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Gemeinderat, 60. Sitzung vom 25.11.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 100

 

oder sei es auf der Straße, versucht der- oder diejenige selbstverständlich, von der Kunst und dem eigenen Schaffen zu leben. Ich glaube, das müssen wir als Gesellschaft akzeptieren.

 

Ja, es ist inakzeptabel - und das ist kein Wiener Phänomen, das ist in Wirklichkeit ein Problem im gesamten kulturellen Bereich. Wenn Künstler und Künstlerinnen einerseits na selbstverständlich von sich selbst heraus diesen Antrieb haben, etwas zu schaffen, und dann gleichzeitig mit 3 EUR, 4 EUR in der Stunde dastehen und nicht wissen, wie sie überleben sollen. Das Wort Hungerkünstler kommt ja nicht von ungefähr. Fair Pay soll Bewusstsein schaffen, sowohl bei uns als fördergebender Stelle als auch bei all jenen Künstlern und Künstlerinnen und Institutionen, die ansuchen, die schon ihren Förderansuchen eine faire Bezahlung für die Kulturschaffenden unterstellen sollen.

 

Ich hoffe, dass das gelingt. Wir werden daher auch deshalb mehr Geld zur Verfügung stellen. Ich sehe das so wie Sie, es soll natürlich nicht darum gehen, dass jetzt irgendjemand sofort mehr Geld, sofort mehr Veranstaltungen, mehr Menschen bekommt. Nein, es geht wirklich um die Qualität. Es geht darum, sicherzustellen, dass Kulturschaffende aller Bereiche besser bezahlt werden, es geht um Fair Pay. Um Bezahlung nach dem Gehaltssystem, das die Gewerkschaft gemeinsam mit den Kulturschaffenden - glaube ich - entwickelt hat, zu gewährleisten, müssten wir im Kulturbudget 100 Millionen drauflegen und nicht 20. Es ist aber zumindest einmal ein erster Schritt, mit dem wir wirklich alle gemeinsam Bewusstsein schaffen können. Ich hoffe und ich wünsche mir, dass das auch von Ihnen in dieser Art und Weise so gesehen wird.

 

Ein zweiter Punkt, der sich meines Erachtens ganz stark in diesem Budget widerspiegelt, ist die Weiterführung des gemeinsamen Anspruchs. Ich habe das auch bei den Kulturausschussreisen gesehen, dass es nicht nur ein Anspruch der Regierungsparteien, sondern auch der Opposition ist, in den Außenbezirken verstärkt kulturelle Aktivitäten, Ankerzentren zu setzen, und dass es Sinn macht und mittlerweile auch die Akzeptanz dafür deutlich gestiegen ist. Projekte wie SHIFT einerseits oder Stadtlabore andererseits werden als Bezirksentwicklung, Förderung von Dezentralisierung fraktionsübergreifend von allen im Großen und Ganzen sehr gut angenommen.

 

In diesem Sinne bin ich wirklich recht froh, dass es gelingt, Kulturpolitik einmal jenseits der ausgetretenen Pfade verstärkt und auch übergreifend weiter zu fördern, nicht nur Theater, selbstverständlich auch Literatur, Musik, selbstverständlich bildende Kunst, selbstverständlich Film.

 

Wir werden uns - das haben wir ja schon in der letzten Gemeinderatssitzung beschlossen - noch stärker als bisher um Kulturvermittlung kümmern. Wir haben mit KulturKatapult ein Kernprojekt, das ist ausreichend dotiert, welches erstmals versucht, ganz spezifisch Schüler und Schülerinnen des Polytechnischen Lehrgangs und von Berufsschulen gemeinsam mit Künstlern, Künstlerinnen, mit Kulturschaffenden über einen längeren Zeitraum anzusprechen. Man kommt dabei nicht nur einmal in die Schule und geht wieder, sondern im Großen und Ganzen wird über ein Jahr lang versucht, gemeinsam aktiv zu werden, Sachen zu entwickeln und in diesem Sinne das Bewusstsein zu schaffen, wie wichtig und wie sinnvoll es ist, kulturelle Aktivitäten gemeinsam zu setzen.

 

Denn auch das Gemeinsame, gemeinsam Sachen zu entwickeln, hilft in diesem Zusammenhang enorm mit, Gegensätze zu überwinden, das Fremde in jemand anderem doch als etwas Nahbares zu erkennen. Wir hoffen, dass diese Art der Kulturvermittlung, diese Art des Begreifbarmachens, der Teilhabe am kulturellen Leben auch wirklich dazu führt, das Interesse in Kreisen von SchülerInnen in Polytechnischen Lehrgängen und BerufsschülerInnen zu wecken, um entweder selbst im Sinne des Kulturschaffens aktiv zu werden oder aber die Vielfalt der Wiener Kulturszene genießen und zumindest daran teilhaben zu können.

 

Ich glaube, dass das ein Ziel von uns allen sein kann und sein muss, um gemeinsam der kulturellen Vielfalt, die Wien zu bieten hat - von der Hochkultur bis hin zum Straßenfest -, die notwendige Aufmerksamkeit zu gewähren und gleichzeitig sozusagen mitzuhelfen, Möglichkeiten zu erschließen, dass Künstler und Künstlerinnen, die in Wien aktiv sind, davon auch leben können und gemeinsam mit uns allen weiterhin an der kulturellen Vielfalt teilhaben.

 

Weil es schon angesprochen wurde, vielleicht ein letzter Punkt zum Volkstheater. Wahrscheinlich wäre es wirklich so, dass die 2 Millionen EUR, die - wie Sie gesagt haben - angekündigt wurden, vielleicht eigentlich noch zu wenig sind. Da geht es jetzt gar nicht um die Frage: Wem gehört das Volkstheater? Darüber muss man auch reden, das ist eine ganz andere Geschichte. Ich weiß, Wien fördert das Volkstheater, der Bund fördert das Volkstheater, es gibt gewerkschaftliche Möglichkeiten, lassen wir das jedoch einmal weg. Das Volkstheater spielt eine wesentliche Rolle in der Wiener Theaterlandschaft, neben den Bundestheatern spielt das Volkstheater - sag ich jetzt einmal - die wesentlichste Rolle. Vielleicht könnten wir uns trotzdem einmal zusammensetzen und uns noch weiter überlegen, ob die 2 Millionen EUR reichen, oder was man in welcher Art und Weise auch immer anders machen kann, um das Volkstheater wieder anders ins Bewusstsein zu holen.

 

Ein Punkt scheint mir dabei trotzdem wichtig. (Zwischenruf von GR Dkfm. Dr. Fritz Aichinger.) - Ja, ja, selbstverständlich. Hätten wir beim Volkstheater eine Auslastung von 90 Prozent und nicht von 52 Prozent, würden wir jetzt nicht so dastehen. (Zwischenruf von GR Dkfm. Dr. Fritz Aichinger.) - Jetzt werden wir sehen, was der neue Intendant dann macht. Wir werden es eh sehen. Was mir in diesem Zusammenhang wichtig wäre: Dass jedenfalls eine Institution, wie zum Beispiel das Volx in der Margaretenstraße, in welcher Form auch immer, erhalten bleibt. Ich glaube, dass es tatsächlich notwendig ist, auch im Zusammenhang mit der zuvor schon erwähnten Kulturvermittlung, dass solche Institutionen auch ganz tolle Arbeit übernehmen. Wer von Ihnen war im letzten Stück von Christine Nöstlinger?: „Haummas net sche?“ Ein grandioses Stück! Ich

 

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