Gemeinderat, 20. Sitzung vom 23.02.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 94 von 128
Wir haben schon vor einem Jahr einen Antrag gestellt, mehr Mittel für Kindergesundheit zur Verfügung zu stellen. Dieser Antrag wurde von der Regierungsfraktion hier im Haus abgelehnt. Ich glaube, es steht Ihnen nicht zu, hier Vorwürfe zu machen. Bitte tun Sie überall dort, wo es möglich ist, was getan werden muss, und im Bereich Kindergesundheit, psychische Belastung von Kindern ist ganz viel zu tun.
Wie gesagt, unser Antrag fordert Psychotherapieangebote als Ergänzungsleistung zu den bestehenden Angeboten, zu den bestehenden Angeboten des Bundes. Die Initiative „Gesund durch die Krise“ ist vorige Woche ganz neu vorgestellt worden. Es gibt selbstverständlich auch in Wien Angebote - Schulsozialarbeit, Schulpsychologie -, aber ich glaube, das reicht bei Weitem nicht bezüglich der Probleme, die Kinder und Jugendliche haben, die sich durch die Pandemie verschärft haben.
Ich erinnere einfach nur mit 3 Zahlen daran: 6 von 10 Jugendlichen haben Essstörungen, über 50 Prozent haben depressive Symptome, Schlafstörungen, Suizidgedanken. Das ist eine wirklich besorgniserregende Bilanz, die die Studien immer wieder aufweisen. Es ist also dringend Handlungsbedarf gegeben, und darum ersuche ich um Zustimmung zu unserem Antrag, der fordert, dass wir Pilotprojekte für psychotherapeutische Initiativen insbesondere in Schulen einrichten, wo die Kinder vor besonderen Herausforderungen stehen.
Wir möchten, dass diese Pilotprojekte evaluiert werden und auf Basis dieser Evaluation dann ein Regelbetrieb abgeleitet wird. Das soll möglichst schnell passieren und das Angebot natürlich niederschwellig und kostenlos für die Kinder und Jugendlichen sein. Wir möchten auch die LehrerInnen, die selbstverständlich auch unter einer großen Belastung stehen, da nicht ausnehmen. Sie sollen auch einbezogen werden. Ein Angebot sollte ehebaldigst starten, und darum ersuchen wir um Zustimmung zu unserem Antrag.
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Danke für die Desinfektion. Als Nächster ist GR Gara zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Stadtrat!
Ich möchte ganz kurz auf ein paar der Anmerkungen meiner VorrednerInnen eingehen. Zuerst einmal zum Geschäftsstück selber: Es war und ist uns immer ganz wichtig, diese Mitfinanzierung der Ordensspitäler zu haben. Das ist ein ganz, ganz wesentlicher Teil der Gesundheitsversorgung in Wien und leistet auch Außerordentliches, gerade in Zeiten der Pandemie, aber natürlich nicht nur dann.
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich finde es ja von den GRÜNEN ein Stück weit eine Chuzpe, sich hier herzustellen und auf das Thema der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hinzuweisen. Natürlich ist das eines unserer wesentlichen Probleme, und ich bin ja überrascht, dass ich zu dem Thema letztendlich damals in der Regierung von Ihnen eigentlich fast nichts gehört habe.
Wenn ich mir überlege, dass vor 5 Tagen der Gesundheitsminister gemeinsam mit der Jugendstaatssekretärin eine Pressekonferenz gegeben hat und 13 Millionen EUR, also genau 12,2 Millionen EUR, für die psychosoziale Hilfe für Kinder und Jugendliche angekündigt hat, dann ist das ja gelinde gesagt ein Witz.
Auf der anderen Seite haben wir fast 1 Milliarde EUR, wo man gar nicht weiß, was die Impflotterie bedeutet. Das ist quasi „fresh money“, aber für die Impflotterie überhaupt kein Problem. Ich verlange hier ganz klar: Wir brauchen diese 1 Milliarde EUR für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Dafür sollten Sie sich einsetzen. Sie können sich doch nicht hier herstellen und über 12,2 Millionen EUR auf der Bundesebene reden und dann von Wien die konkreten Maßnahmen verlangen.
Zumal ich auch eines betonen möchte: Ich glaube, dass Ihnen nicht ganz klar ist, was Bundesverantwortung und was Landesverantwortung ist. In vielen Bereichen ist es natürlich notwendig, dass die entsprechenden Regelungen und Verträge von Seiten des Bundes kommen, ich muss schon sagen, gerade all das, was auch in Richtung der Kassenverträge, in Richtung der Österreichischen Gesundheitskasse, et cetera geht. Dort kommt die Finanzierung her.
Natürlich würden wir sofort mehr Kinder- und Jugendgesundheit fordern. Ich glaube, Sie können sich erinnern, das war eines meiner wichtigsten Themen in der Opposition. Ich habe von Anfang an gefordert, dass es die Primärversorgungseinheiten auch für Kinder und Jugendliche gibt, nicht erst jetzt, schon damals. Damals aber wurde auf der Bundesebene ein Gesetz für die Primärversorgung beschlossen, aber nicht für Kinder und Jugendliche, sondern nur im Bereich der Allgemeinmedizin. Diesbezüglich wurde also nichts gemacht. Ganz ehrlich, auch bei der Gesundheitsplattform, die wir in Wien erst seit den letzten eineinhalb Jahren haben, gibt es immer wieder einen Schwerpunkt für Kindergesundheit. Auch die Ärztekammer - Gott sei Dank, das finde ich sehr positiv - hat da jetzt erst ein Modell erarbeitet, wie ein solches Primärversorgungszentrum oder eine Primärversorgungseinheit für Kinder und Jugendliche aussehen kann.
Auf Basis dieses Vorschlages gibt es mittlerweile einige Interessenten, auch in Wien. Ich bin mit sehr, sehr vielen KinderärztInnen in Kontakt und versuche, genau das auch zu realisieren. Wir haben das erste Kinder-PVE diesbezüglich realisiert, weitere kommen. Wir haben es im Regierungsübereinkommen explizit benannt. Also sich jetzt hier herzustellen und zu sagen, na ja, wir könnten da ein bisschen etwas tun und da etwas tun, wir haben uns das ganz genau überlegt, was das heißt.
Gerade das Thema der Kinder- und Jugendgesundheit ist mir ein wirklich großes Anliegen. Auch im Bereich der Digitalisierung: Die Dinge, die Sie fordern, finde ich gut. Da müsste Gesundheitsminister Mückstein auch einmal die Verantwortlichen der ELGA beauftragen und ihnen klar sagen, was Sache ist. Natürlich, das ist in seiner Verantwortung, aber ich höre von Seiten des Gesundheitsministers diesbezüglich überhaupt nichts.
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