Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 106
Was wir im Regierungsprogramm tatsächlich ebenfalls vermissen, sind Maßnahmen gegen den politischen Islam. Wie oft kommt der Begriff politischer Islam im Regierungsprogramm vor? - Richtig, Schweigen, nämlich kein einziges Mal. Kein einziges Mal! Dieses drängende Problem ist Ihnen keine einzige Erwähnung wert, und das ist ein Armutszeugnis.
Wir erwarten eine breite Informationsoffensive unter Pädagogen, Sozialarbeitern und in Jugendzentren. Wir erwarten die konsequente Überprüfung aller geförderten Vereine auf Verbindungen zum politischen Islam. Wir erwarten, dass der politische Islam in den Integrationsmonitor aufgenommen wird, um ihn fassbar zu machen, um ihn greifbar zu machen, um ihm eine Messgröße zu geben.
Sie meinen offenbar, wenn man die Augen zumacht, dann existiert dieses Problem nicht, aber das ist leider eine völlige Fehlannahme. Das Problem existiert in Akteuren, in Vereinen, in Handlungen. Und Ihre Politik der Ignoranz kommt mir wie ein kleines Kind vor, wenn es Verstecken spielt, sich hinstellt, sich die Augen zuhält und glaubt, es wird nicht gesehen. Die Wahrheit ist aber, die Realität findet rund um dieses Kind immer noch statt. Genauso ist es mit dem politischen Islam, Herr Stadtrat. Das Problem verschwindet nicht, wenn Sie die Augen zuhalten, sondern Sie verlieren nur ganz schlicht und ergreifend das Spiel.
Und um auf diesen Zwischenruf einzugehen: Das zeigt ja wohl, dass Sie die letzten Jahre überhaupt nicht zugehört haben - ich glaube, Kollege Baxant war das, wenn ich mich nicht täusche -, wo ich jedes Mal ausgeführt habe, dass politischer Islam eben nichts mit Rassismus zu tun hat. Nichts! Es geht nicht um die Herkunft, es geht nicht um die Religion, es geht um eine politische Einstellung. Und es wäre Ihnen angeraten, dass Sie meinen Reden zuhören, denn dann kommen Sie nicht zu diesen unqualifizierten Aussagen.
Weil es gerade dazu passt: Ich hatte einen Termin mit einem Experten auf dem Gebiet, selber muslimischen Glaubens, wir haben uns unterhalten. Er hat mir Folgendes erklärt: Er hat gesagt, er macht das für die Muslime in Österreich, denn seine Erfahrung ist, dass moderate Muslime in den arabischen Ländern und in der Türkei verloren haben. Das ist seine Diktion gewesen, sie haben verloren, und er befürchtet, dass das in Österreich genauso der Fall wird. Darum geht es, sehr geehrter Herr Kollege, nicht um die Religion und nicht um die Herkunft. Es geht um unsere Lebensweise, es geht um Freiheit, es geht um Frauenrechte. Herr Stadtrat, mit Ihrer Ignoranz lassen Sie keine Flügel wachsen, wie Sie das immer sagen, sondern Sie begraben die Hoffnungen von Menschen, die hier herkommen, um in Freiheit zu leben.
Ich werde noch drei Anmerkungen zum Regierungsprogramm machen. Stichwort 2. Generation: Sie haben im Regierungsprogramm stehen, dass Sie das „Start Wien“-Programm ausbauen wollen. Das richtet sich ja bekanntlich an neu zugezogene Personen, die 2. Generation wird leider kein einziges Mal in Ihrem Regierungsprogramm erwähnt. Jetzt weiß ich, dass es schwierig ist, absolut, aber es gibt hier Handlungsbedarf, und deswegen ist es notwendig, dass Sie auch diese Materie aufnehmen und sich etwas einfallen lassen.
Die zweite Anmerkung zum Thema Transparenz: Unser Herr Stadtrat hat ja schon dargelegt, was uns alles fehlt, und das ist durchaus eine Menge. Ich möchte mich darauf reduzieren, was wir gut finden. Was wir gut finden, ist nämlich diese geplante Whistleblower-Plattform, weil wir es für richtig und wichtig halten, dass die Bürger im roten Wien eine anonyme Meldestelle zur Verfügung gestellt bekommen. Deswegen unterstützen wir dieses Vorhaben explizit.
Dritte Anmerkung zum Thema Familien, weil ja gerade in Ihrem Ausschuss sehr viele Zielgruppen gefördert werden. Wie viel Aufmerksamkeit geben Sie Familien in Ihrem Regierungsprogramm, Herr Stadtrat? - Leider gar keine. Die Familie kommt kein einziges Mal vor, nicht als Förderempfängerin, nicht als besonders schützenswert, sie kommt überhaupt nicht vor. Familienpolitik ist tatsächlich mehr als Jugendvereine, es ist mehr als Vereinbarkeit und es ist mehr als Väterbeteiligung, weil die Familie nämlich mehr als die Summe ihrer Teile ist. Wir haben die Befürchtung, dass Familien deswegen nicht vorkommen, weil Sie Ihnen offenbar einfach nicht wichtig sind. Diese Lücke werden wir als neue Volkspartei schließen und werden uns explizit für das Wohl von Familien einsetzen.
Meine Damen und Herren, wir haben hier ein rotes Alleinregierungsprogramm vorliegen. Das ist schade, und das meine ich ehrlich. Es ist schade, denn diese Stadt hätte dringend frische Ideen, mehr Mut und mehr Transparenz bedurft. Ich kann deswegen nur appellieren, Herr Stadtrat: Vergeben Sie die Chance nicht, schwenken Sie bei Integration auf einen Kurs mit Hausverstand um, legen Sie den roten Sumpf trocken, geben Sie auch Familien Ihre Aufmerksamkeit, denn Idealismus - das möchte ich zum Schluss sagen - alleine reicht nicht. Sie müssen Taten setzen, und an diesen Taten werden wir Sie messen. Danke schön.
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Frau Kollegin Hungerländer, könnten Sie bitte noch desinfizieren.
Bevor ich die zu Wort gemeldete nächste Rednerin aufrufe, gibt es eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung von Herrn Klubobmann GR Wölbitsch.
GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP): Frau Vorsitzende!
Vielleicht nur ganz kurz: Herr Kollege Baxant, ich schätze Sie generell, aber ich glaube, der Zwischenruf kam von Ihnen, und es ist ehrlicherweise jetzt schon die dritte Unterstellung, die gerade von der SPÖ die Debatte hier auf ein sehr tiefes Niveau hebt. Alle unsere Redner haben auch in der Kritik, auch als Oppositionspartei versucht, oberhalb der Gürtellinie zu bleiben. Wir haben es jetzt schon einmal gehört, einer Ihrer Vorredner hat einem Kollegen von uns indirekt Rassismus unterstellt, Sie haben jetzt herausgeschrien, wir sind alle Rassisten. Sehr geehrten Damen und Herren, das ist aus meiner Sicht dieses Hauses und dieser Debatte nicht würdig. Ich würde die Vorsitzführung bitten, hier genauer zuzuhören und hinzuhören. Ich weiß, es sind nur Zwischenrufe, ich
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