Gemeinderat, 11. Sitzung vom 23.06.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 109
gibt es also einen Fördertopf für Projekte für Klimaschutz und Klimawandelanpassung, wo jetzt die BürgerInnen Anträge einbringen können und sich auch daran beteiligen können, also darüber abstimmen können, was gefördert wird und was nicht. Das ist grundsätzlich positiv, nur drehen Sie da an den kleinen Schrauben, das ist Bürgerbeteiligung light. Die Klimakrise ist keine Herausforderung, die Klimakrise ist eine Bedrohung und wir müssen an die großen Dinge denken. Wir müssen die BürgerInnen an den großen Strategien und an den großen Vorhaben der Stadt beteiligen.
Wir haben dazu auch einen Antrag eingebracht, nämlich auf das Einsetzen eines BürgerInnenrats ergänzend zum wissenschaftlichen Klimarat, den Sie abgelehnt haben. Dieser BürgerInnenrat hätte nach dem Pariser Vorbild gearbeitet. Er hätte einen Querschnitt der Bevölkerung abgebildet, er hätte gezeigt, dass Menschen bereit sind, mehr für den Klimaschutz zu unternehmen, dass sie bereit für radikale Maßnahmen sind, die notwendig sind, dass sie weiter sind als die Politik. Das haben Sie verhindert und deswegen kann ich Sie beim Thema BürgerInnenbeteiligung leider nicht ernst nehmen.
Ich kann Sie auch nicht ernst nehmen beim Thema BürgerInnenbeteiligung, wenn man sich anschaut, was beim Naschmarkt passiert. In Mariahilf haben Sie jetzt quasi auf das BürgerInnenbeteiligungsverfahren gepfiffen, Sie warten nicht ab, was dabei herauskommt, sondern legen fest, dass es jetzt schon bestimmte Kriterien geben soll. Sie haben also schon Vorgaben im Beteiligungsverfahren festgelegt, ohne das Ergebnis abzuwarten. Sie nehmen nicht einmal Ihre eigene Bezirksvertretung ernst, die einstimmig beschlossen hat, das eben nicht zu tun. Also nein, beim Thema BürgerInnenbeteiligung kann man Sie nicht ernst nehmen.
Ich nehme Ihnen auch nicht ab, dass Sie den wissenschaftlichen Klimarat der Stadt Wien ernst nehmen. (Zwischenruf.) Warum befragen Sie nicht den Klimarat, was er zur Lobau-Autobahn oder zur Stadtstraße sagt? Warum befragen Sie den Klimarat nicht? - Na, weil dieser diesbezüglich nicht in Jubelstimmung ausbrechen wird, das kann ich Ihnen gleich sagen. Wir brauchen also eine echte Verkehrswende. Wir finden im Regierungsprogramm kein Wort zu Maßnahmen, was die Steigerung des Radverkehrs betrifft, Sie pfeifen auf BürgerInnenbeteiligung, Sie pfeifen auf den Klimarat und Sie pfeifen auf die Verkehrswende.
Es tut mir leid, Herr Stadtrat, dass Sie in Ihrem Ressort wirklich Fortschritte erlangen, aber dass diese Fortschritte leider verlorene Liebesmüh sind, wenn in anderen Bereichen, für die die Stadt zuständig ist, wenn auf der anderen Seite das ausgeblasen wird, was Sie in Ihrem Ressort einsparen. Das tut mir leid, und ich hoffe, dass Sie sich in Ihrem Team stärker durchsetzen können, denn ich kaufe Ihnen wirklich ab, dass Ihnen der Klimaschutz wichtig ist. Das trifft leider nicht auf alle in Ihrer Regierung zu. - Danke schön.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Mantl. Herr Gemeinderat, Sie sind am Wort, bitte.
GR Dr. Josef Mantl, MA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hoher Gemeinderat!
Es ist soweit, der lang ersehnte Sommer steht vor der Tür. Viele freuen sich auf die Ferien. Der längst verdiente Urlaub rückt näher. Viele Wienerinnen und Wiener entscheiden sich dafür, im heißesten Monat, im Juli, die Stadt zu meiden und aufs Land oder ans Meer zu fahren. Auf der Suche nach Abkühlung suchen viele urbane Bewohnerinnen und Bewohner das Weite und legen dafür auch viele Kilometer zurück - fair enough, verdienter Urlaub. Im Juli wird es in Wien sehr heiß und die Auswirkungen des Klimawandels sind an vielen Stellen unserer Stadt besonders spürbar. Das zeigt uns ein Mal mehr: Klimaschutz geht uns alle an. Unser Ziel muss ungebrochen sein, und ich kann es nicht oft genug sagen, dass wir unsere Stadt gemeinsam zukunftsfit und klimagerecht gestalten müssen, damit unser wunderschönes Wien auch im Juli zu genießen ist.
Besonders traurig finde ich es aus politischer Sicht aber schon, dass nicht einmal im heißesten Monat etwas aus dem Klimaausschuss auf der Tagesordnung steht und darüber debattiert wird. Vor allem sorgt der aktuelle Energiebericht nicht besonders für Beruhigung. Während viele Städte in Europa weiterhin eifrig an den Klimaschutzmaßnahmen arbeiten, ist die Stadt Wien am Chillen. Auf Seite 41 des Energieberichts der Stadt Wien wird verdeutlicht, dass der Anteil an erneuerbarer Energie am Wiener Endenergieverbrauch abnimmt. Ebenfalls zeigt der Bericht auf Seite 53, dass einerseits der Anteil an erneuerbarer Energie, und auf Seite 56, dass andererseits der Anteil an erneuerbaren Energieträgern an der Gesamtstromerzeugung abnehmen. Der neueste Wiener Energiebericht hat leider wieder bestätigt, was wir seit Langem kritisieren: Die Stadt Wien ist in Sachen erneuerbaren Energien nicht nur im Schneckentempo unterwegs, es scheint, als wäre sie im Rückwärtsgang, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Der Boom um erneuerbare Energien ist kein Zufall. Photovoltaikanlagen gelten als die Energieträger der Zukunft. Die Vorteile der Anlagen sind enorm. Sie stellen eine Lösung dar, um unseren zukünftigen Strombedarf zu decken und gleichzeitig unsere Umwelt zu schonen. Energetisch amortisiert sich eine Photovoltaikanlage nach weniger als drei Jahren. Betrachtet man den kompletten Lebenszyklus von der Herstellung bis zur Entsorgung, dann leisten Photovoltaikanlagen einen großen Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstoßes. Noch dazu muss für Photovoltaikanlagen kein zusätzlicher Platz geschaffen werden, denn Solaranlagen können auf bereits bestehenden Dachflächen oder Fassaden angebracht werden. Dennoch sind gerade einmal 7 von rund 2.000 Gemeindebauten mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Im Jahr 2019 wurden auf gerade einmal 8 Objekten der Stadt Wien Photovoltaikanlagen errichtet, und es gibt knappe 25 Photovoltaikanlagen auf Wiener Schulen.
Meine Damen und Herren, wenn die neueste Technologie für erneuerbare Energien das aktuellste iPhone darstellt, dann telefoniert die Stadt Wien mit einem Nokia Tastenhandy. Die Anpassung der Klimaneutralität war
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