Gemeinderat, 9. Sitzung vom 28.04.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 83 von 114
Und das tun wir in diesem Antrag, und das tut auch die FPÖ in ihrem Antrag. Deswegen finde ich es ein bisschen läppisch, das so vom Tisch zu wischen, das hatten wir alles schon. Ja, wir hatten es, und ich bin unglaublich stolz und dankbar, in einer Stadt zu leben, die Armeniern eine neue sichere Heimat gibt und die die Menschenrechte hochhält. Aber ich sehe das nicht als Grund, dass wir das nicht weiter tun. Es passiert ein neuer Krieg, es passieren neue Verbrechen, und selbstverständlich können wir darauf reagieren und müssen wir darauf reagieren. Und das ist der Hintergrund für unseren Antrag, sehr geehrter Herr Kollege.
Ich möchte noch zwei Sätze zum Thema Gedenkkultur sagen. Wir verfallen ein bisschen in die Gewohnheit, zu sagen, wir gedenken, um zu … Wir gedenken, um irgendeinen Zweck zu erfüllen, einen politischen Zweck, einen tagespolitischen Zweck im allerschlimmsten Fall, wir gedenken, um zu erinnern oder um zu lernen für die Zukunft, wir gedenken vielleicht, um Frieden zu stiften. Aber ich denke, dass Gedenken auch für sich selbst stehen kann. Also wir gedenken nicht, um zu, sondern wir gedenken, weil etwas Schreckliches passiert ist, wir gedenken, weil das, was passiert ist, die Wahrheit ist, und weil es jemanden braucht, der diese Wahrheit in Worte fasst. Und das kann nicht oft genug so sein. Und das ist egal, bei welchem Konflikt und bei welcher Menschenrechtsverletzung und bei welchem Genozid, der im letzten Jahrhundert passiert ist, es muss in Worte gefasst werden. Es muss immer in Worte gefasst werden, und zwar nicht, um einen politischen Zweck zu erfüllen oder gegen jemanden aufzutreten oder vielleicht zu taktieren, ob das mit der Türkei gescheit ist oder nicht gescheit oder ein Zeichen zu setzen, nein, darum geht es nicht. Zu gedenken darf kein politisches Mittel sein, so wie Geschichtsschreibung und Geschichtsinterpretation kein politisches Mittel sein darf. Es muss für sich selbst stehen und es ist der Wahrheit verpflichtet, und sonst nichts. Und in diesem Gedanken ist auch unser Antrag noch einmal eingebracht worden, weil uns das Thema wirklich wichtig ist, das Gedenken hochzuhalten, den hier wohnhaften Armenierinnen und Armeniern zu zeigen, wir sind eine Heimat, die euch Respekt gegenüberbringt, die euch anerkennt, eure Geschichte anerkennt, und das noch einmal zu verdeutlichen im Zeichen des aktuellen Konfliktes mit Aserbaidschan.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Frau Kollegin, Sie bringen jetzt den Antrag nicht ein? Okay, der Kollege bringt ihn, dann habe ich es richtig verstanden. - Als Nächster gelangt Herr GR Florianschütz zu Wort.
GR Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Zum Antrag selbst oder zu den Geschäftsstücken: Die vier Geschäftsstücke deuten an und stellen sicher, dass Wien erstens eine Menschenrechtsstadt und zweitens eine Integrationsstadt ist. Es geht um vier Vereine unterschiedlichster Herkunft, die sich mit der Frage beschäftigen, wie kann es uns gelingen, Menschen, die in unsere Stadt gekommen sind, mit unterschiedlichen Hürden, mit unterschiedlichen Vorerfahrungen, möglichst gut in unsere Gesellschaft einzuführen, sie zu unterstützen und ihnen zu helfen, unter bestimmten Vorbedingungen wohl, wie zum Beispiel dem Erwerb der Sprache, bei dem wir ihnen helfen, aber unter Garantie der Beibehaltung ihrer Identität und ihrer eigenen Kultur, also einen Beitrag zum Schmelztiegel, zum Melting Pot Wien zu leisten.
Ich bedanke mich ausdrücklich, dass diese Anträge so gestellt sind, Frau Berichterstatterin, das ist ein wichtiger Beitrag für die Integration. Ich bedanke mich beim Herrn Amtsführenden Stadtrat, weil es ein Zeichen dafür ist, was in Wien alles Positives geschieht. An und für sich müsste man sagen, warum und wieso was zu fördern ist, aber die Kollegin Emmerling hat es ja ausführlich begründet, in einzelnen Projekten, und dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Sie hat hundertprozentig recht, jawohl, das ist so. Und dann müsste man sagen, okay, Schwamm drüber, stimmen wir zu, alles ist gut. Nur nicht alle stimmen zu, das weiß ich schon, aber die Guten stimmen halt zu.
Und dann taucht ein Fall auf, des Studenten Ahmed Samir Abdelhay Ali. Das ist so ein junger Mann, der in unsere Stadt gekommen ist, gemeinsam mit seiner Universität. - Es ist eigentlich komisch, dass die Leute dann mit der Universität nach Wien reisen müssen, um der Unterdrückung zu entgehen. - Er kommt also nach Wien in unsere Stadt und lernt hier das, was dauernd von Integration verlangt wird, also Toleranz, Meinungsfreiheit, kritische Auseinandersetzung, und so weiter, und so fort. Und dann fährt er heim nach Ägypten und lebt, was er bei uns in der Gesellschaft gelernt hat, was ihm diese Vereine beigebracht haben, was wir ihm auf der Universität beigebracht haben, also ein freies Denken. Und schwuppdiwupp ist der Mann ein Terrorist und sitzt im Gefängnis.
Aber es kann nicht sein, meine Damen und Herren. Das kann nicht sein, weil das auf den Kopf stellen würde, was wir mit Freiheit und Integration in dieser Stadt transportieren wollen. Wir wollten nicht haben, dass der eine Lederhose anzieht, wir wollten nicht einmal haben, dass er Österreicher wird, wir wollten haben, dass er die westliche Zivilisation und ihre Werte übernimmt. Hat er gemacht, juhu, aber zu seinem Schaden offensichtlich. In dem Zusammenhang, wenn wir nachher über Syrien reden, ich bin mir bei Ägypten nicht sicher, ob Ägypten ein sicheres Drittland ist, angesichts der Umstände, die ich da höre. Aber das will ich gerade gar nicht diskutieren, denn ich bin ja nicht das Außenministerium, ich denke das als Wiener Bürger. Das heißt, ich würde jetzt zum Beispiel Freunden von mir raten, nur vorsichtig in Ägypten einzureisen, und ich täte nicht hinfahren. Denn was weiß ich, was mir dort alles passieren könnte, vom Rechtsstaat weit entfernt. Und das trifft jetzt diesen jungen Mann.
Und der Antrag, den wir einbringen, gemeinsam mit meiner Kollegin GRin Wieninger, GRin Emmerling, GR Weber, GR Öztas und GR Kunrath, besagt im Wesentlichen, der Wiener Gemeinderat ersucht den Herrn Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten, dass die Republik Österreich alles in ihrer Macht Stehende unter
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