherein angenommen hat, dass die NEOS - und wir natürlich auch - es nicht können. Das war irgendwie allen klar. Darum haben Sie uns Ihr Vertrauen ja auch nicht gegeben. Jetzt glauben Sie immer noch, dass wir das nicht können. Darum stellen Sie jetzt schweren Herzens einen Misstrauensantrag. Das lasse ich jetzt wirken. (StR Karl Mahrer: Das wirkt jetzt! - Allgemeine Heiterkeit.)

 

Schweren Herzens stellen Sie einen Misstrauensantrag. Es wirkt schon. Es wirkt in der Sprachlosigkeit des Publikums, weil es schon eine Chuzpe ist, zu sagen, ich habe Ihnen nie vertraut und jetzt vertraue ich Ihnen auch nicht, und das zur Sensation des Tages zu erheben. Das ist ja nichts Neues, dass Sie uns nicht vertrauen. (Beifall bei SPÖ und NEOS. - GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Da sind wir uns einig!) Die Hoffnung, dass Sie doch eine Mehrheit kriegen werden, ist verwegen, das sage ich Ihnen. Sie ist verwegen. Sie wird zerstieben.

 

Das ist ja auch die Geschichte der ÖVP. Die Geschichte der ÖVP lautet - verkürzt -: Haltet den Dieb! Wurscht, zu welchem Thema, egal. Immer, wenn etwas ist: Haltet den Dieb! Man will damit sagen: Wir waren es nicht. Das ist aber natürlich nicht wahr. Sie waren es natürlich in vielen Phasen schon: Von der Balkanroute angefangen bis hin zur EU, weil wir gerade über die MA 35 geredet haben.

 

Ich war ja immer der Meinung - hoffnungsloser Optimist, der ich bin -, dass man versuchen sollte, Probleme gemeinsam zu lösen. Das gelingt ja auch - nicht immer, aber in einem hohen Ausmaß. Das gelingt hier viel seltener. Liegt es am Unvermögen oder an der Bösartigkeit? Das weiß ich nicht, aber ich will es genau genommen auch nicht herausfinden, was etwa die Partnerwahl betrifft.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular