Gemeinderat, 9. Sitzung vom 28.04.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 99 von 114
gebracht, es ist auch die Rede von mehrfacher Einbringung und von weiteren Problemen.
Beim krassesten Beispiel geht es um den momentanen Vergabeskandal bei den Sicherheitsleistungen. Auch da an die Adresse der GRÜNEN: Bitte Zeitung lesen wegen Sicherheitsleistungen! Ich weiß nicht, ob es die FPÖ auch gesagt hat, das wurde widerrufen. Aber es macht das, was hier passiert ist, trotzdem nicht weniger schlimm. Ich habe gesehen, jemand von den NEOS hat sich jetzt eh nachgemeldet. Ich hätte gerne wirklich einmal eine Erklärung, was hier eigentlich los ist. Wir haben in den letzten Jahren Sicherheitsleistungen von 10.000 bis 40.000 EUR gehabt. Jetzt haben wir 340.000 EUR ausgeschrieben, das ist des 34-Fache! Das ist unfassbar! Sie, Herr Stadtrat, haben gesagt, es gab eine Sicherheitsempfehlung. Wir haben als Indiz Polizeieinsätze abgefragt - ich finde, das ist jetzt nicht so ein schlechtes Surrogat-Barometer -: Es sind in den letzten Jahren um zwei Drittel weniger geworden. Da frage ich mich auch: Braucht es jetzt diese Leistungen? - Jetzt werden diese in der letzten Sekunde widerrufen, Corona wird als Grund angegeben. Gab es Corona nicht schon am Anfang, als die Ausschreibung begonnen hat? - Insider berichten uns, dass das eine zugeschnittene Vergabe sein sollte. Es ist auf jeden Fall mehr als aufklärungsbedürftig. Ich würde mich sehr über eine Aufklärung durch die NEOS hier freuen.
Es ist ja nicht nur dieser Vergabeskandal, es ist die allgemeine Situation, die Sie geerbt haben, das ist mir völlig klar, aber durch so etwas wie so ein Herumlavieren wie hier bei dem Vergabeskandal macht man sich mitverantwortlich und wird zu einem Erfüllungsgehilfen der SPÖ-Wien.
Was braucht es jetzt? - Das, was wir heute beschließen, ist sicher ein erster guter Schritt. Mehr Ressourcen sind ja auch notwendig, die müssen aber jedenfalls effizient eingesetzt werden. Ich glaube, da sind wir uns auch alle einig. Die Situation zeigt da einen Management-, einen Organisationsmangel. Deswegen braucht es auch eine Optimierung der Prozesse. Wir haben einen neuen Stadtrat, wir haben einen neuen Abteilungsleiter, und ich bin durchaus davon überzeugt, dass da eben ein Reformwille auf jeden Fall dabei ist. Aber wenn ich so etwas wie diese Sicherheitsleistungen sehe, dann denke ich immer nur an den Spruch von Ihnen zu den GRÜNEN, dass die von den Aufdeckern zu den Zudeckern werden. Jetzt ist der erste Test da, nach ein paar Wochen, und ich muss leider sagen, dass ist auch der erste Weg von den Aufdeckern zu den Zudeckern. Ja, es gibt erste gute Ansätze für eine Reform der MA 35, aber da darf es auf keinen Fall zu einem Stillstand kommen. Ich glaube, durch unsere Kritik ist es auch zu einer ordentlichen Bewegung in dem ganzen Thema gekommen. Man darf aber keinesfalls auf halbem Weg stehen bleiben und man darf keinesfalls zum Gehilfen der SPÖ auch beim Thema Reformstillstand werden. - Danke.
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Danke für die Desinfektion. Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Stürzenbecher. Ich erteile es ihm.
GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Vielleicht nicht zum Tagesordnungspunkt, sondern eine generelle Bemerkung: Vielleicht können jene, die da desinfizieren, nicht immer ein derartiges Übermaß an Nässe zurücklassen, sodass dann die Blätter, wenn man sie hinlegt, nicht mehr lesbar sind, weil sie da untergehen. Desinfizieren heißt also dann auch abwischen. Das war jetzt vielleicht ein sehr profaner, von manchen aber doch als notwendig erachteter Einstieg.
Zur Sache selbst: Es ist sicher nicht leicht, bei einem Aufgabengebiet, wie es die Magistratsabteilung 35 hat, und das ist ein außerordentlich schwieriges Aufgabengebiet, ohne jeden Fehler von jedem einzelnen Mitarbeiter voranzukommen. Das ist unmöglich, Fehler passieren. Worum es schon geht, ist, dass man natürlich schaut, dass die Fehler so wenige wie möglich sind, dass sie so selten wie möglich sind und dass man schaut, dass die Arbeit so gut wie irgendwie möglich abläuft.
Dafür ist ja auch im Regierungsprogramm drin, dass es eine Reform und einen strukturierten Weiterentwicklungsprozess der Behörde gibt, der im Laufen ist. Das schaut auch gut aus, aber bei diesem Aufgabengebiet wird es immer wieder Schwierigkeiten geben. Man muss sich nur Folgendes vorstellen: Die Brexit-Sachen zum Beispiel haben nicht wir verursacht, sondern wegen des Herr Johnson und der Brexit-Leute in Großbritannien steigt eben das Vereinigte Königsreich aus der Europäischen Union aus. Allein das bedingt bei uns zusätzliche 150.000 Anträge, und das ist doch nicht irgendetwas. - Das ist ein Beispiel.
Dann gibt es das, was ich sehr schätze - es war, glaube ich, ursprünglich eine SPÖ-Initiative -, dass man den Nachkommen von Geflohenen des NS-Regimes die Staatsbürgerschaft verleiht, also eine gute Sache. Das Parlament hat es allerdings so beschlossen, dass es quasi die exzessivste Auslegungsmöglichkeit gibt, also bis in die 20er Jahre, und so weiter und bis 1955, aber ist okay. Das hat das Parlament einstimmig, soviel ich weiß, beschlossen. Es ist natürlich ein gutes Gesetz, aber wir haben es zu exekutieren, und das sind sehr viele Anträge, die da jetzt kommen, die alle dazukommen. Da muss man natürlich das Personal aufstocken.
Das Dritte ist natürlich, dass das Staatsbürgerschaftsrecht sehr kompliziert ist, dass sich dauernd etwas ändert und dass man ständig neue Rechtslagen nicht nur beim Staatsbürgerschaftsrecht - das hat sich noch nicht so oft geändert -, aber bei den sonstigen die ausländischen Mitbürger betreffenden Gesetze hat. Alle Gesetze, die von der MA 35 zu vollziehen sind, sind sehr kompliziert, ändern sich ständig und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen ständig neu geschult werden. Das ist wirklich nicht einfach. Also sich hier herzustellen, wie es jetzt Kollege Kunrath, der das ja zehn Jahre mitverantwortet hat, gemacht hat, und dann plötzlich zu sagen, dass er eigentlich alles viel besser wüsste, ist eine relativ interessante Herangehensweise, sagen wir einmal so. - Das sind also jetzt einmal drei Faktoren.
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