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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 98 von 149

 

sie haben. Und wir haben auch immer wieder einen Runden Tisch gefordert.

 

Das ist zum Glück jetzt alles passiert beziehungsweise in Umsetzung. Da haben wir uns durchgesetzt, wobei ich Ihnen sagen muss: Hätten Sie die ideologischen Scheuklappen früher abgesetzt und hätten Sie nicht wieder einmal diesen Verleugnungsstatus eingenommen, dann hätten Sie viel früher handeln können, und wir wären viel früher ins Tun gekommen.

 

Wir haben aber dieses Problem noch nicht im Griff. Wir brauchen - und davon sind wir zutiefst überzeugt - die Zusammenarbeit mit der Landespolizeidirektion in Wien und fordern ja auch immer wieder flächendeckend in allen Schulen die Zusammenarbeit mit der Polizei vor Ort bei der Durchführung von Workshops zur Gewaltprävention, analog zur Verkehrserziehung, denn dort ist es ja auch ganz normal, dass ein Polizist kommt und mit Schülern die Verkehrserziehung macht.

 

Was noch ganz wichtig ist beim Thema Gewalt an Schulen, ist natürlich die Elternarbeit.

 

Ich möchte jetzt abschließend noch zu einem Thema kommen, das ein sehr sensibles Thema ist: Das sind die Fremdunterbringungen von Kindern. Wir wissen aus Anfragebeantwortungen und aus dem Volksanwaltschaftsbericht in Wien, dass Wien mit Abstand das schlechteste Verhältnis zwischen Unterstützung der Erziehung und Fremdunterbringungen aufweist. Kinder, die den Familien abgenommen werden, bleiben im Schnitt etwa vier Jahre in der Fremdunterbringung in Heimen, und bei Pflegeeltern teilweise noch länger.

 

Ich spreche hier nicht über die Entscheidung, ein Kind aus der Familie zu nehmen, weil ich glaube, das ist einer der härtesten Berufe, die man überhaupt haben kann, und das ist eine Belastung für alle Beteiligten. Ich spreche über die Qualität der Fremdunterbringungen, und ich bitte Sie, da wirklich ganz genau hinzusehen.

 

Uns liegt Bildmaterial vor von einem Heim, mit dem Sie zusammenarbeiten und in dem furchtbare Zustände erkennbar sind. Wir haben Bildmaterial, das zeigt, dass Kinder einen positiven Ritalin-Test haben. Wir wissen aus Erzählungen von Kindern, dass es Erziehungsmaßnahmen in dem Heim gibt, die eigentlich menschenunwürdig sind. Ein Kind hat uns erzählt, es hat in der Nacht nicht schlafen können, weil es einfach nach Hause wollte und Angst gehabt hat in der Nacht und vorm Dunkeln. Es hat dann untertags versucht, den Schlaf nachzuholen, und wurde mit einem Kübel voller Wasser über den Kopf beziehungsweise mit dem Topfklopfen vom Schlafen abgehalten.

 

Ich sage Ihnen, das kann nicht sein! Da haben Sie eine enorme Verantwortung, denn ein Kind, das aus einem Familienbund herausgenommen wird, braucht Sicherheit, braucht Ruhe, braucht die Möglichkeit, sich entfalten zu können, braucht Fürsorge. Es ist ja schon eine enorme Belastung für dieses Kind, sich in diesem fremden Umfeld zurechtzufinden. Ich bitte Sie wirklich, hier genau auf die Qualität zu achten, hier eine Initiative zu machen. Und was es noch braucht, ist: Wir brauchen eine gute und qualitätsvolle Elternarbeit, damit man den Eltern, die überfordert sind, auch eine Stütze sein kann. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt noch viele Baustellen, über die wir diskutieren müssen. Ich hoffe inständig, dass es nicht nur beim Diskutieren bleibt, sondern dass Sie die Probleme in Zukunft rasch und ideologiefrei anpacken. Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Restredezeit der ÖVP sind 10 Minuten. Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr GR Ellensohn. Selbstgewählte Redezeit sind 7 Minuten. Sie haben das Wort.

 

20.04.23

GR David Ellensohn (GRÜNE)|: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Ohne gerechte Chancen keine stabile Gesellschaft - das ist ziemlich einfach, und das beginnt natürlich bei den Kleinsten. Das beginnt bei den Kindern im Kindergarten, in der Schule, und dann später bei den Jugendlichen. Ich habe sieben Minuten, ich werde ausschließlich zu Bildung reden.

 

Was brauchen wir für gerechte Chancen? Und was heißt „gerechte Chancen für alle“? Es heißt: Aufstiegschancen für alle. Das inkludiert fast automatisch, dass die, die oben sind, nicht automatisch immer oben bleiben können. Sonst ist es ein Kastensystem. Wenn die ersten 100 Plätze immer die ersten 100 sind und keiner mitspielen darf, dann bleibt es immer gleich. Dann haben wir ein Kastensystem, wie es das woanders gibt. Wir wollen, dass alle ein gutes Leben führen können und dass es Aufstiegschancen gibt.

 

Jetzt wird dauernd betont und ist es auch so: Wenn ich in ein Land komme, wo ich länger lebe, würde ich irgendwann glauben, dass es sinnvoll ist, dass ich die Sprache von dort kann. Noch sinnvoller finde ich, wenn man zwei oder drei oder noch mehr Sprachen kann - um das auch gleich aufzuräumen.

 

Wie lernen Kinder eine Sprache? Zuerst, wie fängt es einmal an, außerhalb von Schule und außerhalb vom Kindergarten? Na, zu Hause! Wo habe ich Deutsch gelernt? Nein, keine Witze über Vorarlberger Dialekte. Meine Mutter konnte kein Wort Deutsch. Die ist aus England nach Österreich gekommen und konnte Englisch, also die hat einmal kein Wort mit mir geredet. Ich bin der Älteste von vier, also hatte ich auch keine Geschwister, die das mit mir reden konnten. Und der Vater hat mehr gearbeitet als etwas anderes, klassisch, wie es heute noch oft läuft und damals noch sehr viel öfter vorgekommen ist.

 

So, zu Hause war also eine Person, die nicht Deutsch konnte, meine Mama, fertig! Und wo habe ich es trotzdem gelernt? Na, mit anderen Kindern! Nein, nicht einmal im Kindergarten, es gab nämlich keinen in dem Dorf, sondern beim Spielen draußen mit anderen Kindern, die halt mit mir Deutsch geredet haben. Die konnten nämlich nicht Englisch - wenig überraschend. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Wo lernen Kinder die Sprache? Na, im Reden mit anderen Kindern! Wo hätte ich es wahrscheinlich nicht gelernt? Wenn ich zehn andere englischsprachige Kinder getroffen hätte, die auch zu Hause nicht Deutsch spre

 

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