Gemeinderat, 53. Sitzung vom 25.06.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 62 von 103
dergleichen gesprochen, und ich mich dem Thema Verkehr widme. Nun könnte man natürlich sehr einfach ein bisschen über die Verkehrspolitik des Jahres 2018 oder aktuelle Probleme reden. Das wird aber wahrscheinlich der Situation nicht gerecht, da wir ja morgen einen Wechsel an der Spitze dieses Ressorts haben. Jeder oder die meisten von Ihnen werden wissen, dass ich mit der Frau Stadträtin sehr oft nicht einer Meinung war, das haben wir hinlänglich bewiesen. Es ist aber trotzdem ein bisschen billig, jetzt noch einmal zu bashen, andererseits wäre es unehrlich, jetzt zu sagen, mein Gott, wie toll doch alles war!
Ich habe versucht, es von einem ganz anderen Ansatz her anzugehen und habe mir wirklich überlegt, was Freund und Feind von Maria Vassilakou gemeinsam über ihre Amtszeit sagen können. Was war da so ein prägendes Element? Da fällt mir eine Eigenschaft ein, die sowohl vorteilhaft als auch nachteilig sein kann: Beharrlichkeit. Die Beharrlichkeit hat Ihnen sicher manchmal geholfen, wenn der Gegenwind da war, und ich sage einmal, bei der Westerweiterung der Parkraumbewirtschaftung, bei der Mariahilfer Straße gab es Gegenwind. Ich meine, völlig zu Recht. Wir haben ja jetzt eine Situation, dass mit Montag wieder ein weiterer Bezirk das Parkpickerl einführt, es wird wieder einen Verdrängungsmechanismus geben, und so weiter, und so fort. Wir kennen das Spiel. Es ist keine vernünftige Lösung, die der gesamten Komplexität dieser Frage gerecht wird.
Sie wissen, ich war immer ein Vertreter dessen, dass es in der Stadt kostenintensiver als in den Randlagen sein sollte, um das tiefer Eindringen in die Stadt nicht zu ermöglichen, wie auch immer. Ich möchte jetzt, um Gottes Willen, gar keine Parkpickerldiskussion heraufbeschwören, die wird es vielleicht zu gegebenem Zeitpunkt, wenn es um eine Adaption des derzeitigen Systems geht, eh geben müssen. Aber die Beharrlichkeit war damals etwas, was Sie angetrieben hat, ähnlich bei der Mariahilfer Straße, wo ich heute durchaus geneigt bin, zu sagen, die Begegnungszone funktioniert besser, als ich vermutet hätte. Das Problem, das ich damals schon erkannt habe, wobei ich heute mit der Kritik ganz genauso agieren würde, sind die mangelnden Querungen, noch dazu, da wir ja sogar eine Befragung hatten, in der diese zusätzlichen Querungen von der Bevölkerung eingefordert, aber letztendlich nie umgesetzt wurden.
Diese Beharrlichkeit, die Sie auf der einen Seite auszeichnet, Frau StRin Vassilakou, war aber natürlich auch ein Rucksack in manch anderen Bereichen, wo man vielleicht besser auf Menschen hätte hören können, gar nicht so sehr auf politische Gegner, sondern auf Fachleute. Die Beharrlichkeit hat dann eine bessere Lösung eben unmöglich gemacht. Was meine ich da? Ich bin erst unlängst auf der Wipplingerstraße, beim berühmten Radweg im 1. Bezirk gefahren. Ich kann mich gut erinnern, das war nicht nur der politische Mitbewerber, der vor der dortigen Lösung gewarnt hat, das war die eigene Bezirksgruppe im 1. Bezirk. Jetzt weiß ich, es gibt ein schwieriges Verhältnis, aber es waren auch Magistratsdienststellen, es war die Feuerwehr, es waren die Wiener Linien und viele mehr, die gesagt haben, dass es da bessere Lösungen gibt. Genauso beispielsweise jetzt beim Radweg auf der Wienzeile, Thema Bürgerbeteiligung, da hätte man vielleicht auch mehr auf die Menschen zugehen können.
Ich bin durchaus geneigt, Ihnen zu danken, dass Sie jetzt am Ende Ihrer Funktionsperiode ein ganz wichtiges Projekt, für dessen Umsetzung ich immer appelliert habe, noch auf den Weg gebracht haben: den Busterminal. Obgleich, auch dort gab es eine Bürgerinformationsveranstaltung, bei der die Menschen einfach das Projekt spüren wollten, mehr Informationen haben wollten - auch ein Antrag, den wir, meine Fraktion, zu diesem Thema stellen wird, sich damit auseinanderzusetzen -, Ihnen dabei Ihre Beharrlichkeit, Ihr Vertrauen, dass Ihr Weg der richtige ist und Sie nicht nach rechts und links geblickt haben, ein bisschen im Wege stand.
Ähnliches fällt mir bei der Rotenturmstraße ein. Sie haben mit dem Vorsteher des 1. Bezirks manche Projekte durchaus gemeinsam aus der Taufe gehoben, nicht einmal so schlechte, wenn ich mir die Herrengasse ansehe. Bei der Rotenturmstraße hatten Sie leider Gottes wieder einmal mit der Beharrlichkeit ein Problem, sodass Sie keine gemeinschaftliche Lösung zustande brachten. Es waren aber jedenfalls spannende Jahre, ich durfte die neun Jahre bis auf ein dreiviertel Jahr zur Gänze miterleben. Unsere Divergenzen, was die Verkehrspolitik betrifft, werden wir wahrscheinlich so schnell nicht lösen können.
Vielleicht auch kurz auf meine Vorrednerin replizierend: Ich bin nur einer, der der Meinung ist, man sollte den Menschen Wahlmöglichkeiten geben. (GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc: Ja, ich auch!) Na hervorragend! (GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc: Die haben wir nicht!) Da geht es aber nicht um Besitzstandswahrung, sondern da geht es darum, dass man ... (Weiterer Zwischenruf von GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc. ) Okay, vielleicht können wir das noch bei anderer Gelegenheit ausdiskutieren.
Mir geht es jedenfalls darum: Ich wünsche Ihnen persönlich für Ihr weiteres berufliches Leben alles Gute, denke, das macht Parlamentarismus aus, dass wir achteinhalb Jahre hier gerade in der Verkehrspolitik unsere Klingen kreuzen konnten.
Ich darf mich noch mit zwei Anträgen, sozusagen Anträge an Ihre Nachfolgerin, einbringen, nämlich ein Mal zur Verkehrsstromanalyse beim Fernbusterminal, ein Mal zu einem ganz, ganz wichtigen Thema, Frau Kollegin Hebein, dem S-Bahn-Ring rund um Wien. Zwei Anträge, die uns seit Jahr und Tag am Herzen liegen, sind nun hier eingebracht. Somit kann ich nur sagen: Politik ist nie zu Ende, es geht immer weiter, darum ist es wahrscheinlich auch nie gescheit, Triumphgeheul oder Wehklagen anzuschlagen. Jeder von uns hat seine Argumente, keiner hat völlig recht und keiner hat völlig unrecht.
Verkehrspolitik ist aber jedenfalls etwas, was uns in einer Millionenstadt immer wieder ganz massiv beschäftigen wird. Verkehrspolitik sollte jedenfalls etwas sein, das in der Gestaltung einer Stadt weiter einen zentralen Stellenwert haben darf. In dem Sinne bin ich schon gespannt, wie Ihre Nachfolgerin dieses Ressort handhaben
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