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Gemeinderat, 46. Sitzung vom 20.12.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 90

 

Wir fahren keine Programme, wie in vielen deutschen Städten, wo man in Wirklichkeit nur mehr Türsteher an Jugendzentren hat, nämlich zwei Personen, einer an der Türe, einer an der sogenannten Bar oder am Tisch, sondern wir haben ausgebildete Profis, die mindestens zu dritt, viert, manchmal auch mehr, je nachdem, wie viele Jugendliche in Jugendzentren oder Einrichtungen kommen, arbeiten.

 

Das ist vielleicht überhaupt eine Auszeichnung für alle pädagogischen und im sozialpädagogischen, sozialarbeiterischen Bereich angesiedelten Angebote der Stadt Wien, es findet eine Arbeit und eine Unterstützung der Besucherinnen und Besucher, der Klientinnen und Klienten statt und keine Verwahrung oder Aufbewahrung oder Beaufsichtigung, sondern es geht darum, diese Menschen, die zu uns kommen, in dem Fall hier jetzt die Jugendlichen, wirklich zu ermächtigen, sie zu stärken, in ihren eigenen Bedürfnissen und Wünschen zu unterstützten und sozusagen auch ein gewisses Regelwerk an Miteinander und Zusammenleben in unserer Stadt zu verdeutlichen und verständlich zu machen. Ich meine, das gelingt wirklich sehr, sehr gut.

 

Ich weiß nicht, ob sie zum Beispiel an den Jubiläumsfeierlichkeiten der 40 Jahre Jugendzentren teilgehabt haben, die wir heuer begehen durften. Es ist wirklich ganz, ganz hervorragend, es ist herzerwärmend, was die jungen Menschen da über ihre Stadt sagen, was sie über ihr Jugendzentrum sagen, was sie über ihre Jugendeinrichtung sagen, ihren Jugendarbeiter, ihre Jugendarbeiterin. Das ist das, was Freude macht, das ist das, wo man weiß, man ist am richtigen Weg. Wenn so viel Freude, so viel Friedlichkeit, so viel Zuversicht aus den jungen Menschen förmlich strahlt, dann weiß man, dass man am richtigen Weg ist. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Was wir dabei auch machen, und was ich auch sozusagen … Ich finde die Wiener Jugendarbeit ist so ein bisschen ein Pars pro Toto für die Arbeit der Stadt Wien selbst und für ihre Bürgerinnen und Bürger, zum Beispiel auch Menschen so anzunehmen, wie sie sind, sie nicht sofort nach ihren Defiziten zu befragen, sie nicht nach ihrer Herkunft zu befragen, schon gar nicht nach der Herkunft ihrer Eltern, sie nicht dazu zu befragen, wo sie Probleme haben, wo sie schlecht sind, sondern sie zu ermächtigen, nicht nachzufragen, wenn ein Jugendlicher mit Namen Ali kommt: „Aber woher bist du wirklich?“, wenn er sagt, ich bin aus der Brigittenau, oder auch nicht nachzufragen: „Bist du noch immer so schlecht in der Schule?“, sondern: „Wie kann ich dir helfen, wie können wir gemeinsam lernen? Wann hast du dein nächstes Referat?“

 

Das mag Ihnen alles vielleicht komisch vorkommen, das glaube ich sogar, weil wir ja jetzt gerade miterleben, was Ihre Sicht der Dinge auf Pädagogik ist, auf Kinder ist, und das sehr betrüblich ist, weil wir da wieder in Zeiten kommen, wo Kinder und Jugendliche nicht als gleichwertig respektiert werden und nicht als Mitglieder der Gesellschaft, die sich Respekt und Anerkennung verdient haben und auch Teilhabe üben dürfen, sondern wo es darum geht, entweder Jugendliche zu kriminalisieren, wenn sie den falschen Vornamen und Ihrer Meinung nach die falsche Herkunft haben, oder sie als von Grund auf bösartige Subjekte zu titulieren, die durch Geraderichten, Erziehen und Bestrafung gefügig gemacht werden und ordentlich gemacht werden. (GRin Mag. Caroline Hungerländer: Das ist eine Unverschämtheit, so etwas zu sagen!)

 

Das ist natürlich etwas, was wir absolut ablehnen, weil wir wissen, dass wir so keine mündigen Bürgerinnen und Bürger haben werden, die gerne an ihrer Stadt und ihrem Staat mitgestalten wollen. Man kann nur hoffen, dass der Spuk relativ bald vorbei ist, wir werden da natürlich unser Bestes dazu tun.

 

Zu der Fachlichkeit und auch der Messung noch einmal: Ich freue mich sehr, dass der Rechnungshofbericht zum Verein Wiener Jugendzentren, meiner Meinung nach erwartungsgemäß, so gut ausgegangen ist. Ich habe Ihnen ja auch oft berichtet, wie die Aktivitäten dort sind, wie die Fachlichkeit dort ist, wie die Professionalität dort ist. Daher freue ich mich und bedanke mich, dass das auch so anerkannt wurde.

 

Ich habe auch vorher schon gesagt, solange wir das hauptsächlich mitgestalten werden und können, ist ein Credo der Wiener Jugendarbeit die Freiwilligkeit, die Niederschwelligkeit und die Anonymität, die nämlich genau das Arbeiten mit den Jugendlichen, wie ich es jetzt beschrieben habe, erst möglich macht, die die hohen Vertrauensraten, das hohe Zurückkehren in die Einrichtung und sozusagen die wirklich guten Beziehung erst ermöglichen. Das ist das absolute „secret of success“, wie man selbst zu jenen Jugendlichen Bezug haben kann, die schwierig sind, die auffällig werden, die Unterstützung suchen, weil sie zum Beispiel auch wissen, dass sie etwas falsch gemacht haben. Es wäre absolut sinnlos, sie loszulassen, wegzutreiben, wegzustoßen. Genau das Gegenteil ist richtig, und das ist unter anderem ein Grund, wieso die Biographien nicht erfasst werden, außer es findet in ganz besonderen Projekten statt, wo man sich der Biographiearbeit und der Dokumentation widmet, aber en gros nicht, weil das dem sinnvollen Konzept der Wiener Jugendarbeit nicht entspricht.

 

Ich unterhalte mich auch gerne noch einmal länger mit dir, Kollege Ornig, um deine ganzen Bedenken dazu zu zerstreuen. Ich weiß nicht ganz genau, woher die Idee kommt, dass es keine Richtlinien gibt, dass es keine einheitlichen Richtlinien gibt, dass der Overhead für die Vereine viel zu hoch ist. Ich meine, ich weiß nicht genau, ob ihr euch die Zahlen angeschaut habt, die Prozentzahlen der Overheads in den Vereinen insgesamt, den Verdienst der Leute, die dort mit ihrer hohen Professionalität arbeiten und die Subventionsbedingungen, die für alle Vereine aus der fördernden, strategischen und kontrollierenden Stelle gleich sind. Mir erschließt sich sozusagen diese Frage nicht, die da gestellt wird. Ich diskutiere es aber gerne noch einmal.

 

Ich würde mir sehr wünschen, dass man, so wie international und vor allem auch europäisch anerkannt, die Wiener Jugendarbeit als eine wirkliche Erfolgsgeschichte gerne auch mittransportiert. Sie ist ja jetzt ein Export

 

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