Gemeinderat, 2. Sitzung vom 11.12.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 101
hatte, es als neue Landtagsabgeordnete mitzubeschließen, war am 26. Jänner 1996 das Wiener Gleichbehandlungsgesetz. Ich durfte es verhandeln und dann mitbeschließen und war sehr stolz darauf. Wenn wir nachrechnen, es ist mit 1. Mai 1996 in Kraft getreten, dann kommen wir drauf, das war eigentlich fast genau vor 25 Jahren, ein Vierteljahrhundert ist das, damit klingt es noch imposanter. Es sollte übrigens auch nächstes Jahr gefeiert werden, bin ich der Meinung, 25 Jahre Wiener Gleichbehandlungsgesetz sollte man schon feiern.
Seitdem ist sehr, sehr viel passiert, alles aufzuzählen, würde heute hier zumindest meine Redezeit, die ich jetzt noch 15 Minuten habe, sprengen, aber ich bin mir sicher, wir finden in Zukunft viel Gelegenheit.
Reden wir aber heute nicht nur über die Vergangenheit, denn wir wollen vor allem die Zukunft gestalten, aber ich bin mir auch sicher, es ist oft ganz, ganz wichtig, ein bisschen zurückzublicken, um einerseits sehr wohl stolz zu sein, andererseits auch zu überprüfen, wo stehen wir, passen die Instrumentarien, die wir uns gegeben haben, wo muss nachgebessert werden, wo geht nix weiter und wo erleben wir als Frauen auch Rückschläge, den sogenannten Backlash, der von dieser Stelle aus heute schon erwähnt wurde. Gerade in den letzten Jahren ist es tatsächlich so, dass wir leider feststellen mussten, sowohl national, aber auch international, wenn ich beispielsweise nur an Russland oder Polen denke, dass manches wieder in Frage gestellt wird und wir sehr wachsam sein müssen, dass das, was erreicht wurde, nicht in Frage gestellt wird. Glauben Sie mir, die konservativen Kräfte ruhen nicht, aber sie verpacken ihre rückwärtsgewandten Absichten oft in sehr, sehr modern wirkende Verpackungen. Eines ist klar, das hat sich geändert: Kaum jemand würde heute öffentlich in die Kamera des ORF beispielsweise die Gleichstellung der Frau in Frage stellen. Der politische Alltag sieht dann allerdings leider sehr oft anders aus.
Kommen wir zurück nach Wien: In Wien haben wir vieles erreicht, was in anderen Bundesländern, aber auch in vergleichbaren Städten und Regionen in Europa, aber auch auf der Welt noch lange nicht selbstverständlich ist. In Wien ist Frauenpolitik gelebte Querschnittspolitik, auch das wurde heute schon oft gesagt, was heißt, dass in allen Ressorts und in allen Themenbereichen auf das Thema Gleichstellung, Gleichbehandlung und vor allem Frauenförderung geschaut wird, ob bei der Stadtplanung, der Gesundheitspolitik, bei der Bildung, beim Wohnen, im Verkehr - Stadt der kurzen Wege, wurde auch schon gesagt -, und, und, und, aber es gibt noch sehr viel zu tun.
Frauenpolitik - das wissen vor allem wir Frauenpolitikerinnen - heißt auch, oft oder immer dicke, dicke Bretter zu bohren. In Wien war es in den letzten Jahren tatsächlich ein bisschen leichter als noch vor 25 Jahren. Schauen wir uns beispielsweise an, welche Lehrberufe Mädchen in Wien am meisten ergreifen. Da hat sich nicht viel geändert, an der Spitze steht nach wie vor der Einzelhandel, dann Bürokauffrau, Verwaltungsassistentin und Friseurin. Bei den Burschen ist tatsächlich an der Spitze auch der Einzelhandel, dann aber gleich Elektrotechnik und Kraftfahrzeugtechnik, und so weiter. So schaut dann auch die Gehaltsschere aus, Frauen verdienen nach wie vor deutlich weniger als Männer, die Kollegin hat schon darauf hingewiesen. Legt man die Einkommensunterschiede auf die Tage des Jahres um, fällt der sogenannte Wiener Equal Pay Day 2020 auf den 11. November, das heißt, Wienerinnen arbeiten im Verhältnis zu den Wienern 51 Tage gratis, und Männer haben zu diesem Zeitpunkt bereits so viel verdient wie Frauen im ganzen Jahr. Frauen verdienten im Jahr 2020 im Durchschnitt im Jahr um 7.570 EUR beziehungsweise um 13,7 Prozent weniger als Männer.
Es ist noch viel zu tun, aber im Vergleich zu Wien fiel der Österreichische Equal Pay Day 2020 auf den 22. Oktober, das heißt, Frauen arbeiten noch um weitere 20 Tage mehr, also insgesamt 71 Tage gratis und verdienen im Durchschnitt mehr als 10.000 EUR pro Jahr weniger. Das heißt, Wiener Frauen geht’s besser, das macht es aber auch um nichts besser, denn von Gleichstellung sind wir weit entfernt. Bei der Teilzeitarbeit sieht es ähnlich aus, da hat die Kollegin die Zahlen vorhin schon genannt.
Interessant ist aber auch, dass die Gründe für Teilzeit bei den Geschlechtern sehr unterschiedlich sind. Männer arbeiten vor allem im Alter von 15 bis 24 Jahren, also quasi neben der Ausbildung, in erster Linie Teilzeit, Frauen arbeiten vor allem im Alter von 25 bis 44 Jahren Teilzeit, also in der sogenannten Familienphase. Gerade diese Tatsache trägt auch ganz, ganz wesentlich zum späteren Gehaltsunterschied von Frauen und Männern bei, und nicht nur zum Gehaltsunterschied, auch zum Pensionsunterschied und zur Altersarmut, die wurde heute auch erwähnt.
Das heißt, die Berufe, die Frauen ergreifen, sind oft Berufe mit geringerem Einkommen. Zweitens tragen die Unterbrechung durch Kinderbetreuung und der oft damit verbundene schwierige Wiedereinstieg dann ganz, ganz wesentlich zur großen Gehaltsschere zwischen Frauen und Männern bei. Da setzen ganz konkret sehr wohl die Maßnahmen der Stadt an, deshalb ist das große Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen - und zwar mit den Öffnungszeiten, die passen - ganz, ganz wesentlich. Der große Ausbau von ganztägigen Schulformen ist nicht nur aus bildungspolitischen Gründen ganz, ganz wichtig, sondern, was die Berufstätigkeit der Frau und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie betrifft, vor allem aus frauenpolitischen Gründen.
Aber auch die Maßnahmen der Stadt Wien im Bereich der Mädchenförderung haben eben zum Ziel, Mädchen zu stärken und ihnen vor allem diese große Palette an Berufsmöglichkeiten zu zeigen, sie vor allem auch fit für die digitale Zukunft der Berufswelt zu machen. Gerade der WAFF, da haben wir auch gestern schon viel darüber gesprochen, investiert sehr viel. Erfreulich ist, dass der WAFF ab 2021 um 1,3 Millionen EUR mehr investiert, also fast 10 Millionen EUR alleine in diesem Bereich der Frauenförderprogramme - ich erinnere: 14,5 Millionen EUR beträgt das Bundesfrauenbudget insgesamt -, aber es sind auch viele Vereine wie das abz*austria und viele, viele mehr, die von der Stadt ge
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