Gemeinderat, 32. Sitzung vom 25.01.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 102
Bezirken links der Donau, in dem Glauben, dass der Lobau-Tunnel quasi als Allheilmittel hier mit einem Schlag die Verkehrsprobleme lösen wird. Das ist ein bisschen ein Trugschluss, vor allem, wenn man bedenkt, dass, wenn jetzt Baubeginn ist, es frühestens in zehn Jahren eine Verkehrsfreigabe geben wird. Andererseits führt das so weit, dass man alle anderen Maßnahmen zur Lösung der Verkehrsproblematik hintenangestellt hat und die Menschen in diesen Bezirken allein gelassen hat.
Jetzt meine Frage: Kollege Maresch hat den S-Bahn-Ausbau schon angesprochen. Da liegt es im Kompetenzbereich der Stadt Wien, hier in den öffentlichen Bereich massiv zu investieren, das hat man aber verabsäumt. Ich frage Sie daher, ob Sie sich persönlich auch dafür in Zukunft einsetzen werden, gerade hier die Menschen nicht weiter im Stich zu lassen und auch andere Alternativen weiter zu forcieren.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr. Michael Häupl: Also wenn ich mir die Investitionsraten der Wiener Verkehrsbetriebe anschaue, dann kann ich diesem Argument, das Sie hier bringen, nicht zustimmen. Ich kann das wirklich nicht nachvollziehen. Die Investitionsraten bei den öffentlichen Verkehrsmitteln sind gewaltig. Das ist nicht nur auf die U-Bahn und den U-Bahn-Ausbau zurückzuführen, der gerade auch in die Donaustadt so funktioniert hat, wie wir uns das vor 10 oder 20 Jahren nur träumen haben lassen, nämlich dass man zuerst eine U-Bahn baut und dann die Siedlung. Das war weiland umgekehrt.
Das ändert nichts an der Tatsache, dass wir natürlich noch einiges zu tun haben, insbesondere was die tangentialen Verkehrsverbindungen betrifft. Dessen sind wir uns bewusst, und es ist auch gar keine Frage, dass wir das auch entsprechend verfolgen werden, nämlich gemeinsam. Vor allem mit den beiden Bezirken auf der anderen Seite der Donau, aber natürlich - jetzt vom Standort des Rathauses aus gesehen - auch im Süden von Wien, wo wir ähnlich gelagerte Fragestellungen haben.
Also, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs hat für uns absolute Priorität, das ist überhaupt keine Frage, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir Maßnahmen auch im Bereich des Individualverkehrs zu setzen haben, und die Schließung des offenen Autobahnringes ist eine solche Maßnahme. Falls es zusätzlicher Maßnahmen im Bereich des Individualverkehrs bedarf - zum öffentlichen Verkehr, wie gesagt, bekenne ich mich ausdrücklich -, so hoffe ich, dass wir dazu auch durch diese Gutachten Aufklärung bekommen können. Ich bin vielleicht nachher dann so gescheit wie der Herr Kollege Maresch und weiß dann auch über diese zusätzlichen Maßnahmen Bescheid.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die 4. und letzte Zusatzfrage wird von Herrn GR Mag. Juraczka gestellt. - Bitte.
GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Wunderschönen guten Morgen, Herr Bürgermeister!
Vielen herzlichen Dank für Ihre bisherigen Antworten! Es ist in der Tat so, dass in der Frage des Lobau-Tunnels Ihre Fraktion und die meine an der gleichen Lösung interessiert sind. Nun wissen wir aber, dass Sie mittlerweile das achte Jahr in einer Koalitionsregierung mit einem Partner agieren, und Sie werden verstehen, dass die Opposition - aber nicht nur die, ich glaube, auch die Menschen in dieser Stadt - nach dem achten Jahr in höchstem Maße daran interessiert wären, dass die Stadtregierung einen gemeinsamen Plan wie in dieser Agenda verfolgt.
Bezüglich der jetzt von der Verkehrsstadträtin eingebrachten neuen Varianten oder einer neuen Studie, wobei Sie ja in der Vergangenheit gesagt haben, dass schon sehr viele andere Varianten geprüft wurden und wir alle hier auch wissen, dass wir derzeit keine Budgetsituation in dieser Stadt haben, die allzu viel Spielraum gibt, würde es mich interessieren: Wie sinnvoll erachten Sie das Durchführen und in weiterer Folge das Der-Öffentlichkeit-Nicht-Vorlegen einer Studie im Hinblick auf deren zeitliche, aber auch finanzielle Effizienz?
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr. Michael Häupl: Ich kann nur grundsätzlich dazu Stellung nehmen. Die Legitimität der Beauftragung der Studie und der Studie selbst stelle ich zu keiner Sekunde in Frage, die ist okay. Ich erwarte mir von dieser Studie, dass diese Begleitmaßnahmen, die jeder Autobahnbau in ganz Österreich nach sich zieht, auch entsprechend aufgelistet werden und wir Ratschläge dazu bekommen, was wir hier noch zu tun haben.
Zum Lobau-Tunnel selbst sage ich hier noch einmal: Es wird in Wirklichkeit seit mehr als zehn Jahren darüber diskutiert. Heute, nach unzähligen Diskussionen, sehe ich keine wirklich realistische Alternative. Man muss ein bisschen zur Ehrenrettung der Politik auch sagen: Die Durchsetzung der Finanzierungsfragen bei der Asfinag durch die zuständigen Minister, die im Verkehrsressort gesessen sind, war auch nicht rasend einfach, weil es verständlicherweise dort auch die Idee gegeben hat, dass man doch die Brücke verfolgt - die aber weder Niederösterreich noch Wien wollten, sondern den Tunnel. Das war einigermaßen zeitverzögernd. Zum Zweiten sehen wir natürlich bei vielen Großprojekten heute, dass die Verlagerung von politischen Entscheidungen in die Gerichtshöfe auch nicht gerade wahnsinnig zweckdienlich ist.
Erwin Pröll hat vor nicht allzu langer Zeit bei seiner Abschiedsrede darauf hingewiesen, wenn auch im Zusammenhang mit einem anderen Thema, nämlich der 3. Piste. Das ist alles gut und schön. Was man aber mit Sicherheit erwarten kann, ist, dass dann der Zeitablauf solcher Verfahren entsprechend flott ist. Denn es sind Standortentscheidungen, die hier getroffen werden. Es sind wirtschaftspolitisch interessante und wesentliche Entscheidungen, die hier getroffen werden, und da kann man sich doch erwarten, dass dies innerhalb einer relativ kurzen Zeit dann in den Gerichten abgehandelt wird. Ich erkenne an, dass es in letzter Zeit besser geworden ist,
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