Gemeinderat, 51. Sitzung vom 30.04.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 115
dingungen, auch für Bildung, auch für Gesundheit und Soziales, einfach für alle politischen Fragestellungen auf allen politischen Ebenen. Dank der Hartnäckigkeit dieser Frauen und dank der Hartnäckigkeit von Politikerinnen wie Johanna Dohnal und auch Barbara Prammer konnten gemeinsam Meilensteine erreicht werden, wie die Familienrechtsreform, die Fristenregelung, das Gleichbehandlungsgesetz oder auch das Gewaltschutzgesetz.
Adelheid Popp setzte 1919 die große Hoffnung in die neue Schule, die den neuen Menschen dient. Sie meinte damit die Wiener Stadtverwaltung, das Rote Wien. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Adelheid Popp heute sehr zufrieden wäre.
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, die faktische Gleichstellung ist nicht ganz erreicht. Es braucht auch mehr Frauen im Gemeinderat und in den Bezirksparlamenten und, liebe Kollegen, manchmal auch das Bewusstsein, dass Frauenpolitik keine reine Frauensache ist. Sie betrifft uns alle.
Und doch ist Wien im Jahr 2019 eine Stadt der Frauen. Wir betreiben aktive Frauenpolitik, wir achten auf Förderungen, auch im Bereich des Arbeitsplatzes und bei Gesundheitsfragen. Wir unterstützen mit dem beitragsfreien Kindergarten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und wir sagen ganz klar, dass Sexismus und sexuelle Belästigung hier absolut nichts zu suchen haben. Wir helfen rasch und unkompliziert, wenn Hilfe dringend nötig ist, wie mit dem 24-Stunden-Frauennotruf und in den Wiener Frauenhäusern.
Gleichzeitig machen wir aber auch Frauen und ihre Leistungen sichtbar, damit die jungen Mädchen in dieser Stadt Vorbilder haben und sich auch zum Beispiel für eine technische Ausbildung entscheiden oder vielleicht sogar für einen Gang in die Politik, so wie Sie, geschätzte Kolleginnen im Wiener Gemeinderat. Sie sind 100 Jahre nach den ersten gewählten Frauen ebenfalls Vorbilder für hoffentlich noch mehr zukünftige Mandatarinnen.
Gemeinsam, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind wir für die Demokratie in unserem Land verantwortlich. Halten wir dieses wertvolle Gut hoch. Kämpfen wir, damit auch in Zukunft demokratiefeindliche und damit auch frauenfeindliche Bewegungen keinen Zuspruch haben (GR Mag. Dietbert Kowarik: Ist das gegen die EU, oder was?), mutig und solidarisch, so wie Adelheid Popp und die Frauen vor 100 Jahren. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN, FPÖ und NEOS.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Ich danke der Frau Amtsführenden Stadträtin der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen für ihre Wortmeldung.
Die Geschäftsordnung bestimmt, dass sich bei der nun folgenden Besprechung kein Redner oder keine Rednerin öfter als 2 Mal und mehr als insgesamt 20 Minuten zu Wort melden darf. Ausgenommen von dieser Beschränkung sind der Bürgermeister und die zuständigen Amtsführenden Stadträte, deren Redezeit pro Wortmeldung mit 20 Minuten beschränkt ist. Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Emmerling, und ich erteile es ihr. - Bitte schön.
GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Frau Stadträtin, auch ich danke für Ihre klaren Worte. 100 Jahre Frauenwahlrecht ist ein wahrer Grund zur Freude, ein Grund zu feiern. Es geht um ein Recht, das uns Frauen niemand mehr streitig machen kann, denn wir haben es im Gesetz stehen. Beim aktiven Wahlrecht haben wir Gleichberechtigung erreicht. Das ist im Gesetz vorgesehen, und jedes Kreuzerl ist gleich viel wert.
Es gibt andere Errungenschaften im Bereich der Frauenpolitik, Sie haben es erwähnt. Was uns heute schon selbstverständlich erscheint, war nicht immer selbstverständlich. Deswegen ist es auch ein guter Grund, die 100 Jahre herzunehmen und zu sagen, wir blicken darauf zurück, was viele starke Frauen für uns erreicht haben und was wir gemeinsam weiter erreichen können.
Es erinnert uns an die Frauen, die damals für uns gekämpft haben. Da habe ich auch den Satz von Marianne Hainisch gefunden, Frauenrechtlerin, Friedensaktivistin, die 1913 gesagt hat: Wir streben nicht blindlings das Wahlrecht an, sondern in klarer Erkenntnis, dass das Wahlrecht Macht ist. Das ist es auch, was das Wahlrecht ist, es ist die Macht zur Mitbestimmung. Mit dem Blick auf die Machtfrage müssen wir in diesem Kontext auch zur Errungenschaft auf der anderen Seite kommen, zum passiven Wahlrecht, denn wir haben hier eine Situation, die in Summe noch nicht befriedigend ist. Sie haben es ja auch angesprochen, ich nehme natürlich da unsere Fraktion nicht aus, wir haben im Wiener Gemeinderat, auch im Nationalrat, in den Bezirken noch nicht die Gleichstellung und noch nicht die gleichen Verhältnisse, was Männer und Frauen betrifft, wie sie eigentlich die Bevölkerung hergeben würde. Wir liegen bei rund 37 Prozent.
Wir müssen uns schon auch immer wieder die Frage stellen, warum das so ist. Was können wir - jetzt sage ich nicht - dagegen tun, aber wie können wir Frauen stärken, um auch in die Politik zu gehen? Es geht auch, wie schon erwähnt, um Macht und um Einfluss. Wenn man hier 2.000 Jahre lang zurückblickt und die Machtpositionen recht exklusiv auf der männlichen Seite verankert waren, ist es klar, dass es eine Entwicklung ist, die sich nicht so schnell die Waage hält.
Als männlicher Mensch kann man da schon auch irritiert sein, das kommt immer wieder zum Vorschein, wenn Frauen ganz vorne stehen, zum Beispiel als Spitzenkandidatin bei einer Wahl oder auch als Parteichef. Man sieht es immer wieder, gerade auch an den Ereignissen der letzten Tage. Auch gestern habe ich wieder die sexistischen Kommentare gehört, wo bei Frauen in der Politik, die in erster Reihe stehen, über ihre Hübschheit und Schönheit diskutiert wird, aber auch über allgemeine Eigenschaften, die sehr unqualifiziert sind und in der Politik und in einer lebendigen Demokratie nichts verloren haben. (Beifall bei NEOS, SPÖ und GRÜNEN.)
Von diesen sehr unqualifizierten Äußerungen sind meistens Frauen betroffen, man hört es sehr oft: Die ist vielleicht hysterisch, die ist wie eine Furie, die benimmt
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