Gemeinderat, 30. Sitzung vom 24.11.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 12 von 109
wir erst vor Kurzem eine Präsentation über die Entwicklung der Leistungen des gesamten niedergelassenen Bereiches. Und wir erinnern uns alle zusammen, dass wir - wurscht, ob Oppositions- oder Regierungsfraktion - nicht gerade von dem begeistert waren, was uns präsentiert wurde, dass es in Wien nämlich einen Rückgang des niedergelassenen Sektors und einen sehr starken Rückgang des chinamedizinischen Sektors im niedergelassenen Bereich gibt. Ich meine, man sollte nicht vergessen, was wir dort gesehen haben. Und das Ganze - auch das haben wir meiner Meinung nach sehr gut diskutiert - findet in einer wachsenden Stadt statt.
Also gar keine Frage: Wir haben fundamentale Probleme im Gesundheitssystem, die man nicht wegblödeln kann, sondern es geht um eine ernsthafte Auseinandersetzung damit und um eine Neuorientierung unseres Gesundheitssystems. Die Probleme, die wir haben, haben wir allerdings nicht nur in Wien und nicht nur in einem Feld - wiewohl die Frage im Hinblick auf die Schmerzambulanzen berechtigt ist -, sondern wir beide könnten jetzt innerhalb von Sekunden einen Katalog mit 20 verschiedenen Feldern der Medizin erstellen, wo wir solche Probleme haben. Und das werden wir nicht mehr beseitigen können, indem wir ein Pflaster draufpicken. Das wird nicht möglich sein.
Deswegen sage ich auch: Die Probleme, die wir haben, und die entsprechenden Herausforderungen können wir nicht gegeneinander lösen, sondern diese können wir nur miteinander lösen, und dabei ist vor allem ein Miteinander der drei großen Finanziers des Gesundheitssystems gefragt, nämlich des Bundes, der Sozialversicherung und der Länder. Genau daran arbeiten wir. Die Bundesländer haben einen Beschluss gefasst, wie wir die grundlegenden Fragen der Finanzierung neu organisiert haben wollen. Dabei geht es genau um dieses Segment, dem Schmerzambulanzen zuzuordnen sind, nämlich um den ambulanten Versorgungssektor für die Bevölkerung. Der Bevölkerung ist es völlig powidl, ob das eine Leistung ist, die die Sozialversicherung finanziert, oder eine Leistung, die dem intramuralen Sektor der Länder zuzuordnen ist. Den Menschen ist das völlig wurscht. In den Diskussionen über die Finanzierung ist das im Augenblick aber gar nicht wurscht. Seit 20 Jahren wird nämlich Ping Pong zwischen den Krankenkassen und den Ländern betreffend die Frage gespielt, was wir in die Spitäler hineinschieben und was an Ambulantisierung geschieht. Und die moderne Entwicklung des Gesundheitssystems besteht immer in Ambulantisierung. Das brauche ich Ihnen nicht zu erzählen, denn Sie sind ja selber da mittendrin.
Die Ambulantisierung führt dazu, dass es eigentlich zu einer permanenten Transformation kommen müsste, Leistungen aus der Spitalsfinanzierung in die Krankenkassenfinanzierung zu schieben. Das geht sich aber nicht aus. Die Krankenkassa kann nie das leisten, was wir in der Zwischenzeit im ambulanten Sektor der Spitäler leisten. Die Wiener Fondsspitäler haben im vergangenen Jahr quer durch alle Felder 660.000 Patienten behandelt, die nur ambulante Patienten waren. Das war nie so vorgesehen. Es war nie der Plan, dass im intramuralen Bereich - also im Spitalsbereich - 660.000 Patienten ausschließlich ambulant behandelt werden.
Zurück zu der Fragestellung: Wir werden das nicht wegschieben können. Schmerzambulanz ist im Augenblick ein Thema auch in der Zielsteuerung. Es gibt ein besonderes Projekt zum Thema Schmerzambulanzen, weil wir die Spitäler von dieser Aufgabe, Schmerzambulanzen zu führen, entlasten müssen. Das ist ja etwas, was man ganz unproblematisch auch außerhalb des Spitales zur Verfügung stellen kann. Wir haben diesbezüglich ein Zielsteuerungsprojekt laufen, um externe Schmerzambulanzen zur Verfügung zu stellen. Eine gibt es schon, aber all das ist noch nicht befriedigend, das sage ich auch dazu. Das, was wir im Augenblick in dem Instrument der Zielsteuerung haben, ist nicht befriedigend. Wir müssen viel tiefer hineingehen. Deswegen gibt es einen einstimmigen Beschluss aller Fraktionen der Bundesländer, dass wir jetzt wirklich ernsthaft anfangen müssen, diese Grundstruktur der Finanzierung zu diskutieren, um dann zu einem neuen Finanzausgleich zu kommen, bei dem sich die Grundordnungslogik verändert.
Ein Kollege, der seit 20 Jahren Gesundheitslandesrat ist, hat mir erzählt, dass das schon vor 20 Jahren der Plan war. - Das wusste ich, offen und ehrlich gesagt, gar nicht! So lange bin ich in den Details des Gesundheitswesens gar nicht zu Hause. - Wenn das allerdings schon vor 20 Jahren der Plan war, dann fragt man sich tatsächlich: Warum hat das wer wann und wie verhindert?
Das Kernproblem ist, dass es viel zu viele Interessen gibt. Darum sind wir ja gerade auch damit konfrontiert, dass die Vertretung einer der Berufsgruppen im Spital, die zweifelsohne eine wesentliche, aber nicht die einzigen Berufsgruppe ist, meint, dass sie selbst das Zentrum des Gesundheitswesens ist, und versucht, eine Kampagne gegen das Image der Spitäler zu betreiben. Und das ist zurückzuweisen! Da muss man zusammenhalten. Da müssen wir als gemeinsam Verantwortliche hier im Haus zusammenhalten und sagen, es kann nicht sein, dass zu Gunsten der Interessen einer Berufsgruppe das Image der Wiener Spitäler kaputt geredet wird. Das ist inakzeptabel. Da erwarte ich mir wirklich einen Schulterschluss, was nicht heißt, dass wir bei Problemen nicht hinhören, Probleme nicht diskutieren und Probleme nicht lösen sollen. Ich halte es aber wirklich für inakzeptabel, dass das Image dieses starken Leistungszentrums, wo Tausende jeden Tag einen phantastischen Job machen, kaputt gemacht wird. Sie haben aber recht: In all diesen Segmenten, wo es um die Auslagerung von Tätigkeiten des Gesundheitssektors aus dem Spital in den ambulanten oder semiambulanten Bereich geht, liegt eine Schwachstelle der Finanzierung des Gesundheitswesens.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Vielen Dank, Herr Stadtrat. Damit ist die 2. Anfrage beantwortet.
Die 3. Anfrage (FSP-2287779-2022-KNE/GM) wurde von Herrn GR Dipl.-Ing. Dr. Gara gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz gerichtet. In dieser Anfrage geht es um die Bäderstrategie 2030. (Kürzlich ist der Spatenstich zum Bau der zweiten
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