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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 106

 

Der dritte Punkt, den ich hier ansprechen möchte, ist der Ausbau der Ganztagesschulen. Es gibt wohl keine andere Schulform, die die Unterschiede, auf die ich vorhin eingegangen bin, besser wett machen und ausgleichen kann. In einer Ganztagesschule, in der man den ganzen Tag betreut wird, in der ich eben nicht auf die engagierten Eltern angewiesen bin, die mit mir die Hausübung am Nachmittag machen oder mich zum Lernen auffordern. Deswegen ist es besonders wichtig, hier noch mehr zu investieren. In den nächsten Schulbauprogrammen sind sechs weitere Ganztagesschulen bis 2023 vorgesehen, und acht weitere im Ausbauprogramm bis 2034.

 

Wir sind davon überzeugt, dass Ganztagesschulen besonders für jene Kinder wichtig sind, die mehr Unterstützung brauchen. Deswegen haben wir auch vereinbart, dass wir nicht wie bisher nur die Berufstätigkeit der Eltern und die Wohnortnähe, sondern für den Platz in der Ganztagesschule - die ist natürlich sehr beliebt - als Kriterium auch den sozioökonomischen Hintergrund der Eltern betrachten wollen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen, in der Bildung gibt es einiges zu tun. Es gibt viele Herausforderungen, aber es gibt auch viele Lösungen, die wir aufgezeigt haben. Ich freue mich darauf, diese gemeinsam in den nächsten fünf Jahren anzugehen. Vielen Dank.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Stadler. Seine freiwillig gewählte Redezeit ist sechs Minuten, die ich jetzt einstelle. Ich erteile ihm das Wort.

 

16.13.04

GR Felix Stadler, BSc (GRÜNE)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

 

Wir haben jetzt viel von Schulen und der Organisation von Schulen gehört. Ich möchte am Anfang meiner ersten Rede von jemandem erzählen, die das wirklich betrifft, und um die es hier eigentlich wirklich geht: eine Schülerin von mir, die ich in den letzten Jahren als Klassenvorstand in meiner Mittelschule begleiten durfte.

 

Lena, es ist ein großes Mädchen, schöne Locken, war sehr aufgeweckt, ein sehr neugieriges Mädchen, war immer am Erzählen von den Haustieren, die sie gerne hätte, von den Haustieren, die die Großeltern haben, hat gerne geplaudert, manchmal leider auch mehr während der Stunde als dazwischen, war eine sehr offene und sehr ehrliche Schülerin und hatte viele Freundinnen und Freunde in der Klasse. Lena hat es aber auch nicht ganz leicht gehabt. Die Eltern waren nicht immer für sie da, waren mit dem überfordert, was die Schule von ihnen verlangt hat, haben diese Überforderung manchmal auch an sie weitergegeben. Sie war nicht immer die Konzentrierteste in der Stunde und war zu gewissen Zeiten auch von all diesen Sachen relativ belastet, die in der Pubertät dann auch noch dazukommen.

 

Außerdem hat sie eine Lernschwäche gehabt, das heißt, sie ist in vielen Fächern nicht so mitgekommen, wie es sich vielleicht manche Lehrerinnen und Lehrer von ihr gewünscht hätten. Jetzt hatten wir in meiner Schule das große Glück, eine wunderbare Schulpsychologin zu haben, eine Schulpsychologin, die sich um jedes einzelne Kind bei uns in der Schule gekümmert hat. Jedes Mal, wenn Lena regelmäßig mit ihr gearbeitet hat, sind auch Kolleginnen und Kollegen zu mir gekommen und haben gesagt: He, es wird schon viel besser, sie kann sich viel besser konzentrieren, sie wirkt auch offener und besser gelaunt. Auch sie selber ist zu mir gekommen und hat gesagt: Herr Lehrer, warum kann ich eigentlich nicht jede Woche zur Frau Psychologin gehen? Ich würde das gerne machen. - Das ging leider nicht.

 

Warum erzähle ich das? - Wir können hier in diesem Haus wahrscheinlich nicht die ganz großen Fragen der Bildungspolitik klären, wie Frau Kollegin Emmerling schon angesprochen hat, Fragen der sozialen Ungerechtigkeit oder warum Kinder, die von daheim nicht so viel mitbekommen, die aus ökonomisch ärmeren Familien kommen, in diesem System immer noch so viel weniger Chancen haben, warum Kinder, die vielleicht nicht immer mitkommen, oft auch in diesem System untergehen, oder warum Kinder mit Migrationshintergrund immer noch Diskriminierung erfahren müssen. Wir können aber dafür sorgen, dass Schülerinnen und Schüler in Wien in Schulen gehen, die hochqualitativ arbeiten können, weil sie die richtige Ausstattung und die richtige Unterstützung bekommen. Und wir können und müssen dafür sorgen, dass Kinder und LehrerInnen in Schulen arbeiten und lernen können, die gut ausgestattet sind, die autonom arbeiten können, die professionelle Unterstützung bekommen, dass Schulen von fähigen Leiterinnen und Leitern geführt werden, dass Lehrerinnen und Lehrer entlastet werden, dass sie vielleicht auch einmal einen Arbeitsplatz bekommen, der sich den Namen verdient, mehr als ein kleines Tischchen, und dass sie sich so ihrer eigentlichen Arbeit widmen können.

 

Im neuen Regierungsprogramm, Frau Kollegin Emmerling hat es schon angesprochen, sind dazu - das sage ich ehrlich - einige wirklich gute Ideen dabei. Das Wiener Bildungsversprechen, ein Schulentwicklungsprogramm, das man aus anderen Städten kennt, kann, wenn es gut durchdacht und gut ausgeführt ist, in die richtige Richtung gehen, auch Zusatzangebote wie zusätzliches Sekretariats- oder anderes Unterstützungspersonal sind gute Sachen.

 

Im Budget findet sich davon aber leider wenig bis gar nichts. Was hier vorliegt, ist definitiv kein Bildungsbudget. Wir bringen deswegen heute zwei Anträge ein, die wir vor allem im Hinblick auf das Wiener Bildungsversprechen für sehr wichtig erachten.

 

Der erste Antrag soll dazu führen, dass in Zukunft bei der Bestellung von Direktorinnen und Direktoren die Kompetenz und nicht nur das Parteibuch das entscheidende Kriterium ist. Derzeit ist es manchmal so, dass motivierte Kandidatinnen und Kandidaten für DirektorInnenstellen dazu gebracht werden, ein Parteibuch zu haben, weil man die Trainings für das Assessmentcenter und die Informationen für das Assessmentcenter, die es gibt und die gut sind, nur bei parteinahen Fraktionen in Gewerkschaften bekommt. Ich selbst habe eine Bekannte, die Direktorin ist, die sich dieses Training für das Assessmentcenter privat zahlen musste, weil sie sich

 

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