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Gemeinderat, 42. Sitzung vom 27.09.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 83 von 92

 

Es liegt ein Beschlussantrag der NEOS vor betreffend Bekenntnis zu einem offenen Wiener Arbeitsmarkt und Verurteilung von Diskriminierung am Arbeitsmarkt auf Grund des Wohnortes. In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt. Wer dem seine Zustimmung geben kann, bitte um ein Zeichen mit der Hand. - Das sind nur die NEOS und somit nicht die erforderliche Mehrheit.

 

18.01.34Es gelangt nunmehr Postnummer 12 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft die 7. Gemeinderatssubventionsliste 2018. Ich bitte die Berichterstatterin, Frau GRin Mag. Wehsely, die Verhandlung einzuleiten.

 

18.01.49

Berichterstatterin GRin Mag. (FH) Tanja Wehsely: Danke sehr. Ich bitte um Zustimmung.

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Hungerländer.

 

18.01.55

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP)|: Danke schön, Herr Vorsitzender! Geschätzte Kollegen!

 

Ich werde zu dem Förderantrag der syrisch-orthodoxen Kirche am Leopoldauer Platz ein paar Worte verlieren. Diesem Antrag werden wir natürlich zustimmen. Die orthodoxen Gemeinden in Wien sind im Wachsen begriffen. Das sehen wir in sämtlichen Bevölkerungsentwicklungsszenarien für Wien. Diese Entwicklung ist für unsere Stadt eine sehr positive und sehr erfreuliche. Aber sie hat einen wirklich dramatischen Hintergrund, nämlich die ständigen, gezielten Angriffe des IS auf Christen des Mittleren Ostens. Christen aus den Kriegsgebieten suchen in Österreich Schutz und Hilfe vor der Verfolgung, die sie auf Grund ihrer Religion erleiden müssen, und vor der Zerstörung ihrer Heimat. Ich bin sehr froh und stolz, dass wir ihnen diese Hilfe auch geben. Zudem erkennen wir, dass diese Gemeinden einen wichtigen Beitrag zur Integration von Flüchtlingen in Österreich leisten.

 

Wenn wir beim Stichwort Integration sind, ich bin Integrationssprecherin der ÖVP. Ich war in dieser Funktion schon bei einigen christlichen Gemeinden zu Gast, und ich habe dort immer dasselbe Bild gesehen, nämlich Menschen, auch wenn sie nur ganz kurz in Österreich waren, die wirklich gut Deutsch gesprochen haben und die Österreich mit großer Dankbarkeit als ihrer neuen Heimat gegenüberstanden. Ich bin von jedem einzelnen dieser Besuche sehr, sehr bereichert nach Hause gefahren, weil ich gesehen habe, wie gut Integration funktionieren kann, wenn der Wille da ist und wenn die Gemeinde dies einfordert. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir sehen auch in der gesamten Stadt die Ergebnisse dieser sehr gelungenen Integration. Das Ergebnis ist nämlich, dass es keine Probleme gibt. Es gibt keine Probleme in Schulen. Es gibt keine Probleme in Kirchen. Es gibt keine Probleme in den Gemeinden, und es gibt keine Probleme im Kontakt mit der Aufnahmegesellschaft. Vielleicht kann man sagen, dass diese Menschen mit christlichem Hintergrund, mit Migrationshintergrund, ein Vorbild für Integration sein können und wir uns da vielleicht ein paar Tipps abholen können, wie Integration funktionieren kann, warum sie dort funktioniert und an anderen Stellen leider nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es ist leider so, dass Christen auch, abgesehen von dem aktuellen IS-Terror, unter Verfolgung leiden. Tatsächlich ist das Christentum die meistverfolgte Religion. Die World Watchlist von Open Doors beziffert die Zahl von Verfolgten mit über 200 Millionen Christen in 50 Ländern unserer Welt. Im Iran etwa wurden ganz aktuell vier Christen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Und ich erinnere an das entsetzliche Attentat in Ägypten, es ist noch nicht lange her, es war dieses Jahr auf eine koptische Pilgergruppe. (Zwischenruf von GRin Mag. Faika El-Nagashi.) Ich höre Sie, ich höre Sie sehr schlecht. Ich spreche von asylberechtigten Menschen. Das sind asylberechtigte Menschen, die hier bleiben können und einen Willen haben, sich zu integrieren. Und der springende Punkt, Frau Kollegin, ist, dass ihre Gemeinde von ihnen erwartet, dass sie sich integrieren. Darum geht es nämlich. Es wird von der Gemeinde, von den eigenen Leuten eingefordert. Das ist der wunderschöne Aspekt, warum Integration hier funktioniert. Ich denke, daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen. Ich denke, das sollten wir behandeln. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich führe meine Rede fort. Ich finde es ein bisschen traurig, dass Sie mich bei so einem ernsten Thema unterbrechen, aber sei es drum. Wir haben über tätliche Angriffe gegen Christen gesprochen. Aber es ist auch strukturelle Diskriminierung, die vielen Christen in muslimischen Ländern widerfährt. Es ist ja so, dass Christen und Juden als sogenannte Schutzbefohlene nicht die gleichen Rechte wie ihre muslimischen Mitbürger genießen. Auch das ist eine strukturelle Diskriminierung, gegen die man auftreten müsste. Wir sprechen hier von Menschenrechtsverletzungen, die wohlweislich nicht an unserer, an Europas Grenzen Halt machen, weil auch hier bei uns werden Christen diskriminiert. Der Papst Franziskus hat das einst in etwas ironischer Weise „eine höfliche Verfolgung“ genannt. Aber es geht bis zu Gewaltakten, die hier in Europa passieren. Erinnern Sie sich an die tödliche Messerattacke gegen einen Konvertiten in Deutschland? Für das Jahr 2017 hat die in Wien angesiedelte Beobachtungsstelle für Intoleranz gegen Christen der OSCD Daten über 155 Hassverbrechen gegen Christen in 18 europäischen Ländern vorgelegt. Davon ist auch Wien betroffen. Vom Islam zum Christentum konvertierte Menschen sind auch bei uns Diskriminierungen bis hin zu tätlichen Angriffen ausgesetzt. Hier geschieht die Diskriminierung nicht vor unserer Haustüre. Nein. Hier geschieht die Diskriminierung in unserer Mitte. Es ist daher schwer zu verstehen, warum sowohl die Politik als auch die europäischen Medien dieses Thema kaum aufgreifen oder sogar bewusst ignorieren. Dabei weiß ich wohl, dass Christen keiner dieser postmodernen Opferkategorien angehören und dennoch geschieht hier Unrecht. Hier gibt es Opfer und hier muss hingesehen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich habe diesen Appell schon einmal an Sie gerichtet und ich werde es sicherlich auch in der Zukunft wieder tun: Bitte schauen Sie nicht weg! Hier geschehen Menschenrechtsverletzungen. Bitte sehen Sie, dass Christenverfolgung stattfindet. Das ist ein reales Problem. Bitte relativieren Sie dieses Problem nicht mit Ausreden!

 

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