Gemeinderat, 51. Sitzung vom 30.04.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 115
dass unmündige Kinder ausgebeutet werden. (Rufe bei SPÖ und GRÜNEN: 16!)
Jetzt möchte ich aber zurückkommen zu dem eigentlichen Thema. Es ist nämlich dies eine sehr schöne Gelegenheit, in diesem Rahmen an all jene Frauen zu erinnern, die unserem Land in den letzten vergangenen 100 Jahren sehr, sehr viel geleistet haben, nämlich als aktive Politikerinnen genauso wie als Wählerinnen. In dieser Hinsicht ist es relativ egal, von welcher Partei sie waren. Ich glaube, wir können auf sie alle stolz sein und ihrer aller gedenken. In Österreich erhielten Frauen zwölf Jahre nach den Männern das Wahlrecht. Das ist im europäischen Vergleich gesehen der Durchschnitt. Die Schweiz hat sich damit immerhin bis in die 1970er Jahre Zeit gelassen.
Die erste Frau, die ihr passives Wahlrecht seitens der Christlichsozialen Partei ausnützte, war Hildegard Burjan. Sie war eine engagierte Frauenpolitikerin, sie hat mehrere karitative Organisationen gegründet, und sie hat das alles aus einem sehr, sehr tiefen christlichen Glauben getan. Sie gilt generell als eine der Vorreiterinnen der modernen Sozialarbeit. Ebenfalls 1919 wurde die Christlichsoziale Olga Rudel-Zeynek zuerst in den Steiermärkischen Landtag und dann in den Bundesrat gewählt, und in dieser Funktion im Bundesrat wurde sie 1927 die erste Frau der Moderne, die in einem Staat einer parlamentarischen Körperschaft vorgesessen ist - also auch eine Pionierin. Auch in der dunkelsten und traurigsten Zeit unseres Landes gab es starke Frauen, die sich für unser Land und für die Freiheit eingesetzt haben. Ich möchte Irene Harand und Sophie Scholl erwähnen, wobei letztere, wie man weiß, im Kampf gegen den Antisemitismus ihr Leben lassen musste.
Zu Beginn der Zweiten Republik hat die ÖVP ein deutliches Zeichen für die Partizipation von Frauen gesetzt. Es ist nur wenige Tage nach der Gründung der Partei auch der Frauenbund, damals Frauenbewegung, gegründet worden. Damit wurde ein Zeichen dafür gesetzt, dass sich Frauen in der Politik gleichberechtigt einsetzen können. Sie waren ein gleichberechtigter Bund neben den anderen fünf Bünden. Für die Zweite Republik möchte ich Grete Rehor erwähnen. Sie war Gewerkschafterin, kam aus der Fraktion Christlicher Gewerkschafter und wurde 1966 die erste Ministerin der Republik. Sie hat sich ganz massiv für Arbeitnehmerinnenrechte eingesetzt und auch wichtige Initiativen umgesetzt. Für die aktuellste Zeit wäre vielleicht Waltraud Klasnic. Auch Waltraud Klasnic war eine erste Frau, sie war nämlich die erste Frau Landeshauptmann. Sie hat Wert darauf gelegt, dass man Frau Landeshauptmann sagt und nicht Frau Landeshauptfrau. Auch sie ist eine Pionierin.
Meine Damen und Herren, in den letzten 100 Jahren haben mutige Frauen all jene Rechte erkämpft, von denen wir Frauen heute profitieren und zweifelsfrei auch die ganze Gesellschaft profitiert. Auch wenn es heute keine Besonderheit mehr ist, dass Frauen in der Politik sind, haben sie es zweifellos schwerer als Männer. Egal, wie gleichberechtigt eine Beziehung ist, es sind meistens die Frauen, die die ersten Ansprechpartnerinnen sind für Kinder. Es sind meistens die Frauen, die Betreuungs- und Pflegepflichten für ältere Personen haben. Und etwas, das Frauen bis heute leider noch nicht geschafft haben, das ist schon öfter gefallen, ist, Netzwerke zu bilden und diese Netzwerke in einer wirklich konstruktiven und produktiven Art und Weise für sich zu nutzen. Das ist sicher ein Punkt, an dem man arbeiten muss.
Stichwort Quote: Unabhängig davon, wie man zu Quoten persönlich steht, ist die Auswertung und Einführung von Quoten definitiv ein Zeichen von realpolitischer Stärke, das man nicht absprechen kann. Ich hoffe aber trotzdem, dass wir auf eine Zukunft hinarbeiten, in der Quoten obsolet werden, weil Frauen eben nicht mehr auf diese angewiesen sein werden.
Trotz aller von mir und meinen Vorrednerinnen genannten Errungenschaften sind doch noch einige Baustellen offen. Frauen sind leider immer noch von Diskriminierung, Abwertung und sexuellen Übergriffen betroffen, sowohl im politischen Bereich, im öffentlichen Bereich als auch in der Privatwirtschaft. Es ist hier unerlässlich, dass Parteien und Unternehmen konsequentes Vorgehen gegen dieses Verhalten zeigen, und zwar dann, wenn die Männer, die Täter, sehr viel Macht hinter sich vereinen. Es hat uns in diesem Zusammenhang äußerst erschüttert, dass es für den Tiroler Parteigenossen überhaupt keine Konsequenzen gab. Und es hat uns ebenfalls erschüttert, dass ein Stadtrat dieses Hauses in der ZIB 2 über die immerhin erste weibliche Parteivorsitzende der SPÖ gesagt hat, dass ihre Meinung nicht von Relevanz sei. Ich glaube, bei einem Mann hätte er das nicht gesagt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
In diesem Sinn ist es absolut begrüßenswert, dass Sensibilität gegenüber Sexismus, Übergriffen und Diskriminierung von Frauen institutionalisiert wird, wiewohl unter der Voraussetzung, dass dieses Instrument niemals aus politischen, taktischen oder persönlichen Motiven eingesetzt wird. Wir dürfen nicht vergessen, dass in Zeiten von Facebook, Twitter und Co Anschuldigungen der sexuellen Belästigung eine Existenz zerstören können, nämlich auch dann, wenn sich im Nachhinein die Unschuld herausstellt. Wir müssen festhalten, dass auch heute noch die Richter diejenigen sind, die über Schuld und Unschuld - auch bei Anschuldigungen sexueller Übergriffe - entscheiden, und nicht der Mainstream oder die Diskussion auf Twitter.
Meine Damen und Herren, eine weitere Baustelle sind, wie schon öfter angesprochen wurde, die Möglichkeiten von Migrantinnen in unserer Stadt. Uns besuchen hier im Rathaus regelmäßig Gruppen von asylberechtigten Frauen. Sie nehmen zur Kenntnis, welche Möglichkeiten es in dieser Stadt für sie gibt. Aber dieser Schritt, diese Möglichkeiten selber wahrzunehmen, ist dann sehr oft zu groß, aus welchen Motiven auch immer, sei das mangelnde Bildung, seien das Betreuungspflichten, sei das kulturelle oder religiöse Prägung. All das sind Parameter, an denen die Politik arbeiten kann und soll. Aber bei all den Angeboten, die sie aufgezählt haben, die die Stadt Wien Migrantinnen zur Verfügung stellt, darf niemals ein Grundbekenntnis fehlen, nämlich dass die Entscheidungsfreiheit von Frauen, ihre sexuelle Integrität und ihre individuelle Entfaltung niemals durch kulturelle
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