Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 103
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk (unterbrechend): Herr Gemeinderat, ich darf Sie ersuchen, den Schlusssatz zu formulieren.
GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (fortsetzend): So wie wir Wien in die Zukunft führen, darauf können wir stolz sein, denn das belebt den Wirtschaftsstandort und den Jobmarkt. Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Ellensohn, ich erteile es ihm. Selbstgewählte Redezeit sind acht Minuten.
GR David Ellensohn (GRÜNE): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Rechnungsabschlüsse, Budgetdebatten haben natürlich etwas Dankbares, die einen beleuchten das, was sie für erfolgreich halten, und die anderen beleuchten die kritischen Punkte - mir fällt der Teil der Kritik zu. Die Bilanz der Stadtregierung der letzten eineinhalb Jahre, in der Sie funktionieren: Für mich ist es viel Klimaheuchelei, auch heute. Erstens, ich sage, erstens, aber erstens kommt schon als drittens vor, und drittens übrigens, damit wir es nicht vergessen, hätten wir noch Klima. Dann kommt jemand von der SPÖ heraus und meint, Gas war so lange eh in Ordnung, es war nur blöd, dass wir jetzt abhängig sind, aber Gas ist eigentlich ökologisch - das war hier vor einer Viertelstunde: Gas ist ökologisch. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Das war damals …) - Nein, es war nie ökologisch, das haben immer alle gewusst. Alle ExpertInnen … (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Gegen Kohle, was ihr jetzt habt, ist es vergleichsweise ökologisch!) - Das ist genau das Problem, nämlich dass es einfach wurscht ist, was ExpertInnen über Jahrzehnte sagen. Da sind Leute herinnen, die die „Club of Rome“-Berichte in den 70er Jahren schon haben lesen können oder dann in der Schule irgendetwas darüber gelernt haben, aber das ist einfach wurscht. Das ist einfach an Generationen von konservativen und sozialdemokratischen Politikern vorbeigegangen. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Zehn Jahre Koalition!) Ich habe jetzt bei Klima Heuchelei.
Jetzt haben wir mit den „Fridays for Future“ endlich eine ganze Generation, die das, was uns ExpertInnen schon ewig sagen, noch einmal deutlich vorantreibt. Das hat nicht genügt, dass die GRÜNEN - ich sage, acht Jahre Rot-Grün, denn mit Michael Ludwig war es eigentlich zu Ende. Michael Ludwig ist statt Häupl gekommen, damit war Rot-Grün meiner Meinung nach zu Ende, zumindest von einer Partei aus, die Sozialdemokratie hat nachher nicht mehr sehr viel mit uns zusammengearbeitet. Sagen wir aber, es waren acht Jahre Rot-Grün. Nein, da haben wir nicht 100 Prozent unserer Forderungen umgesetzt, nein, es war nicht möglich, irgendjemandem zu erklären, dass eine Autobahn vielleicht nicht mehr das beste Projekt für die nächsten Jahrzehnte ist. Haben die GRÜNEN überall dort, wo sie in ganz Europa regieren, genug weitergebracht? - Nein. Und warum nicht? Weil die Bremser tatsächlich bei allen anderen sitzen, bei allen anderen, weil es so eine zähe Geschichte ist. (Beifall bei den GRÜNEN.) Wir müssen ja heute noch darüber reden, ob wir in 90 Jahren immer noch gleich Auto fahren. Wir haben gerade letzte Woche 106 Millionen EUR für die Sanierung und die Weiterbenützung eines Tunnels ausgegeben. So viel haben wir in 3 Jahren nicht für Klimaanpassungsmaßnahmen ausgegeben - 106 Millionen EUR! Wisst ihr, wie viele Radwege das wären? Das ist unvorstellbar! Aber da wird getan, als ob nichts passieren würde. Und weil es so ist, ist es so zäh gewesen. Jetzt haben wir sehr viel mehr Unterstützung und jetzt haben wir die ExpertInnen, eine ganze Generation, die dazukommt. So leicht werden weder die SPÖ noch andere Parteien mit „Geht sich schon aus!“ durchkommen. Es geht sich nämlich nicht aus mit dem so weiter Machen, nicht nur wegen der Abhängigkeit von Energie, sondern weil diese Klimaheuchelei einfach Sonntagsreden sind. (GR Anton Mahdalik: Zehn Jahre wart ihr in der Koalition! Ihr seid die größten Heuchler! Zehn Jahre kassieren!) Das ist so, als ob man von Demokratie redet und dann zu Putin fährt und Selfies schießt und sagt, wir machen dort einen Vertrag. - Das hat mit Demokratie auch nichts zu tun. Und dann noch den Orbán zitieren. Das ist überhaupt ein Wahnsinn, den noch für irgendetwas als positives Beispiel zu verwenden. Das funktioniert alles nicht, das war immer schon nichts. Das war immer schon nichts, die Klimapolitik muss schnell weitergehen.
Jetzt hört man zwischendurch: Ja, aber dieses eine Gesetz, das hätte der Bund früher beschließen müssen. - Na, wer wären diejenigen früher gewesen, die es hätten machen können? Nein, darüber darf man nicht reden, weil es egal ist. Egal, dass es 40 Jahre rote Kanzlerschaft gegeben hat, in 50 Jahren in dem Bereich praktisch immer genau nichts passiert ist. Jetzt soll man nicht darüber reden, weil es nichts bringt. Jetzt wirft man es aber der grünen Ministerin vor, die in eineinhalb Jahren mehr weitergebracht hat als alle anderen in Jahrzehnten (Beifall bei den GRÜNEN), seit ich lebe. Es ist unfassbar, dass man die Chuzpe hat, das zu sagen, weil wenn man schon Schulterschluss einfordert, dann müsste man sagen: Sehr gut, dass man da jetzt vorangeht! Denn das ist nämlich leider keine Frage für die GRÜNEN, sondern das ist eine Überlebensfrage für die ganze Welt. Da geht es nicht um die GRÜNEN, da geht es darum, ob man depperte Politik oder schlaue Politik macht. Günstigerweise trifft für uns die schlaue Politik zu, aber da geht es nicht um die GRÜNEN. Wollen wir diesen Planeten retten? Soll die Stadt Wien großes Vorbild sein, so wie vor 100 Jahre beim Gemeindebau, und sagen: Wir zeigen in einer reichen Millionenstadt, wie man tatsächlich Wohlstand sichern kann, Armut so weit wie möglich vermeiden kann und ökologisch den Planeten zumindest nicht kaputter macht, als er eh schon ist. Soll man das machen? Dann höre ich bei uns: Ja! Und bei allen anderen weiß ich es nicht genau, das macht mich nervös. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Ist nicht aufgefallen, dass wir das schon machen?) - Nein, eben zu wenig, zu langsam, mutlos. Man kann nicht einen Radweg bauen und daneben wieder glauben, dass man eine Stadtstraße, einen Lobau-Tunnel, ich weiß nicht, was alles machen kann. (GR Wolfgang Seidl: Das habt ihr geplant, dank Vassilakou! - GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Dank Vassilakou!) Das geht sich einfach nicht aus. Es geht sich nicht aus, wie in den 70er Jahren weiterzumachen. (Beifall bei
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