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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 101 von 149

 

minierung von Menschen in den Aufnahmeländern ist, wirtschaftlich, kulturell und politisch sowieso. Daraus folgt für Sie natürlich auch immer das gleiche Rezept: Eine gute Integrationspolitik ist das maximale Entgegenkommen, bis hin - das haben wir in diesen Debatten ja auch schon gehört - zur Forderung einer Staatsbürgerschaft mitten im Integrationsprozess, quasi als Motivationsschub!

 

Da geben Ihnen auch die von Ihnen veröffentlichten Zahlen nicht recht. Ich meine, Sie haben sie nicht persönlich veröffentlicht, aber Sie haben sie im Rahmen einer Konferenz veröffentlicht, nämlich beim letzten Integrationsmonitor. Da besagt nämlich eine OECD-Studie, die hochgradig interessant ist, dass die Zuwanderer in der Schweiz, wo es ganz erhebliche Hürden gibt, sich weitaus mehr wertgeschätzt fühlen, weitaus mehr akzeptiert fühlen als in Ländern mit niedrigen Anforderungen, wie es beispielsweise Schweden ist.

 

Schweden hat sich zur moralischen Supermacht der Integration deklariert. Aber in keinem anderen europäischen Land ist die Differenz in der Arbeitslosenquote zwischen Einheimischen und Zuwanderern so groß wie in solchen moralischen Supermächten, wie Schweden oder beispielsweise auch Wien eine sein will.

 

Ich spreche Ihnen ja nicht einmal die Erkenntnis ab, dass das, was Sie permanent machen, vollkommen falsch ist, das spreche ich nicht einmal allen in der SPÖ ab, zwar dem Großteil, aber nicht allen. Aber dann ist es natürlich nicht besonders hilfreich, wenn man sich ins politische Bett mit jenen legt, die eine Existenz einer europäischen Kultur schlichtweg negieren, die Probleme haben, eine Leitkultur zu akzeptieren oder einzugestehen, dass es überhaupt so etwas wie eine Leitkultur geben kann. Da schaue ich auf die GRÜNEN.

 

Aber natürlich auch in der Sozialdemokratie: Ich habe da eine Stellungnahme einer Frau Özoguz aus Deutschland gefunden, die gesagt hat, eine deutsche Leitkultur ist nicht identifizierbar. Genau das ist das Problem, das Sie haben. Sie machen sich gemein mit postmodernen Relativisten, die alles dekonstruieren, sei es die Kultur bis hin zum biologischen Geschlecht. Mit dieser Grundhaltung, mit so einer Grundhaltung geht es schlichtweg nicht, dass man einen Empfangsraum schafft, in dem sich Leute aus anderen Kulturen bei uns integrieren wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ihre Haltung manifestiert sich ja dann tatsächlich auch im Rückzug aus allen möglichen kulturellen Bereichen, in der Alltagskultur über die Verbannung oder zumindest die Erschwerung traditioneller Bräuche, in öffentlichen Einrichtungen bis hin zum Essen in Kindergärten und Schulen. Es manifestiert sich in Ihrem mangelhaften Engagement, was die Thematik der Scheinstaatsbürger betroffen hat, bis die FPÖ so viel Druck gemacht hat, dass Sie nicht mehr anders konnten, als hinzuschauen.

 

Der Kollege Ellensohn - er ist jetzt als Vorredner nicht anwesend (VBgm Dominik Nepp, MA: Abgehaut!) - hat eine abenteuerliche Behauptung aufgestellt, aber auch darin manifestieren sich seine Haltung und auch sein Verständnis dieser ganzen Thematik. Mir gegenüber hat er - ich glaube, es war in der letzten Gemeinderatssitzung - einen Vorwurf gemacht, indem er mir gesagt hat, es fehlt mir an Humanität - abgesehen davon, dass der Vorwurf per se ungeheuerlich ist und dazu dient, jemanden zu dehumanisieren, aber okay -, nur weil ich einen Vorschlag des Herrn Landesrats Anschober nicht gut finde, betreffend ein sogenanntes 4+2-Modell.

 

Viele von Ihnen werden dieses 4+2-Modell vielleicht nicht kennen. Es geht darum, dass jemand, der in ein Land kommt und im Asylverfahren negativ beschieden wurde, für den Fall, dass er während des Asylverfahrens eine Lehre gemacht hat, die Lehre fertig machen und dann zwei Jahre hier arbeiten darf. (VBgm Dominik Nepp, MA: „Bring your family“, oder wie?)

 

Das werfe ich dem Kollegen Ellensohn vor, und es wäre vielleicht auch praktisch, wenn er zuhören würde, das würde den Diskurs steigern. Ich würde sagen, Herr Kollege Ellensohn, es fehlt nicht mir an Humanität, sondern es unterläuft Ihnen ein ganz grundsätzlicher Fehler in der Annahme, was gerecht ist.

 

Es gibt - egal, in welcher Rechtsordnung - einen fundamentalen Grundsatz, dass derjenige, der sich rechtmäßig verhält, nicht schlechtergestellt sein darf als der, der sich illegal verhält. Leuten, die hier illegal hergekommen sind und sich hier illegal aufhalten, ein Aufenthaltsrecht zuzugestehen, und Leute, die in ihren Heimatländern geblieben sind, weil sie wissen, dass sie hier niemals die Möglichkeit auf legale Einreise haben - also diese Leute, die daheim geblieben sind, schlechterzustellen als Leute, die versucht haben, sich hier einen Asyltitel zu erschwindeln, das ist ungerecht! Herr Ellensohn, das müssen Sie verstehen, sonst hat das keinen Sinn. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Problematisch ist das Ganze natürlich auch, weil, wie ich erfahren habe, in der letzten Integrationsreferentenkonferenz genau dieser Vorschlag des Herrn Anschober vorgelegt wurde. Ich konnte den Medien entnehmen, dass nur der freiheitliche Integrationslandesrat aus Niederösterreich dagegen war. Darum geht meine Frage an den Kollegen Czernohorszky; er findet wahrscheinlich das 4+2-Modell auch ganz super. Wir tun das nicht, weil uns der Rechtsstaat und auch die Gerechtigkeit etwas wert sind.

 

Ihnen in der SPÖ muss ich einen Vorwurf machen, der vielleicht noch etwas schwerwiegender ist als bei jenen, die sich auf einem, wie gesagt, sehr wichtigen Gebiet bewegen, ohne jegliche Kompetenz zu haben. Das ist so eine Art Übernahmsfahrlässigkeit. Aber bei denjenigen, die dies trotz besseren Wissens tun, ist es ganz besonders verwerflich, meine Damen und Herren!

 

Gute Integrationspolitik - ich habe das vorhin schon angesprochen - ist eine, die einen positiven Resonanzraum schafft, die auch die Bürger eines Landes ermächtigt, Sie würden wahrscheinlich „empowert“ sagen. Denn in einer unglaublichen Staatsgläubigkeit glauben Sie, dass Sie von oben herab verordnete Integrationspolitik machen können. Nein, Integrationspolitik ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess!

 

Das ist ein Prozess, der uns alle angeht. Es ist ein Prozess, der aber so ablaufen muss, dass er ohne Angst

 

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