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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 11.12.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 101

 

Situation so arg getroffen, dass er mittlerweile auf der Psychiatrie ist.

 

Ich möchte also einfach nur sagen, dass die Menschen diese schwierige Zeit massiv betrifft. Wir wissen, dass Künstler und Künstlerinnen nicht nur auf Grund ihrer nicht vorhandenen sozialen Absicherung in der jetzigen Zeit es noch schwieriger haben. Ich glaube, Polemik gehört natürlich ins Parlament, gehört natürlich auch zur politischen Diskussion und zum politischen Schauspiel dazu, aber hier ist keine Zeit für Polemik. Hier geht es wirklich um tausende Menschen, die am Ende oder am Rande ihrer Existenz stehen, und wir sollten uns viel eher damit auseinandersetzen, was wir schon getan haben und wie wir das, was wir getan haben, noch ein bisschen intensivieren und verbessern können.

 

Mir ist die Musik ein besonderes Anliegen - Sie wissen das -, vor allem die Musik in der Musikstadt Wien, der Welthauptstadt der Musik. Ich kann mich noch erinnern, wie diese Stadt vor einem Jahr noch gewummert hat. Dieser Klangkörper Wien, im Grunde hat es überall Musik gegeben, auf der Straße, in den Schulen. Vorhin ist auch die Rede von den Musikschulen gewesen.

 

Sie haben auch nicht erwähnt, dass wir mittlerweile seit mehreren Jahren das Projekt ELEMU an den Kindergärten haben, also elementare Musikerziehung. Wir beginnen natürlich mit der Musik in ganz frühen Jahren, weil wir wissen, das ist unsere kulturpolitische Verantwortung. Wir sind Musikstadt und das wollen wir natürlich auch bleiben, aber Musik hat, und ich muss das leider so sagen, bis vor einigen Monaten im Grunde diese Stadt geprägt wie sonst wenige andere Lebensfelder.

 

Wie gesagt, Kindergarten, Schule, die großen Konzerthäuser, die Klubs, auf die wir heute mittlerweile unglaublich stolz sein können und die es jetzt unglaublich schwer haben, unendlich viele Open-Air-Veranstaltungen, Straßenmusik, die U-Bahn-Stars. Vieles wird ja nicht einmal aus dem Kulturbudget bezahlt, weil wir wissen, dass Musik in Wien im Grunde eine Querschnittsmaterie ist, und somit machen die Wiener Linien Initiativen, um die Musik zu fördern und die Schulen und die Kindergärten und dergleichen. Darauf können wir sehr stolz sein, darauf können wir aufbauen. Und ja, im Musikschulbereich kann noch wesentlich mehr weitergehen, da gebe ich Ihnen absolut recht, aber da haben wir ein österreichweites Problem. Da kann auf jeden Fall noch sehr viel weitergehen.

 

Die Bundesregierung - da muss ich jetzt schon ein bisschen kritisch sein und ein bisschen ins Polemische gehen -: Peter L. Eppinger hat vorher angesprochen, dass es da so viel gibt. Peter, ich mag dich - ist er da? -, ich habe deine Sendungen zwar nie gehört, weil ich kein Ö3-Hörer bin. Das ist nicht so meines, aber ich mag dich. Du bist ein leidenschaftlicher Kämpfer für die Sache, und so weiter, aber es war ein bisschen zu viel Show. Es war unterhaltsam, es war wenig Inhalt und das erinnert mich auch ein bisschen an die Strategie der Bundesregierung: Viel Show, aber wenig dahinter.

 

Das ist in normalen Zeiten eh schon mühsam, aber in schwierigen Zeiten, in Krisenzeiten ist es ein Wahnsinn. Es ist im Grunde ein Schlag ins Gesicht all jener Menschen, die die Unterstützung des Staates brauchen, das heißt, die die Solidarität des Staates und des Gemeinwohls brauchen. Es gibt jetzt einfach zu viele Menschen, die am Rande ihrer Existenz sind. Wir können uns jetzt nicht mehr erlauben, Show-Elemente, und so weiter einzubauen.

 

Dann hast du mich noch ein bisschen emotionalisiert, das weißt du, wir haben auch schon darüber geredet. Du hast gesagt: Wenn ein Musiker das Glück hat, im Radio gespielt zu werden. Du weißt ganz genau, da gehört nicht Glück dazu, da gehört Freunderlwirtschaft dazu. Man muss einfach quasi beim richtigen Label sein, das die richtigen Leute kennt, bei deutschen Agenturen, die dich dann auf Powerplay stellen, und dann verdienst du irgendwann Tantiemen, weil dich Ö3 in Powerplay spielt. Das passiert nur leider zu über 80 Prozent mit ausländischen Produktionen.

 

Das heißt, ja, unsere Künstler und Künstlerinnen, Musiker und Musikerinnen sind prekär, das kann man aber nur auf Bundesebene lösen. Und ja, viele Musiker und Musikerinnen können im Grunde von ihrer Musik nicht leben, müssen Taxi fahren, kellnern oder was auch immer, oder jetzt überhaupt nichts. Viele aber können im Verhältnis zu anderen Ländern auch deswegen nicht davon leben, weil sie im österreichischen Radio und da vor allem auf Ö3 einfach systematisch diskriminiert werden, weil sie österreichische Musiker und Musikerinnen sind. Das ist einfach so.

 

Ich möchte nur einen Vergleich anstellen: Der Anteil österreichischer Musik im österreichischen Radio - Ö3 ist einfach das Zugpferd, wenn man dort gespielt wird, hat man schon mehr Tantiemen, kann schon besser davon leben, deswegen wendet sich die Kritik immer an Ö3 - ist ungefähr 20 Prozent heimische Musik, wenn es hochkommt. Slowenien, Ungarn, eine Sprachinsel: 50 Prozent, Kroatien: 50 Prozent. In unseren Nachbarländern können Menschen von ihrer Musik leben, wenn sie es drauf haben.

 

Niemand sagt, dass die alle Millionäre und Superstars sein wollen. Sie wollen einfach nur davon leben, und da können wir sehr viel tun. Da müssen wir nicht einmal Gesetze ändern, da müssen wir einfach nur schauen, dass Menschen, die in den Radios arbeiten und dort Verantwortung tragen, auch überlegen, für wen mache ich das eigentlich. Nicht nur für die Rezipienten, sondern natürlich auch für die Musikwirtschaft und für die Musikszene in Österreich und in dieser Stadt.

 

Ich hätte nicht darüber gesprochen, wenn du es nicht angesprochen hättest, dass die Musiker im Grunde nur Glück brauchen und gut genug sein müssen. Ich kenne so viele Top-Musiker in Österreich, wirklich Top-Popmusiker, Rockmusiker, Hip-Hopper, und so weiter. Die hätten das Zeug, in Powerplay gespielt zu werden, werden es aber nicht, weil etwas anderes gespielt wird: das von den Agenturen. Da steckt sehr viel Geld dahinter. Ich möchte nicht über mafiöse Strukturen sprechen, aber es ist ein bisschen vergleichbar. Darunter leiden unsere Musiker und Musikerinnen am meisten. Musiker müssen gespielt werden. Musik lebt davon, dass sie

 

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