Gemeinderat, 60. Sitzung vom 25.11.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 59 von 100
habe zwar dann im „Kurier“ gelesen, dass sich manche gefragt haben, was den Künstlern und Künstlerinnen bezahlt wurde, aber das Stück selbst, das zum Teil im Volx, im Gemeindebau oder am Gürtel spielt, bei dem das Publikum mitwandert und plötzlich in dieser Situation direkt drinnen ist, das sind Sachen, die kann man tatsächlich nur in solchen Räumen entwickeln und fortsetzen.
In diesem Sinne wünsche ich mir, dass die Schwerpunkte, die wir begonnen haben - einerseits ein ordentliches Kulturbudget auf die Füße zu stellen - das haben wir geschafft -, andererseits Kulturpolitik verstärkt zu dezentralisieren, das haben wir auch geschafft, und Kulturvermittlung zu verstärken, haben wir geschafft -, weiter fortgesetzt werden. - Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl Zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Nittmann. Ich erteile es ihr.
StRin Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Werte Kollegen im Haus!
Ich freue mich, obwohl - ich habe es schon ausgeführt - das Budget ein Destaster ist, dass das Kulturbudget angehoben wurde, obwohl, wie wir schon gehört haben, ein doch beträchtlicher Teil in die Baurate fließt. Frau Stadträtin, Sie wissen, wir schätzen Sie sehr. Ich hoffe, dass sich unsere, meine Wertschätzung nicht negativ bei Ihren Kollegen auswirkt. Ich möchte Sie doch an Ihren Amtsantritt erinnern: Sie haben damals, im Mai 2018, bei Ihrer Antrittsrede den Anspruch auf Transparenz in der Kulturförderung und auch den Anspruch, Kultur in die Außenbezirke zu bringen, gestellt. Kultur in den Außenbezirken spiegelt sich im Budget wider, das finde ich sehr gut.
Sie haben aber auch gesagt, dass Sie Wien als Musikhauptstadt durch Förderung und Unterstützung der Musikschulen wieder den guten Ruf zukommen lassen wollen, der Wien letztendlich auch die internationale Anerkennung gebracht hat. Frau Stadträtin! Ich appelliere daher an Sie: Bleiben Sie bei Ihren Ansprüchen, lassen Sie die Parteipolitik draußen, lassen Sie sich vor allem nicht von Ihren Kollegen abhalten und stellen Sie sicher, dass Kulturförderung nicht in undurchsichtigen Vereinskonstruktionen, bestehend aus einem Netzwerk aus Freunden, landet. Stellen Sie sicher, dass Kunst und Kultur nicht zu einem Herrschaftsinstrument der Politik verkommen, und erweitern Sie vor allem den Bestand der Musikschulen. (Beifall bei der FPÖ.)
Nach Ihrem Amtsantritt haben Sie auch die Neuausrichtung des Volkstheaters, die auch unbedingt erforderlich ist, mit 2020 angekündigt. Mittlerweile wurde auch ein neuer Direktor, Kay Voges, bestellt. Zum Bestellungsverfahren hat Kollege Aichinger ohnehin schon etwas ausgeführt, da haben Sie sich Kritik eingehandelt. Ich glaube, dass eine Neubestellung der Direktion im Volkstheater für die Sanierung des Volkstheaters wohl nicht ausreichen wird. Der Stadtrechnungshofbericht, den Sie kennen, war vernichtend.
Ich möchte das nur ganz kurz abhandeln, da die Zeit etwas kurz ist. Wir haben: Gravierende Mängel in der Organisation, Fristen zur Vorlage vom Budget werden nicht eingehalten, Fristen zur Abhaltung von Generalversammlungen werden nicht eingehalten, Stellenbeschreibungen wurden seit 2014 nicht evaluiert, es gibt kein internes Kontrollsystem, keine Mitarbeiterorientierungsgespräche, kein systematisiertes Risikomanagement, und so weiter. Die Fördervergabe und Mittelverwendung wurde kritisiert. Der geforderte Eigendeckungsgrad ist nicht erfüllt, dennoch wurden keine Konsequenzen gezogen. Erklärungswürdige Abweichungen von Förderungsbedingungen werden nicht begründet, trotz angespannter finanzieller Situation und der finanziellen Abhängigkeit von Subventionen werden Aufwendungen nicht an die wirtschaftliche Situation angepasst. Ungewöhnliche Projekte werden finanziert und kritisiert, freiwillige Abfertigungen werden ausbezahlt, Produktionen mit viel zu hohen Tantiemenanteilen werden aufgeführt. Alles in allem kritisiert der Stadtrechnungshof, dass die Aufwendungen im Volkstheater keinesfalls an die wirtschaftliche Situation angepasst sind. Das bedeutet, dass die Volkstheater Ges.m.b.H. eigentlich vor einem Reorganisationsbedarf steht.
Wir dürfen nicht vergessen, die Stadt Wien hat immerhin eine 50-prozentige Haftung für Abfertigungen, Pensionen, Jubiläumsgelder und nicht konsumierten Urlaub übernommen. Das heißt, wenn das Volkstheater krachen geht, trifft das natürlich auch die Stadt Wien. Diese Misswirtschaft führt auch genau dazu, dass permanent geringe Liquiditätsreserven vorhanden sind. Die Jahresabschlüsse zeigen ja die prekäre Finanzlage. Die Auslastung ist viel zu gering, und die Volkstheater in den Bezirken sind ein Flop. Die Sitzplatzauslastung beträgt knapp über 50 Prozent und das, obwohl sich die Sitzplätze Jahr für Jahr reduzieren. Der Eigendeckungsgrad betrug durchschnittlich 20 Prozent und lediglich 15 Prozent im Rahmen der Veranstaltungen in den Bezirken. Maximal ein Drittel des Verkaufserlöses konnte erzielt werden, der Zuschuss pro Besucher ist bei 95 EUR pro Sitzplatz. Ausgeglichen wird das Ganze durch Freikarten, damit man das Volkstheater wenigstens optisch voll bringt.
Frau Stadträtin! Das Volkstheater ist ein Sanierungsfall, aber jede Krise birgt auch eine Chance. Nehmen Sie das zum Anlass, die Theaterlandschaft im Allgemeinen etwas unter die Lupe zu nehmen. Nehmen Sie dabei auch die Wiener Theaterbesucher mit.
Anlässlich der dringenden Sanierung, der Neuaufstellung des Volkstheaters hätten Sie jetzt die Möglichkeit, die Theaterlandschaft in Wien neu zu strukturieren. Der neu bestellte Direktor Kay Voges hat anlässlich seines Interviews im Juni 2019 wenig über seine Ideen für das Volkstheater und vor allem zu seiner Positionierung in Wien gesagt, insbesondere zur Abgrenzung zum Burgtheater keine konkreten Antworten gegeben. Nach dem Stadtrechnungshofbericht hat er wohl angemerkt, dass das Volkstheater in den Bezirken aus seiner Sicht kritisch zu sehen ist.
Frau Stadträtin! Greifen Sie lenkend ein, beenden Sie das ewige Mischmasch in der Wiener Theaterlandschaft. Nicht alle Theater, vor allem die großen Theater, müssen
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