Gemeinderat, 14. Sitzung vom 28.10.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 92
Kurz dieses System erfunden und entwickelt hat, das gab es vorher schon. Ihr Vorgänger Werner Faymann hat dieses System aufbereitet.“, gesagt hat: „Ich muss sagen, das ist eine der echten Erbsünden und einer der gravierendsten Fehler, die auch die SPÖ mitzuverantworten hat. Man hat die Methode begonnen, die Kurz zur Meisterschaft entwickelt hat. Ich könnte Ihnen lange erzählen, was ich in dieser Zeit alles falsch gemacht habe, aber hier nicht entschlossener von der ersten Minute an etwas gesagt zu haben, war sicher einer der größten. Das hätte man aus demokratiepolitischer Räson machen müssen. Das schwebt über allem drüber in diesem Land, das ist so eine Geißel geworden, so ein Krebsgeschwür unserer Demokratie. Dass ich dieses System der Inseratenvergabe nicht entschlossener bekämpft habe, mache ich mir selber zum Vorwurf.“ - Das hat der Christian Kern gesagt, und das ist in Wahrheit die Anklage, die die SPÖ in Wien zu tragen hat, aus den eigenen Reihen, das ist leider Gottes so.
Ich glaube, das Verhältnis zwischen der Regierungspolitik und den Medien ist ja kein gutes. Wir haben das vor zwei Jahren bei StRin Sima miterlebt, man hat gemunkelt, dass sie sich geweigert hat, die Inserate der Stadtwerke weiterhin in einer Zeitung zu schalten. Was ist gewesen? 14 Tage später haben sie geschrieben, Sima rücktrittsreif, dann später wurde geschrieben, Sima ist schon fast rückgetreten, Ludwig vertraut Sima nicht mehr, und so weiter, und so fort. So werden auch von Medien Politiker mürbe gemacht, das ist keine gute Situation. Aber ich habe es auch umkehrt erlebt und heute schon einmal erwähnt, dass, wenn ein Journalist kritisch über ein Stadtregierungsmitglied der SPÖ in Wien schreibt, der Journalist von der Chefredaktion gebeten wurde, in das Stadtratbüro zu kommen, um ein freundliches Interview zu machen, als Wiedergutmachung. Der Journalist hat das Medium verlassen müssen. Und das ist das, was wir uns echt überlegen müssen: Was machen wir mit den unabhängigen Journalisten? Was machen die Politik und die Regierungspolitik mit unabhängigen Journalisten? Wir reden alle groß von der Meinungsfreiheit und der journalistischen Freiheit und am Ende des Tages passiert nebenbei genau so etwas. Wir sollten nämlich genau die Journalisten unterstützen, die unabhängig schreiben wollen.
Und zum Thema der GRÜNEN: Ich habe das ja vorher schon kurz angesprochen und der Bgm Ludwig hat auch etwas gesagt, er gibt so der Hoffnung Ausdruck, dass nicht ein Grüner in irgendeiner Art und Weise Inserate an „Österreich“ vergibt, oder so irgendetwas. Ich vermute, Sie wissen mehr, wir werden es vielleicht in den nächsten Tagen lesen.
Ich kann Ihnen ein bisschen unter die Arme greifen, ich stelle nämlich einen Beschlussantrag: Der Wiener Gemeinderat fordert die zuständige Amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen auf, Sonderprüfungen durch den genossenschaftlichen Revisionsverband hinsichtlich der Inseratenschaltung und Medienpolitik der Gesiba zu beauftragen.
Und, lieber Herr Ellensohn, Ihr Klubdirektor ist Aufsichtsrat in der Gesiba, das heißt, wenn dort irgendetwas passiert sein sollte, sitzt ihr mittendrinnen, wenn Ihr Klubdirektor dort im Aufsichtsrat sitzt. (Zwischenruf.) - Ihr habt ja keinen? Ah, Klubmitarbeiter, wurscht, wurscht, ihr sitzt dann mittendrinnen und ihr wisst das auch ganz genau. Ich freue mich ja schon auf die Veröffentlichung vom Bgm Ludwig, der uns dann die GRÜNEN nennen wird, die in den letzten zehn Jahren ganz brav bei den Inseratenschaltungen mitgemacht haben. - Danke sehr.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Zu Wort gelangt GR Dipl.-Ing. Margulies. Bitte.
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich hab‘ mir meinen Einstieg überlegt und alle drei Minuten neu verworfen. Eigentlich bin ich fassungslos, fassungslos über den Ablauf der Debatte, dass es zwei Fraktionen gibt, nämlich die GRÜNEN und die NEOS, die den Ernst der Situation erkennen, und drei Fraktionen, Freiheitliche, ÖVP und Sozialdemokratie, die bei mir den Eindruck erwecken, dass sie überhaupt nicht sehen, was da gegenwärtig in der Medienlandschaft passiert. Es macht mich wirklich fassungslos, die Wortmeldungen, die da zum Teil kommen. Jetzt ganz ehrlich, an Sie alle, ist für Sie die Zeitschrift „Österreich“ eine normale Zeitung? Ist das normal, was da momentan in „Österreich“ in Österreich passiert? Und da geht es mir überhaupt nicht darum, wer ist wofür verantwortlich, und ich schicke Ihnen gleich eine Geschichte vorweg: Wir haben als GRÜNE im letzten Wiener Wahlkampf kein einziges Inserat in der Zeitung „Österreich“ geschaltet. Ich halte es für falsch, wenn die Bundesregierung in der Zeitung „Österreich“ schaltet, ich halte es auch nicht für richtiger, wenn von grünen Ministerien irgendetwas in der Zeitung „Österreich“ geschaltet wird, und ich halte es für falsch, wenn die Stadt Wien in der Zeitung „Österreich“ schaltet.
Jetzt ganz ehrlich, wir reden über Medienvielfalt. Haben Sie den Eindruck, dass diese Zeitung einen Beitrag zur Medienvielfalt oder eher zur Medieneinfalt leistet? Ich glaube, die Antwort ist klar. Niemandem in Österreich würde diese Zeitung abgehen, eine Zeitung, die öfter als alle anderen Fake News verbreitet, die in die Gehirne der Menschen eindringt und nicht das Beste, sondern eher das Schlechteste versucht, irgendwie zum Vorschein zu bringen. Das ist das Medienimperium. Und wer die Beiträge von Kern, Mitterlehner, der ehemaligen Außenministerin Kneissl und viele anderen gelesen hat, weiß, mit welchen Methoden der Herausgeber seine Medienmacht einsetzt.
Und das halten Sie alle für normal? Jetzt ernsthaft, ein bisschen eine Einsicht hätte ich mir gewünscht. Ein bisschen eine Einsicht, wo Sie mir glauben können, dass ich hoffe, dass es uns in der Bundesregierung gelingt, wenn die bestehenden Verträge, die schon länger ausgelaufen sind, nicht mehr in „Österreich“ inseriert werden, bis geklärt ist, wie das Strafverfahren ausgeht. Dasselbe würden wir uns für Wien wünschen, selbstverständlich, denn das, was momentan passiert, ist ja eine
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