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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 21.09.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 119 von 133

 

Jetzt würde ich niemandem von Ihnen grundsätzlich unterstellen, dass Sie politisches Kleingeld wechseln wollen, aber Verkehrsthemen bieten sich manchmal dazu an. Es muss nicht sein, möchte ich heute zu dieser späten Stunde noch sagen, und ich denke mir, diese sechs Poststücke sind ein gutes Beispiel dafür, und guten Gewissens kann ich Ihnen raten, diese anzunehmen. Danke schön. (Beifall und Heiterkeit bei SPÖ und NEOS. - Rufe bei der SPÖ: Bravo, bravo! Vorbildlich, ehrgeizig! Glücklich die Stadt, die solche Politiker hat!)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Stark. Ich erteile es ihm.

 

21.24.18

GR Kilian Stark (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und zu Hause!

 

Kollege Valentin, ja, es ist aufgefallen und auch ich habe mir vorgenommen, dass wir heute vielleicht das Pedal nicht so fest runterdrücken. Ich werde auch nicht auf alles eingehen, auf drei Punkte der Vordebatte möchte ich doch eingehen. Pragmatismus in der Politik und Kompromissbereitschaft finde ich gut und wichtig. Ich finde, es ist ein demokratischer Wettbewerb, da kann man unterschiedlich denken.

 

Beim Pragmatismus würden wir näher dort anlegen, wo es darum geht, pragmatisch die Ziele zu erreichen und weniger am Status quo festzuhalten. Zum Modal-Split und diesen Dingen möchte ich sagen, erstens, an alle Vorredner: Schauen Sie in Ihre eigenen Pläne, beim öffentlichen Verkehr ist nicht mehr viel drinnen in Wien, das sagen auch Ihre eigenen Pläne. Es wird eine Herausforderung sein, den zu halten, weil in einer wachsenden Stadt mehr Menschen mehr Öffis brauchen, auch wenn der Anteil gleich bleibt.

 

Den größten Hebel in Wien haben wir bei der aktiven Mobilität, beim Zufußgehen, beim Radfahren. Das sagen auch Ihre eigenen Pläne. Was die Attraktivität und die Entfernung und die Topographie angeht, Kollegin Olischar, sind wir momentan in Wien bei unter 10 Prozent im Radverkehr. In Vorarlberg, und da werden Sie jetzt wahrscheinlich nicht behaupten, dass die Topographie in Vorarlberg günstiger ist als in Wien, sind Sie bei 13 Prozent. Es ist also sehr wohl eine Frage der Infrastruktur, natürlich auch anderer Faktoren, wie kultureller, und so weiter, aber ich glaube, wir würden uns glücklich schätzen, wenn wir jetzt schon dort wären, wo Vorarlberg ist, und da geht noch viel mehr. Der durchschnittliche Autoweg in Wien ist 5,4 km, und das ist doch ein Bereich, den man auch mit dem Rad zurücklegen kann, insbesondere auch mit dem E-Bike.

 

Zur Lassallestraße hat schon meine Vorrednerin gesprochen, ich möchte jetzt kurz zu einem Projekt reden, ich möchte Sie zur Breitenfurter Straße, Altmannsdorfer Straße entführen. Ich weiß nicht, wie gut Sie sich dort auskennen. Da geht es dann schon Richtung SCS, Richtung A2. Wenn man dort in der Gegend ist, fühlt man sich ein bisschen wie in Motorcity, und bei dieser Kreuzung Altmannsdorfer Straße, Breitenfurter Straße ist man als Mensch definitiv nicht im Zentrum der Planung.

 

In Liesing, dorthin führt auch die Breitenfurter Straße, gibt es den höchsten Autoanteil Wiens, den höchsten Motorisierungsgrad, aber auch in den Süden ist der meiste Pendelverkehr mit dem Auto, also auch dort der schlechteste Modal-Split, den wir auch halbieren wollen und die Leute vom Auto hauptsächlich in den öffentlichen Verkehr bringen.

 

Es gibt dort ein Radwegprojekt, und neben sechs Spuren für den Autoverkehr wird jetzt dort ein Radweg in die grüne Wiese gebaut, nicht in die sprichwörtliche grüne Wiese, sondern wirklich auf die grüne Wiese. Also da sind sechs Spuren Asphalt, und daneben ist ein Grünstreifen, und anstatt das zu machen, was Ihre Ziele, was unsere Ziele sagen - nämlich weniger Autoverkehr, mehr Radverkehr, weniger Autostraßen, mehr Radstraßen und Radwege -, wird eine Umverteilung gemacht, wie wir sie nicht wollen, nämlich Grünfläche weggenommen und asphaltiert.

 

Jetzt bin ich großzügig und sage, da wären wir auch noch mitgegangen, weil da Wiese zuasphaltiert wird, aber dafür werden Bäume gepflanzt. Gut, aber da befinden wir uns an einer Stelle, die uns dieses Jahr schon tragisch beschäftigt hat. Es hat sich dort ein tödlicher Unfall ereignet. Im Februar ist ein junger Bursche, 19 Jahre alt, dort in unmittelbarer Nähe von einem LKW getötet worden. Ich war bei der Gedenkveranstaltung. Das nennt sich „Ghostbike Ride“, das wird zum Gedenken an getötete Radfahrerinnen und Radfahrer veranstaltet. Das Gleiche gibt es übrigens auch für Zufußgehende, das heißt dort „Schuhe der Erinnerung“. Jedenfalls wurde dort ein sogenanntes Ghostbike aufgestellt. Es war sehr berührend, auch wenn ich jetzt zurückdenke, es waren unglaublich viele Menschen dort. Sie können sich vorstellen, ein 19-Jähriger, der gerade am Beginn seiner beruflichen Laufbahn steht, ausgelöscht in einer unaufmerksamen Sekunde.

 

Den genauen Unfallhergang, warum das passiert ist, kennt man nicht. Es ist von hinten ein LKW draufgefahren. Ob der Bursch gestürzt ist oder ob der LKW einfach Gas gegeben und ihn nicht gesehen hat, weiß man nicht, also ich weiß es jedenfalls nicht, die Öffentlichkeit weiß es nicht, und jetzt haben wir dieses Radwegprojekt dort. Und wissen Sie, wo dieser Radweg endet? - 50 m vor dieser Unfallstelle! Das ist eine Situation dort, da gehen zwei Autostreifen Richtung Süden, drei Richtung Norden. Auch der Bezirksvorsteher war bei dieser Gedenkveranstaltung - ich möchte das explizit positiv hervorstreichen, das ist nicht selbstverständlich, auch eine Entwicklung der letzten Jahre, dass das von der Politik ernster genommen wird -, aber er hat gesagt: Da kann man nichts machen, denn da steht ein Haus vor, und da haben wir nicht den Platz für einen Radweg. - Fünf Spuren für den Autoverkehr, zwei schmale Radwege und eine Verschwenkung!

 

Die Vorrednerin von den NEOS hat auch auf den tragischen Unfall heute hingewiesen, und darauf, wie wichtig es ist, sichere Radinfrastruktur zu schaffen. Genau in diesen Bereichen, genau in den Bereichen, wo Frau Olischar es offensichtlich nicht so wichtig findet (GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Das habe ich nicht gesagt!), ist es extrem wichtig, dass wir die Radinfrastruktur ausbauen, speziell in den Außenbezirken, spezi

 

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