Gemeinderat, 23. Sitzung vom 24.05.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 111
Ich habe es mir für mich selber vorgestellt: Wenn das jetzt mein Kind wäre, hätte ich doch mindestens nach zwei Wochen wissen müssen, wieso das Kind zu Hause anders ist als zuvor. Das passiert dir eh manchmal in deinem Leben, weil die ja nicht immer alle schön gleichmäßig sind - ich habe drei. Man möchte wissen, warum einer anders ist, manchmal ist es eine Streiterei mit einem Freund und manchmal ist es leider etwas Ernsthaftes wie ein Missbrauchsfall. Und wenn man das als Eltern weiß, kann man sein Kind unterstützen, wenn man als Eltern damit alleine gelassen wird, dann nicht.
Die verschärfte Variante ist, wenn man, wissend, dass es diesen Fall und diese Anzeige gibt, im Kindergarten als Elternteil dort hingeht und sagt, mein Kind ist ein bissl seltsam momentan, und als Antwort kriegt, es liegt an Ihnen zu Hause, Sie machen das schlecht, Sie erziehen das Kind falsch, ja, irgendetwas machen Sie zu Hause falsch! - Zum Zeitpunkt, an dem man weiß, dass der Fall stattgefunden hat, sagt man das Eltern, die dort hinkommen und fragen. Da wird mir schlecht, wenn ich das höre, schlecht wird mir dabei!
Da hilft alles nichts, irgendjemand muss da besser arbeiten, wenn es darum geht, die Prävention sicherzustellen. Irgendjemand muss neue Regeln aufstellen, was man tut, wenn etwas vorfällt. Es ist eh schlimm genug, 0,0 Fälle wird es auch in Zukunft nicht geben, aber dieser Umgang ist respektlos und empathielos gegenüber jedem einzelnen Kind im Kindergarten und damit gegenüber allen Kindern in der Stadt, wenn das die Regel ist: Ich sage es der MA 10 und die tut nichts, macht eine Anzeige und dann warten wir halt, was passiert. Wenn das nicht letzte Woche in der Zeitung gestanden wäre, hätte es keinen Elternabend gegeben, würden wir nicht darüber reden, würde es niemand wissen.
Ich hoffe, dass alle etwas daraus lernen, dass die Vorgangsweise in Zukunft eine andere ist. Ich hoffe, dass der zuständige Stadtrat mit seiner Kommission einen Bericht, aber nicht nur einen Bericht, sondern auch Maßnahmen, die tatsächlich etwas nutzen, vorlegen kann. Ich bin froh, dass das jetzt in dem Fall nicht in den Händen der Fraktion liegt, die - das ist nur meine Meinung - das nicht gut gemacht hat, sondern dass es jemand anderer versuchen kann, der bis jetzt davon nicht informiert war. Ich hoffe, dass das Ergebnis am Ende bedeutet, dass es den Kindern in der Stadt besser geht und falls so etwas wieder passiert, den Eltern und den Kindern besser geholfen wird. - Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Ich danke dem Herrn Gemeinderat für die Begründung. - Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bürgermeister zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Bgm Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Mitglieder des Gemeinderates!
Als Trägerin und Fördergeberin unterhält die Stadt Wien fast 90.000 Plätze in elementaren Bildungseinrichtungen. Seitens der Stadt Wien wird der Kindergarten ganz klar als erste Bildungseinrichtung gesehen. Für die Stadtregierung ist es daher von höchster Priorität, diese Kindergartenplätze nicht nur breit verfügbar, kostenfrei und mit attraktiven Öffnungszeiten anzubieten, sondern auch besonderen Wert auf Qualität zu legen. Die Eltern von Kindergartenkindern legen Tag für Tag großes Vertrauen in die Kindergärten der MA 10 sowie in die geförderten privaten Kindergärten. Für dieses Vertrauen sind insbesondere höchste Standards beim Kinderschutz unverzichtbar.
Die nun im Raum stehenden Vorwürfe gegen einen städtischen Kindergartenpädagogen machen daher uns alle sehr betroffen. Die berichteten Anschuldigungen sind schwerwiegend, und für mich als Bürgermeister stehen eine lückenlose und transparente Aufklärung der stadtinternen Vorgänge sowie eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden an erster Stelle. Dort, wo Vertrauen verloren gegangen ist, werden wir alles daransetzen, dieses wiederherzustellen. Unmissverständlich klar ist für mich, die gesamte Wiener Stadtregierung und den Magistrat, dass es bei Übergriffen auf Kinder in der Stadt keine Spur von Toleranz gibt und dass es bei derartigen Fällen auch niemals ein Zudecken oder Wegschauen geben darf. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Unmittelbar nachdem die Vorwürfe öffentlich bekannt geworden waren, ließ der zuständige Bildungsstadtrat und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr durch die weisungsfreie Kinder- und Jugendanwaltschaft eine Kommission zur Aufarbeitung der Ereignisse einsetzen. Diese Kommission wird vom Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs geleitet und arbeitet unter Beiziehung externer Expertinnen und Experten im Bereich Kinderschutz sowie der zuständigen Aufsichtsbehörde MA 11.
Die erste Arbeitssitzung dieser Kommission fand bereits vergangenen Mittwoch statt. Zudem wurde bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft auch eine telefonische Meldestelle eingerichtet. Die Ergebnisse der Kommission sollen bis zum Sommer vorliegen. Natürlich werden auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse weitere Schritte und Konsequenzen zu prüfen sein. Bekanntlich wurde weiters ein Elternabend am Standort einberufen, der vergangenen Donnerstag stattgefunden hat. Diese wichtige Aussprache am Standort fand unter Beisein der Leiterin der MA 10 sowie des genannten Kinder- und Jugendanwaltes statt. Nach dem Elternabend wurden durch den Herrn Bildungsstadtrat vergangenen Freitag weitere Maßnahmen eingeleitet mit dem Ziel, die unabhängige Aufklärung des Vorwurfs voranzutreiben.
Um das Vertrauen der Eltern wiederherzustellen, wurde mit sofortiger Wirkung eine neue Standortleitung eingesetzt. Diese wird damit befasst sein, die pädagogische Qualität am Standort aufrechtzuerhalten und das Vertrauensverhältnis wiederherzustellen. Die neue Standortleitung wird nicht in die Aufklärungsarbeiten einbezogen werden.
In der Folge wird auch eine neue Regionalleitung für den betroffenen Kindergarten zuständig sein. Das Kinderschutzzentrum Wien und das Kinderschutzzentrum die „Möwe“ werden mit der fachlichen Begleitung sowie mit der psychologischen Unterstützung der Kinder und Eltern am Standort befasst. Die Leistungen des Kinderschutzzentrums stehen allen Eltern und Kindern am Standort zur Verfügung. Ein neues Kinderschutzkonzept,
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