Gemeinderat, 20. Sitzung vom 23.02.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 128
es haben auch Abschiebungen nichts mit dem politischen Islam zu tun. Ich anerkenne aber, dass Sie unserem Antrag nahetreten, und die fachliche Diskussion können wir dann noch am Rande führen.
Ich gehe jetzt weiter zur „Muslim*Contemporary“, was eine recht eigenartige Geschichte ist. Wir haben in diesem Zusammenhang eigentlich eine sehr kleine Routineanfrage gestellt. Diese wurde dann aufgebläht zu einem eigentlich recht schlecht formulierten Brief, der von 50 Personen unterschrieben wurde. Es wurde uns antimuslimischer Rassismus vorgeworfen und dass wir die freie Ausübung der Kunst unterbinden wollten.
Das ist absurd, meine Damen und Herren, denn in keiner einzigen Silbe dieser Anfrage stand drinnen, dass diese Veranstaltung nicht stattfinden darf. Was wir aber sehr wohl gemacht haben, ist, als Oppositionspartei zu hinterfragen, kriegen die Geld, von wem kriegen sie Geld und wie viel Geld kriegen sie. Und das haben wir getan, denn das ist unsere Aufgabe in diesem Gemeinderat, zu fragen, was mit dem Steuergeld passiert.
Und ehrlicherweise war unsere Nachfrage auch gerechtfertigt, denn wir haben herausgefunden, es ist ja gar nicht so, dass die einfach nur 5.000 EUR vom Kulturressort bekommen haben, nein, sie haben 5.000 EUR vom Kulturressort aus einem Fördertopf bekommen, und sie haben noch einmal knapp 5.000 EUR vom Integrationsressort, ebenfalls aus einem Fördertopf, bekommen. Und warum erwähne ich diesen Fördertopf so? Weil das bedeutet, dass wir diese Förderung in Höhe von 10.000 EUR als Opposition kein einziges Mal gesehen haben. Wir haben den Akt nicht gesehen, wir haben die Kostenaufstellung nicht gesehen, wir haben den Inhalt nicht gesehen, wir haben nichts gesehen. Und ich möchte nicht sagen, dass Sie das bewusst, weil es vielleicht ein bisschen kritisch sein könnte, an der Opposition vorbeitragen, indem sie es in irgendwelche Fördertöpfe packen, aber ein bisschen entsteht schon der Eindruck, dass sie unangenehme Förderungen jetzt immer öfter in Töpfe packen, in Calls packen und damit völlig vorbei an der Opposition schiffen, meine Damen und Herren.
Und es ist mir auch nicht klar, was mit diesem Brief hätte erreicht werden sollen. War das eine Art der Einschüchterung der Opposition, dass wir keine kritischen Anfragen mehr stellen, oder war das ein Zeichen, dass wir bei der muslimischen Jugend nicht mehr nachfragen dürfen, oder war das ein Zeichen, dass wir bei muslimischen Veranstaltungen überhaupt nicht mehr nachfragen dürfen, weil wir sonst Rassisten sind? Schauen Sie, ich glaube, mit dieser Vermischung zwischen kritischen, gerechtfertigten Fragen und Rassismusvorwürfen tun Sie der Sache einfach keinen Dienst, denn wir als Volkspartei bekennen uns selbstverständlich zum Kampf gegen Rassismus, dort, wo es sinnvoll ist, und dort, wo es Effekte bringt. Aber wir bekennen uns auch zu einem kritischen Diskurs, und zwar über alle Strömungen, über alle Denkweisen, über alle Ideologien, und zwar auch über islamische Ideologien. Und das ist eine Errungenschaft des aufgeklärten westlichen Denkens, und diese Errungenschaft des aufgeklärten westlichen Denkens darf nicht für Tabus geopfert werden, meine Damen und Herren.
Und deswegen schließe ich mit der Ankündigung, dass wir selbstverständlich weiterhin zu allen Themen inhaltliche wie formelle Anfragen stellen werden, ob es Ihnen passt oder nicht. - Vielen Dank.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin ist Frau GRin Akcay zu Wort gemeldet. Bitte.
GRin Safak Akcay (SPÖ): Frau Vorsitzende! Werter Stadtrat! Werte Kolleginnen und Kollegen!
„NACHBARINNEN in Wien“ unterstützt Familien dabei, sprachliche oder bürokratische Barrieren abzubauen. Durch Aufklärung und Informationsvermittlung über bestehende Angebote unserer Stadt werden jene Wienerinnen und Wiener erreicht, die eher isoliert leben. Das heißt, man holt Familien in die Mitte unsere Gesellschaft und gibt ihnen die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Mir beziehungsweise der Stadt ist es auch wichtig, dass alle Wienerinnen und Wiener in dieser Stadt unabhängig von ihrer Herkunft sicher, selbstbestimmt und unabhängig leben können. Und das, meine Damen und Herren, schaffen wir nicht, indem wir beschränken, kürzen, drohen und bestrafen. So können Herausforderungen in unserer Gesellschaft nicht gelöst werden, meine Damen und Herren, sondern indem wir über Herausforderungen in unserer Gesellschaft miteinander, offen und auf Augenhöhe diskutieren. Denn je stärker eine Wienerin oder ein Wiener sich als Teil der Gesellschaft sieht, je weniger Diskriminierung sie erleben, je bessere Bildungs- und Jobaussichten sie haben, desto stärker ist auch die Bindung zu unserer Stadt beziehungsweise zu Österreich. Das ist eigentlich, meine Damen und Herren, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, jedem einen Platz in unserer Gesellschaft zu geben, damit sie so schnell wie möglich auf eigenen Beinen stehen können.
Wir als Stadt, meine Damen und Herren, sind überzeugt, dass Demokratie einfach erlernbar ist. Dazu gibt es ja auch jüngst die Programme wie „Respekt: Gemeinsam stärker“, wo es eigentlich um die Stärkung von Mädchen und Burschen geht und auf Themen wie Selbstwert, Sexualität und Homophobie gesetzt wird. „Werkstadt Junges Wien“ ist auch so eine Möglichkeit der Teilhabe, und mit vielen anderen Maßnahmen und Projekten versuchen wir, die Leute, die in dieser Stadt leben, auch mitzuziehen. Auch mit dem Wiener „Netzwerk Demokratiekultur und Prävention“ arbeiten wir gegen jede Form von Radikalisierung.
Und dass man sich dann allein hier herstellt und sagt, ja, da gibt es eine Gruppe, und dann zeigt man mit dem Finger, das reicht nicht, meine Damen und Herren. Sie haben im Bund zwar auch ein Netzwerk durch den Druck der Stadt Wien gegründet, haben ein Strategiepapier, binden aber auch nicht die Opposition ein und haben überhaupt keine Programme und überhaupt keine Maßnahmen. Also da glaube ich schon, dass es endlich an der Zeit wäre, hier auch einmal sozusagen in die Gänge zu kommen. Denn dass man nur wissenschaftliche Ergebnisse über etwas hat, reicht meines Erachtens nicht.
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