Gemeinderat, 12. Sitzung vom 28.06.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 84 von 106
Jetzt natürlich zu meinem zweiten Lieblingsthema: Letzte Woche am Donnerstag durften wir im Landtag die Mindestsicherung in Wien ein wenig diskutieren. Kurz zu Beginn. Wie hat das Ganze in Wien begonnen? Im Jahr 2000 hatten wir 41.800 Bezieher, im Jahr 2010 ungefähr vergleichbar so viele wie im Jahr 2020, nämlich nicht ganz 130.000. Das Problem ist jetzt, im Jahr 2010 haben noch 76 Prozent der Mindestsicherungsbezieher die österreichische Staatsbürgerschaft gehabt, mittlerweile sind wir so weit, dass nur mehr 43,7 Prozent die Staatsbürgerschaft haben, Tendenz stark sinkend.
Und das ist natürlich der Wahnsinn! Mittlerweile geben wir im Jahr über 600 Millionen EUR nur in Wien aus, das sind also keine Österreich-weiten Zahlen, und wenn man sich eben vergleichbar große Bundesländer ansieht: Niederösterreich kommt mit 65 Millionen aus, Oberösterreich mit 39 Millionen und die Steiermark mit 50 Millionen. Wenn ich dann auf der anderen Seite sehe, dass Wien 600 Millionen braucht, dann brauche ich doch mehr oder weniger nicht den großen Hausverstand, sondern das sagt mir die Logik, nur, wenn ich die Zahlen nebeneinanderlege, dass da irgendetwas nicht stimmt.
Wir haben euch, ich weiß nicht, wie oft, erzählt, warum und wieso es da notwendig Reformen braucht, warum und wieso es unbedingt notwendig ist, die bundesgesetzlichen Vorgaben eins zu eins umzusetzen, denn wir werden auch in den nächsten Jahren, befürchte ich, 600 bis 700 Millionen EUR im Jahr in Wien ausgeben. Das sind in einer Legislaturperiode 3,5 bis 4 Milliarden EUR, meine Damen und Herren, und die haben wir nicht, wir haben diesen Polster nicht.
Heute wurde vom Finanzstadtrat ja angekündigt, was er nicht alles bauen will: Ich meine, eure Fortune im Bauen sieht man beim Krankenhaus Nord, eure Fortune im Bauen hat man bei der Feuerwache in Wien gesehen, eure Fortune im Bauen hat man beim Prater-Vorplatz gesehen. Jetzt kommen die nächsten Geschichten, der U-Bahn-Ausbau. Das wird sich auch nicht um das Geld, das ihr euch vorstellt, ausgehen.
Dann werden wir die nächste Geschichte mit dem Busterminal haben. Ich weiß, das ist jetzt nicht die Problematik, die wir im Gesundheitsbereich haben, aber uns wird am Ende des Tages das Geld fehlen, denn im Gegensatz zu euch glaube ich halt nicht, dass das Geld aus dem Bankomat kommt. Das ist das Problem, das wir mit euch haben. Das ist auch der Grund, warum und wieso wir diesem Rechnungsabschluss unter Garantie nicht zustimmen können.
Da ich ja zur Mindestsicherung gesprochen habe und mir nicht 100-prozentig sicher bin, ob ich nicht doch vielleicht am Ende des Tages noch die eine oder andere Minute brauchen werde, möchte ich jetzt schon die beiden Beschlussanträge einbringen.
Der erste Antrag ist die Aufstockung der Anzahl der Kassenärztestellen für Kinder-, Jugend- und Erwachsenenpsychiatrie. Hier wird die sofortige Abstimmung beantragt.
Der zweite Antrag ist die Verlängerung der Gratis-Covid-Tests. Da möchte ich schon auch noch ein bisschen etwas dazu sagen, denn in Vorarlberg, habe ich heute gelesen, läuft die Gratis-Covid-Testgeschichte mit Ende Juli aus. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, ich befürchte, das wird auch in Wien so sein. Vielleicht nicht mit Ende Juli, aber im Herbst wird es dann soweit sein, dass ihr irgendwann einmal sagt: So, Gratisgeschichten sind erledigt. Ab jetzt hat jeder zu bezahlen oder er muss sich impfen. Das ist de facto eine Impfpflicht, die wir nicht wollen.
Wie gesagt, meine Damen und Herren, das sind die Gründe, warum und wieso wir heute, sprich, morgen, nicht zustimmen werden. Danke.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Der nächste Redner ist Herr GR Dipl.-Ing. Gara. Ich erteile ihm das Wort.
GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Geschätzter Stadtrat! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte Kollegen Seidl gleich beruhigen: Die Gratistests gibt es natürlich auch weiter in Wien. Das ist vollkommen logisch. Ich glaube, Wien ist auch das einzige Bundesland, das die Testkapazitäten aufgestockt hat, während alle anderen Bundesländer die Testkapazitäten abbauen, was aus meiner Sicht völlig unverantwortlich ist, weil wir alle sehen, dass die neue Welle mit der Delta-Variante auch auf uns zurollt. Wir sehen das in Portugal, wir sehen das in Moskau, wir sehen das in vielen Ländern, und deswegen ist es selbstverständlich, dass wir auch weiterhin ein enges Testkorsett aufrechterhalten, natürlich auch mit dem höchsten Standard, nämlich dem PCR-Test.
Lassen Sie mich einen kurzen Blick zurück auf dieses letzte Jahr machen, und da muss man schon sagen, es war für das Wiener Gesundheitssystem, es war für die Menschen in den Einrichtungen des Wiener Gesundheitssystems wirklich ein ausgesprochen anspruchsvolles Jahr. Es war wie eine Welle, wie ein Tsunami, der auf viele Bereiche hereingebrochen ist, wobei man gar nicht wusste, was da auf uns zukommt, auch viel Unerfahrenheit geherrscht hat, vieles auch nicht in irgendeiner Form erprobt war, also sehr viel experimentiert werden musste.
Wenn Sie sich noch an den Beschaffungskampf um Masken, um Schutzausrüstungen zurückerinnern, weltweit, in Europa, als die Staaten untereinander eigentlich gekämpft haben, blockiert haben, Beschaffungen aus Asien. Wir haben es in Wien damals doch geschafft haben, eine Beschaffungsstruktur aufzubauen und auch sicherzustellen, dass nicht nur in den Wiener Spitälern ausreichend Masken, Schutzausrüstungen vorhanden sind, sondern insgesamt auch für die Gesundheitsversorgung in Wien, vor allem auch im niedergelassenen Bereich. Hier gab es große, große Defizite, sehr viel Unsicherheit bei den Menschen, und das ist auch verständlich. Die Anlaufschwierigkeiten haben alle gehabt, aber das hat in Wien eigentlich sehr gut geklappt.
Der zweite Bereich, der ganz zentral war, und auch das war komplettes Neuland, war der Aufbau einer Testinfrastruktur, am Anfang mit ganz unterschiedlichen Qualitäten an Tests, die aus Asien gekommen sind, wobei auch nicht klar war, wo wie was wie gut funktioniert, was auf das Virus tatsächlich anspricht, wie sensi
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