Gemeinderat, 26. Sitzung vom 21.09.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 112 von 133
der Postnummer 26 mit einzubeziehen, damit erspare ich Ihnen die Rede von vorhin. Auch in Postnummer 26 geht es um eine Liegenschaft, die in einer Schutzzone liegt, auf dem aktuell ein schützenswertes Gebäude liegt.
Interessant ist die jüngste Geschichte der beiden Liegenschaften. Die Sozialdemokratische Fraktion beziehungsweise das Wohnbauressort ist in den vergangenen Legislaturperioden mit dem Ansinnen an die GRÜNEN herangetreten, diese städtischen Liegenschaften zu verkaufen. Wir haben das abgelehnt und wir haben damit die Privatisierung dieses städtischen Eigentums verhindert. Was passiert jetzt? Die beiden Grundstücke sollen im Baurecht vergeben werden. Das ist natürlich deutlich besser als eine Privatisierung, und ich finde, das ist auch ein Fortschritt, den man anerkennen muss. Meine VorgängerInnen haben in den vergangenen Perioden oft genug mit der SPÖ darüber gestritten, dass man aufhören soll, öffentliches Eigentum zu verkaufen. Wir haben gesagt, machen wir es wie die Katholische Kirche oder wie die Bundesforste, behalten wir die öffentlichen Liegenschaften im öffentlichen Eigentum. Baurecht statt Verkauf ist zur Regel geworden, das ist ein grüner Erfolg, und das ist auch gut so. (Beifall bei den GRÜNEN.) Nur weil die Vergabe im Baurecht besser ist als der Verkauf, ist die Vergabe im Baurecht aber nicht generell klug. Denn was passiert im vorliegenden Fall? Das Baurecht wird bis 2104 vergeben, und zwar an private Immobilienentwickler.
Sehr geehrte Damen und Herren, dass der Markt keinen leistbaren Wohnraum schafft, muss jedem klar sein, der die Preisentwicklungen im privaten Sektor kennt. Es gibt dazu eine brandaktuelle Studie der Arbeiterkammer. Dass wirtschaftsliberale Parteien geneigt sind, diese Fakten zu ignorieren, geschenkt, dass die SPÖ das ignoriert, finde ich kurzsichtig. Denn was passiert, sehr geehrte Damen und Herren? In beiden Fällen werden im Wesentlichen teure Luxuswohnungen entstehen. Der Markt fragt AnlegerInnenwohnungen nach, diese AnlegerInnenwohnungen werden häufig nicht einmal mehr bewohnt oder vermietet, zeigt die AK-Studie zuletzt, Neubau, sehr viel Leerstand, der da entsteht, sie dienen im Wesentlichen als reines Finanzprodukt. Was macht die Stadtregierung? Sie stellt diesem Markt, der relativ losgelöst vom Wohnbedürfnis der Bevölkerung agiert, neues Futter zur Verfügung. Das ist aus meiner Sicht, „sorry to say“, der falsche Weg, sehr geehrte Damen und Herren, das bringt uns keine einzige zusätzliche leistbare Wohnung.
Was schlagen wir stattdessen vor? Man könnte das Baurecht an eine gemeinnützige Bauvereinigung vergeben und damit für leistbaren Wohnraum, und zwar langfristig für leistbaren Wohnraum, sorgen. Es ist aber gut möglich, dass das aber auf Grund der jahrelangen Vernachlässigung der Gebäude durch gemeinnützige Bauvereinigungen finanziell nicht mehr darstellbar wäre. Ist man also dazu gezwungen, da ein Baurecht an Private zu vergeben? - Nein. Es gibt in dieser Stadt ein Unternehmen, das genau für diese Fälle gegründet wurde, ein Unternehmen, das mehrheitlich der Stadt gehört. Es heißt WISEG, die Wiener Substanzerhaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung & Co KG, deren Aufgabe laut Website Verwaltung, Sanierung und Bewirtschaftung von atypischen Häusern ist, die in der Regel aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen. Diese Wohnhausanlagen benötigen auf Grund ihres Alters, ihrer Struktur und ihrer Architektur eine spezielle Betreuung, und vor allem hinsichtlich Sanierungen und Erhaltung. Warum also, frage ich Sie, überträgt man so ein Gebäude nicht im Baurecht an die WISEG und stellt eine Generalsanierung sicher? Warum setzt man nicht auf eine Lösung wie die mit der WISEG, die unbefristete und provisionsfreie Mietverträge sicherstellt?
Warum setzt man nicht auf ein Immobilienunternehmen im städtischen Mehrheitseigentum, das die Einhaltung des Mietrechtsgesetzes sicherstellt? Ich verstehe es nicht, sehr geehrte Damen und Herren. Substanzerhaltung, wie das der Gedanke hinter der WISEG war, ist es jedenfalls nicht, eher schon Substanzvernichtung, und deshalb lehnen wir dieses Poststück ab, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Es geht offenbar wieder einmal darum, schnelles Geld zu machen und es ist, finde ich, so kurzsichtig. Schnelles Geld schafft keinen leistbaren Wohnraum, der Markt schafft keinen leistbaren Wohnraum, und deshalb muss die Stadtregierung aufhören - ich sage das auch bei so kleinen Poststücken wie diesen -, das öffentliche Eigentum an private Immobilienentwickler zu vergeben, damit wir mehr leistbaren Wohnraum bewahren.
Natürlich ist auch nicht sichergestellt, dass ein Abbruch dieser Gebäude ausgeschlossen bleibt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis unter dem Vorwand der wirtschaftlichen Abbruchreife ein Antrag auf Abbruchbewilligung bei der Baupolizei einlangt. Und wenn diese Gebäude abgebrochen werden, dann ist auch der Preisschutz des Mietrechtsgesetzes wieder weg, und dann ist auch der letzte Schutz für die Leistbarkeit weg, sehr geehrte Damen und Herren, halt dann bis 2104.
Leistbares Wohnen braucht langfristiges Denken, und mit jeder Privatisierung von städtischem Grund und Boden und auch mit jeder Vergabe von Baurecht an solche private Immobilienentwickler erweisen Sie dem leistbaren Wohnen einen Bärendienst. Ich würde mir wünschen, dass weniger auf kurzfristige Budgeteffekte geschielt wird und dass mehr langfristiges Denken Platz greift. In diesem Sinne, danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Georg Niedermühlbichler: Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich erspare Ihnen jetzt die langfristige Strategie der SPÖ-Wien für soziales Wohnen, weil dann wären wir um Mitternacht auch noch da. Zu dieser Liegenschaft hat Kollege Prack ja schon einiges gesagt, worum es geht. Diese Liegenschaft wird von der Stadt Wien nicht mehr benötigt, und daher wurde im Internet einer breiten Öffentlichkeit angeboten, sie im Baurecht zu erwerben. Das hat diese Gesellschaft gemacht und daher bitte ich um Zustimmung. Dass die WISEG nicht alle Flächen, die
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