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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 102 von 149

 

vonstattengehen kann. Mit „ohne Angst“ meine ich: ohne Angst für Menschen, die sagen wollen, was hier gelebt wird, wie hier die Spielregeln sind, wie hier die Traditionen sind, und zwar ohne im Hinterkopf haben zu müssen, dass sie durch eine Vielzahl von Ihnen subventionierter Vereine an den Pranger gestellt werden, und ohne die pseudo-mitmenschliche Moralkeule von Ihnen spüren zu müssen.

 

Integrationspolitik beschäftigt sich daher auch, aber eben nicht nur mit Zuwanderern, sondern vor allem ermächtigt sie diejenigen in der Gesellschaft, in der Leute zuwandern. Dazu zählen auch selbstbewusste Lehrer - wenn wir hier beim Bildungsthema sind -, und dass der Dienstgeber ihnen die Sicherheit gibt, dass sie frei sprechen können.

 

Da gibt es ein Video, das unlängst im Internet veröffentlicht wurde von der Plattform Addendum, zum Thema „Brennpunkt Schule“. Ich gehe davon aus, dass Sie diese Videos und diese Artikel kennen. Wenn man diese Videos gesehen hat, hat man diesen Eindruck nicht, wenn eine besorgte Lehrerin, die sich verzweifelt an die Öffentlichkeit wendet, dem Bericht zufolge plötzlich Anrufe bekommt, angeblich vom Büro des Stadtschulrates und vom Bezirksschulinspektor. Vielleicht kann der Kollege Vettermann dazu etwas sagen. Denn gerne proklamiert man ja die Stadt der Menschenrechte - und auch die Meinungsäußerungsfreiheit, Herr Kollege, ist ein Menschenrecht!

 

Man kann sich jetzt natürlich die Frage stellen: Warum tun Sie das? Ist es Ignoranz? Ist es vollkommen falsch verstandene Toleranz? Ist es Scham, das eigene Versagen einzugestehen? Oder ist es blanker politischer Opportunismus? Das sage ich Ihnen, das werfe ich Ihnen auch vor, und es macht auch den verdichteten Eindruck, dass Sie hauptsächlich aus blankem politischen Opportunismus handeln.

 

Sie haben ein System des Machterhalts geschaffen, eines Erhalts des eigenen Biotops. Sie schaffen sich Abhängigkeiten durch diese Unzahl von Vereinen, die wir hier, jedes Jahr durchgeschleust, im Plenum haben.

 

Wir hatten vor Kurzem einen Bericht des Stadtrechnungshofes, in dem es um den Verein Fibel gegangen ist. Sie werden ihn sicher auch kennen. Der Stadtrechnungshof hält dazu fest: „Für den Stadtrechnungshof Wien war durchaus erkennbar, dass es mehrere Parallelitäten hinsichtlich der rechtlichen, psychischen und sprachlichen Bildungsinhalte gab. Insofern wäre es seitens der förderungsvergebenden Stelle notwendig, eine gesamthafte Betrachtung jener geförderten Vereine vorzunehmen, die gleiche beziehungsweise ähnliche Beratungen anbieten. Dabei wäre zu evaluieren, ob Überschneidungen bestehen sowie in weiterer Folge Synergiepotenziale vorhanden wären.“

 

Also wenn man wie ich Mitglied des Stadtrechnungshofausschusses ist, weiß man, dass der Stadtrechnungshof durchaus höflich und zurückhaltend formuliert. Aber wenn man zwischen den Zeilen liest, steht hier, dass das Geld verbrannt wird durch Duplizitäten, durch parallele Bewirtschaftung von Räumlichkeiten, Infrastruktur, EDV-Ausstattung, et cetera.

 

Daher bringe ich den ersten Beschlussantrag ein, in dem wir das zuständige Mitglied der Wiener Stadtregierung auffordern, gemäß den Empfehlungen des Stadtrechnungshofes die erwähnten zahlreichen Doppelgleisigkeiten im Bereich der Migrantenberatung zu beseitigen und Beratungen über aufenthaltsrechtliche Fragen bis zum Tätigwerden der geplanten Bundesagentur nicht durch Vereine, sondern durch den Magistrat besorgen zu lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Weiters problematisch ist natürlich auch die Transparenz in der Stadt. Also Wien ist ja nicht nur Stadt der Menschenrechte, sondern auch Mitglied bei Transparency International - auch etwas, wo man sagen kann: Das eine sagen, das andere tun. Denn was bekommt man als Gemeinderat dieser Stadt, als gewählter Mandatar, als Mitglied des entscheidungsrelevanten Gremiums, nämlich des Wiener Gemeinderates, wenn man an die Wiener Stadtregierung eine Anfrage stellt?

 

Es geht hier darum, dass Vereine natürlich regelmäßig Förderungen beantragen und nur ein Teil dieser Ansuchen dem Gemeinderatsausschuss vorgelegt wird. Das Problem ist natürlich, dass es sich hierbei um eine Vorselektion handelt, um ein Vorselektion ganz im Sinne der Wiener Stadtregierung, die überhaupt keinen Vergleich erlaubt, keinen Vergleich zwischen den Vereinen, die uns vorenthalten werden, muss man sagen, und den Vereinen, die die Stadt Wien für subventionswürdig erachtet. Das heißt, es findet eine Vorselektion statt, die dem politischen Entscheidungsträger, dem Mandatar, überhaupt nicht zur Kenntnis gelangt.

 

Jetzt wurde in der Debatte bereits eingewendet: Ja, das ist alles Datenschutz, Amtsverschwiegenheit, alles super geheim, weil - und das Argument muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - den Vereinen, die eine negative Einschätzung haben, dies in der Öffentlichkeit schaden könnte. Deswegen kriegt man es nicht in einem nicht öffentlichen Ausschuss - das ist schon einmal eine gewisse ambivalente Sicht, kann man sagen, wenn man es wertschätzend und höflich, wie ich bin, ausdrückt.

 

Aber da sieht man auch, wie Sie es in Wirklichkeit mit dem Parlamentarismus und mit der Demokratie halten; oder mit dem logischen Denken, das können Sie sich jetzt aussuchen. Denn auch wenn der Ausschuss dem Antrag stattgeben würde, könnte ja der Gemeinderat Nein sagen, wenn man dieses Gremium ernst nähme - bewusst im Konjunktiv gehalten in Ihre Richtung.

 

Da muss man sich halt fragen: Geht es Ihnen tatsächlich um die vorgeschobenen Argumente wie Datenschutz, die überhaupt nicht nachvollziehbar sind? Oder einfach darum, dass Sie Konkurrenzvereine zu dem, was Sie gerne gefördert haben, den Mandataren nicht zugänglichen machen wollen? Das in der Stadt der Transparenz, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Deswegen der nächste Beschlussantrag, in dem summarisch gefordert wird, dass der zuständige Ausschuss regelmäßig, nämlich in jeder Ausschusssitzung über die zwischenzeitlich eingebrachten Ansuchen informiert wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Neben dem schieren Machterhalt regiert natürlich auch noch eine sehr starke zweite Triebfeder bei Ihnen,

 

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