Gemeinderat, 74. Sitzung vom 24.09.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 101
Konzepte und genauso wie die Sonntagsöffnung abzulehnen.
Wir haben vor einem Jahr auch massiv darüber diskutiert: Wer kassiert Unternehmensgewinne und wer bezahlt, wenn‘s schlecht läuft? An dieser Situation hat sich gegenwärtig nichts verändert. Wir haben es mit einer massiven Schieflage zu tun. Und was wir auch nach wie vor haben, ist die Ungleichverteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit zwischen Frauen und Männern. Viele, viele Problematiken sind nicht neu. Sie sind eingeschrieben in unser System und bedürfen einer grundsätzlichen Neudiskussion über die Bewertung und Verteilung von Arbeit. Es ist mir einmal ganz wichtig, das hier auch festzuhalten: Die strukturelle Problematik, die strukturelle Verfestigung von Arbeitslosigkeit führt natürlich auch dazu, dass wir es mit einer Gefahr der strukturellen Verfestigung von Armut zu tun haben, ein nächstes Feld, über das wir dringend auch diskutieren müssen.
Was ich noch sagen möchte, ist, wenn wir zurückschauen, dann sehen wir im Tourismusbereich die Problematik des Übertourismus. Wir haben über Übertourismus geredet. Wir haben darüber diskutiert: Ist der Tourismus in der Form noch zumutbar? Ist der globale Tourismus dem Weltklima, der Weltklimakrise so in der Form noch zumutbar?
Wovor ich wirklich warnen möchte, ist, dass wir die Zeit vor Corona idealisieren. Es gab schon viele, viele Probleme vorher und sie wurden verschärft. Das heißt, wir brauchen neue Ansätze, wir brauchen neue Modelle, um die strukturellen Problematiken zu beheben. Wir tun schon viel, und das ist gut so. Wir haben gute Instrumente wie den WAFF, wir haben auch die Wirtschaftsagenturen, und vieles mehr. Sie alle überlegen sich auch wirklich gute Sachen. Dennoch, ich glaube, es muss einen Schritt weiter gehen. Ein Schritt weiter gehen heißt, darüber nachzudenken, ich hab‘s angesprochen, die Arbeit neu zu verteilen. Arbeitszeitverkürzung ist dazu ein wichtiges und notwendiges Instrument aus meiner Sicht und aus grüner Sicht. Denn es geht einfach um die Verteilung zwischen der unbezahlten und bezahlten Arbeit. Wenn wir alle weniger in der Erwerbstätigkeit stehen, haben wir mehr Zeit, uns um die Sorgearbeit zu Hause zu kümmern. Wenn alle ein bisserl weniger Erwerbsarbeiten haben, haben mehr Menschen die Chance, in Erwerbsarbeit einzutreten. Wenn wir alle ein bisserl weniger Erwerbsarbeit machen, haben wir Zeit und Ressourcen, uns sozial zu engagieren, also viele, viele Vorteile. Es ist wirklich notwendig, über dieses Instrument, über die Arbeitszeitverkürzung ernsthaft zu diskutieren und sie nicht nur in Sonntagsreden zu erwähnen.
Die Problematiken des Arbeitsmarktes, der Wirtschaft sind etwas, die wir kollektiv angehen müssen. Der Bund hat kürzlich eines der größten Arbeitsmarktpakete überhaupt beschlossen, über 700 Millionen für Arbeitsstiftungen. Sehr innovativ. So sehr ich an dieser Stelle auch schon oft über den Bund geschimpft habe, es darf auch einmal gelobt werden. Also das ist eine wichtige Maßnahme und zeigt auch die Dimension der Mittel, die der Bund zur Verfügung hat. Wien stellt ergänzend und zusätzlich Mittel zur Verfügung. Also hier gemeinsam zu arbeiten, ist das Gebot der Stunde.
Ich habe schon die Armutsgefährdung angesprochen. Dass es mit den GRÜNEN in der Bundesregierung gelungen ist, hier endlich auch erstmalig das Arbeitslosengeld zu erhöhen, und dass jetzt neuerlich die Notstandshilfe auf das Arbeitslosengeld bis Ende des Jahres aufgestockt wird, das sind wirklich Meilensteine in der Arbeitsmarktpolitik. Natürlich, es muss weitergehen. Das Arbeitslosengeld gehört grundsätzlich erhöht, davon bin ich zutiefst überzeugt. Schritt für Schritt schaffen die KollegInnen im Bund, dem Koalitionspartner Verbesserungen abzuringen, denn da gibt‘s ja diametral unterschiedliche Gesichtspunkte.
Einen dritten Punkt, den ich noch einmal erwähnen möchte und aus meiner Vorrede mitnehme, ist, darüber nachzudenken, wie wir Klimakrise und Arbeitsplätze Schaffen zusammenbringen. Klimajobs ist hier das Schlagwort, die GRÜNEN haben Konzepte dazu. Der ergänzende Punkt dazu sind die Investitionen in den öffentlichen Beschäftigungssektor: Ausbau der Öffis, Investitionen in Soziales, in Bildung, in Gesundheit. Das schafft Arbeitsplätze. Also ich glaube, wir haben wirklich viel zu tun und können hier viel schaffen. Gemeinsam werden wir das schaffen in Wien!
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mahdalik, und ich erteile es ihm, bitte schön.
GR Anton Mahdalik (FPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Herr Berichterstatter! Werte Damen und Herren!
Arbeitsmarktpolitik ist natürlich immer eng verwoben mit Umwelt- und Verkehrspolitik. Darum möchte ich mich heute in meiner ganz kurzen Wortmeldung ein bisschen auf diesen Aspekt oder auf die zwei Aspekte konzentrieren. Der Kollege Juraczka ist nicht mehr da, also der Beginn war bei ihm am allerstärksten, dann hat er ein bissel nachgelassen. Aber bei mir werden es sicher auch nicht mehr als zehn Minuten.
Die Frau Kollegin Huemer hat in der Wortmeldung in der Aktuellen Stunde auch Bezug auf die Umwelt und Verkehrspolitik genommen, indem sie wieder gemeint hat oder gewarnt hat, dass bis 2050 die Temperatur in Wien um 8 Grad steigen würde, wenn wir nicht die autofreie City machen oder die Gumpendorfer Straße rückbauen oder die Rathausstraße rückbauen oder wenn wir keine Pop-up-Radwege und Begegnungszonen machen oder sonstige grüne Ideen, die mit roter Hilfe umgesetzt werden. Ich weiß nicht, wer die 8 Prozent ausgerechnet hat. Entweder war es der Frey, der Knoflacher oder der Blümel könnte es auch gewesen sein. Aber da waren die 100.000 bis 150.000 Toten vom Kurz noch eher realistisch als jetzt in den nächsten 30 Jahren 8 Prozent Erderwärmung. Aber so sind die grünen Freunde halt. Was mir immer wieder abgeht und ich bringe es immer wieder, diesmal nicht den Radverkehr, da krieg ich nämlich nie eine Antwort vom Maresch, warum ihr noch immer bei 7 Prozent seid, obwohl ihr schon lange seit 5 Jahren bei 10 Prozent sein wolltet. Ihr habt es ja in der Hand gehabt. Aber jetzt bin ich schon wieder beim Radverkehr.
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