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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 106

 

unter die Arme, denn in Zukunft werden gefragte Ausbildungen immer wichtiger werden, um beruflich am Ball zu bleiben, insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung. Das Förderangebot DigiWinner für Weiterbildung im Bereich der Digitalisierung ist nur ein Beispiel dafür.

 

Ganz wichtig ist jetzt in der Krise, dass wir Lehrausbildungsverbünde für die Wiener Hotellerie- und Gastronomiebranchen haben. Der WAFF hilft auch in dieser schwierigen Situation weiter.

 

Neu eingerichtet wird 2021, wie schon unser Stadtrat heute in seiner Ansprache erwähnt hat, ein Fachkräftezentrum im WAFF.

 

Blickt man auf die letzten 20 Jahre arbeitsmarktpolitischer Diskussionen und Auseinandersetzung in Österreich und auch in Wien zurück, so gibt es einige wenige Themenbereiche, die trotz der unterschiedlichen konjunkturellen, manchmal krisenhaften Entwicklung an Aufmerksamkeit nie eingebüßt haben. Dazu gehört zweifellos das Fachkräftethema. Der Bedarf der Wirtschaft an qualifizierten Arbeitskräften ist umso wichtiger, und selbst heute, trotz der Corona-bedingten dramatischen Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes lassen sich Bereiche mit ungebrochener Arbeitskräftenachfrage identifizieren. Die Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex wird häufig kontrovers, manchmal auch polemisch geführt. Von Seiten der Wirtschaft wurden häufig fehlende Qualifikationen, mangelnde Mobilität und nicht zuletzt auch Arbeitsunwilligkeit von Arbeitskräften beklagt. Auf der anderen Seite haben die Interessenvertretungen der ArbeitnehmerInnen die ihrer Auffassung nach fehlende Ausbildungsbereitschaft der Betriebe kritisiert oder aber schlechte Arbeits- und Entlohnungsbedingungen als häufigen Grund für die Nichtbesetzbarkeit von offenen Stellen genannt. Gemeinsam mit der Wirtschaftsforschung hat aber Einigkeit in einem wesentlichen Punkt bestanden: Für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Wien ist das Vorhandensein eines qualifizierten Arbeitskräftepotenzials von zentraler Bedeutung.

 

Das Fachkräftezentrum soll zuerst einmal die systematische Auseinandersetzung mit den aktuellen und zukünftigen qualifikatorischen Anforderungen von Privatwirtschaft, öffentlichem Dienst oder/und der Gemeindesozialwirtschaft an das Arbeitskräftepotenzial in Wien vorantreiben, um frühzeitig auf unterschiedlichen Ebenen und in unterschiedlichen Bereichen auf veränderte Berufssituationen reagieren zu können. Der Bogen relevanter Qualifikationen soll bewusst weit gespannt werden, vom Potenzial formal gering Qualifizierter über Personen mit einschlägiger Fachausbildung bis hin zum tertiären Sektor mit den Universitäten und Fachhochschulen. Ein wesentlicher Aspekt wird die Entwicklung von Kommunikationsstrukturen und -prozessen mit Branchen und Branchenunternehmen sein, und es sollen Problemlösungsstrategien und Handlungsoptionen im Hinblick auf die Sicherstellung eines qualifizierten Arbeitskräftepotenzials für Wien entwickelt werden. Darunter werden jedenfalls auch die im WAFF schon bisher umgesetzten konkreten Programme und Maßnahmen zur Unterstützung von Wiener Unternehmen mit Fachkräftebedarf verstanden werden. Letztendlich soll das Fachkräftezentrum ein qualifikationspolitisches Frühwarnsystem für Wien werden.

 

Dass die Sozialpartner im WAFF eine entscheidende Rolle spielen, ist Teil seines Erfolges. In Wien lassen wir die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht im Stich, sondern unterstützen sie gemeinsam mit aller Kraft. Mein Dank gebührt all den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nur deshalb können wir alle zuversichtlich nach vorne schauen. - Danke.

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Zum Wort gemeldet ist GRin Weninger. Ich erteile es ihr. Selbstgewählte Redezeit neun Minuten. Ich stelle sie ein - es dauert bei mir immer noch ein bisschen länger.

 

15.34.51

GRin Katharina Weninger, BA (SPÖ)|: Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Die erste Rede im Gemeinderat zu halten, ist natürlich sehr aufregend - das alles auch noch in so einer besonderen Situation und zu so einem wichtigen Thema, das mir persönlich sehr viel bedeutet. Es ist nämlich jenes Thema, das mich das ganze Jahr über begleitet: Wie geht es gerade den kleinen Unternehmern in unserer Stadt, und wie können wir sie bestmöglich unterstützen?

 

Ich hatte im letzten Jahr Kontakt zu hunderten Selbstständigen, die teilweise in furchtbaren Situationen sind, nicht weil sie sich verspekuliert haben oder weil sie ein Produkt auf den Markt gebracht haben, das niemanden interessiert, sondern weil sie durch die Pandemie ihrer Geschäftsgrundlage beraubt worden sind. Genauso wenig wie ich damit gerechnet habe, dass ich heuer meine Eltern teilweise wochenlang nicht sehen konnte, konnte auch der Gastronom nicht erahnen, dass er monatelang geschlossen hat, oder die selbstständige Fotografin, dass sie von einem vollen Auftragsbuch von einem Tag auf den anderen alle ihre Aufträge storniert bekommt.

 

Menschen, die einer selbstständigen Arbeit nachgehen, sind es gewohnt, sich die Dinge selber zu regeln. Sie sind es gewohnt, dass die Politik nur die Rahmenbedingungen vorgibt, innerhalb derer sie ihre Entscheidungen über ihr berufliches Weiterkommen treffen, über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Mit dem Aufkommen des Coronavirus hat sich das oft schlagartig geändert. In dieser Ausnahmesituation mussten viele Unternehmerinnen und Unternehmer die Zügel aus der Hand geben und sich darauf verlassen, dass die Politik handelt und die richtigen Schritte setzt. Vom Bund haben sie damals gehört: „Koste es, was es wolle!“, und ich habe das gut gefunden, denn es ging darum, den Menschen sehr schnell Sicherheit zu geben, die Sicherheit, dass man im Rahmen der Möglichkeiten alles unter Kontrolle hat und in dieser schwierigen Zeit auch bestmöglich unterstützt. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, um ein „Koste es, was es wolle!“ kann ich halt meine Miete für mein Geschäftslokal nicht zahlen. Zahlreiche Ankündigungs-PKs schaffen keine Arbeitsplätze, nicht einmal

 

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