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Gemeinderat, 28. Sitzung vom 23.09.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 19

 

alternative Berufsfelder für Pflegekräfte geschaffen werden, denn das, was derzeit ist, ist nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Auch das Kassensystem darf man nicht ganz außen vor lassen, denn auch aus dem Kassensystem flüchten immer mehr ÄrztInnen, weil sie einfach keine Fünf-Minuten-Medizin praktizieren wollen und weil sie auch einfach die Reparaturmedizin so nicht mehr praktizieren wollen. Ich habe hier länger Zeit, über das Gesundheitssystem und die Spitäler zu reden, als PatientInnen Kontakt mit ihrer Ärztin oder mit ihrem Arzt haben. Und das ist, wenn es um ein Menschenrecht geht, wirklich dramatisch.

 

Die Zweiklassenmedizin möchte ich auch noch ansprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht hier heute ja auch um die Teuerung. Wer es sich leisten kann oder wer auch Kontakte hat, ist im Gesundheitssystem auf der „fast lane“ und hinten anstellen müssen sich alle jene, die weniger Geld haben, die sich das nicht leisten können. Das finde ich hochgradig, wirklich hochgradig ungerecht und einem solidarischen Gesundheitssystem im Grunde nicht würdig. Darum dürfen wir nicht tatenlos zusehen, dass sich eigentlich die braven VersicherungseinzahlerInnen - das ist eigentlich das Gros der Bevölkerung und viele wollen sich auch darauf verlassen, dass das öffentliche solidarische Gesundheitssystem funktioniert - sich letztendlich als VerliererInnen im Gesundheitssystem fühlen. Mich schmerzt das sehr, sehr geehrte Damen und Herren, mich schmerzt das sehr, weil ich eine große Befürworterin dieses Gesundheitssystems bin.

 

Es schmerzt mich auch, dass noch immer Menschen aus diesem Versicherungssystem ausgeschlossen sind. Wir haben in Österreich genug Menschen, die keine Versicherung haben, die keinen Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversorgung in dem Sinne haben, und wenn ich daran denke, wie viel Steuergeld in das Gesundheitssystem fließt, nämlich nicht nur Versicherungsbeiträge, dann denke ich, wir könnten uns es sehr wohl leisten, dass wirklich, wirklich alle Menschen das Gesundheitswesen, die Spitaler, auch die öffentlichen Spitäler und nicht nur die kirchlichen, nützen können. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich komme zu einem Punkt, den wir hier schon oft und leidenschaftlich diskutiert haben, die Kindergesundheit. Sie ist in Not, sie ist in Not auf Grund der Personalsituation, sie ist in Not, weil sie einfach in den letzten Jahren nicht ausreichend ernst genommen wurde, weil die Probleme nicht ernst genommen wurden. Wenn man zur psychiatrischen Klinik am Rosenhügel in Hietzing schaut, dort sind nur noch zwei FachärztInnen. Die Situation ist wirklich dramatisch, man hat es dort wirklich versäumt, die einbrechenden Mauern, den Damm zu stützen und mittlerweile ist der Dammbruch ja fast nicht mehr aufzuhalten. Es herrscht Notbetrieb, und ich sage Ihnen: Extramurale Versorgung, ja, Home Treatment, ja, aber was das Angebot betrifft, es reicht nicht aus. Die Kinderpsychiatrie braucht definitiv neue, zusätzliche Ressourcen.

 

Ich bringe heute den schon angesprochenen Antrag zur Verbesserung der kassenärztlichen Versorgung ein, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es ist schon interessant, in der Kindergesundheitsversorgung, aber auch anderswo ist es offenbar das Spiel aller Player - Politik, also in dem Fall die Stadt, Ärztekammer oder Gesundheitskasse -: Der Ball wird sich gegenseitig zugeschoben und passieren tut nichts, passieren tut nichts.

 

Für den Herrn Stadtrat sind die Ärztekammer-Menschen die Blockierer, für Herrn Gara die Versicherung. Also es ist wirklich traurig, denn auf der Strecke bleiben die Kinder, auf der Strecke bleiben die Eltern mit kranken Kindern. Wir brauchen da dringend mehr Pragmatismus, ein Aufeinanderzugehen, und darum bringe ich diesen Antrag ein, der eine Verbesserung der kassenärztlichen Versorgung in Zweiergruppenpraxen mit PVE-Charakter ermöglichen soll.

 

Ich widerspreche ganz vehement meinem Vorredner. Auch hier, entweder brauchen Sie die Länder, dann bitte mehr Engagement, und wenn Sie die Länder nicht brauchen, dann frage ich mich, wieso da nach wie vor nichts weitergeht. Fakt ist, die Verantwortlichen sollen sich bitte zusammensetzen.

 

Ein weiteres Problem, das ich ansprechen möchte, ist die Situation, wie mit den Problemen im Gesundheitssystem umgegangen wird. Es ist leider so, es wird vertuscht, es wird unter den Teppich gekehrt, es werden die Probleme kleingeredet, man hört den MitarbeiterInnen nicht zu, man nimmt ihre Sorgen nicht ernst. So geht es nicht weiter. Wir brauchen da eine Fehlerkultur, wir brauchen mehr Augenhöhe, wir brauchen eine stärkere Einbeziehung der MitarbeiterInnen. Die Arbeitsbedingungen müssen dringendst verbessert und motivierender werden, denn sonst gehen die Leute weiter raus aus dem System.

 

Nützen Sie auch bitte die gesetzliche Möglichkeit zur Reservierung von Medizinstudienplätze. Auch diese Möglichkeit gibt es seit diesem Jahr, die Stadt Wien hat sie nicht genützt. Schauen Sie auch, dass die Klimapolitik Gesundheitspolitik ist und die Gesundheitspolitik Klimapolitik. Ich glaube, das ist heute schon mehrfach angesprochen worden, das ist eine sehr vordringliche und drängende Aufgabe, und last but not least, Prävention, Prävention, Prävention.

 

Ich kann es hier nicht oft genug sagen, das Gesundheitssystem in Österreich ist eines der teuersten, das wir haben. Die Bevölkerung genießt aber nicht die längsten gesunden Lebensjahre wie in anderen Systemen. Das heißt, wir haben ein extrem ineffizientes System. Wir müssen mehr in die Prävention investieren. Wir brauchen ein System, das den Menschen Gesundheit ermöglicht. Gesundheitskompetenz gehört da dazu, auch da gibt es einen großen Handlungsbedarf.

 

Mein abschließendes Fazit, meine sehr geehrten Damen und Herren, kaputt ist das Wiener Krankenspitälersystem definitiv nicht, aber ich würde sagen, es ist polymorbid. Ein polymorbider Patient liegt da und er braucht unsere Hilfe. Ich wünsche mir, dass die Stadt Wien da die Verantwortung übernimmt, die Probleme nicht kleinredet oder weiter ignoriert und verschleppt,

 

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