Gemeinderat, 24. Sitzung vom 01.06.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 87 von 96
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Danke schön. Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Herr GR Ornig. Ich erteile es ihm.
GR Markus Ornig, MBA (NEOS): Vielen Dank.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Lieber Berichterstatter!
Ich glaube, alle in diesem Raum sind sich einig, dass wir den Wirtschaftsstandort Wien nach vorne bringen müssen und Unternehmerinnen und Unternehmer fördern sollten. Die dafür vorgesehenen Mittel sollten allerdings extrem sinnvoll eingesetzt und nicht zum Fenster hinausgeschmissen werden. Und genau der sinnvolle Einsatz von Steuermitteln ist der Grund, warum wir nicht zustimmen, denn das fehlt mir ein bisserl bei dieser Aktion.
Wenn ich mir die Begründung zu dem hier diskutierten Poststück anschaue, dann kann ich zu vielen Punkten 100-prozentige Zustimmung garantieren. Wir brauchen in Wien die bestmöglichen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Wir müssen erfolgreiches Wirtschaften in Wien jetzt und auch in Zukunft ermöglichen, und dafür braucht es ein Miteinander von Arbeiten und Wohnen, und es braucht klarerweise für die Stadt auch einen guten Umgang mit der vorhandenen Fläche ganz im Sinne der Bewohnerinnen und Bewohner.
Enorm wichtig ist es auch, neue Unternehmen für Wien zu begeistern, also einerseits Wiener und Wienerinnen dazu zu ermutigen, in die Selbstständigkeit zu gehen und unternehmerisch tätig zu werden, aber andererseits auch attraktive Voraussetzungen in Wien zu schaffen, um Unternehmen aus dem Um- und Ausland nach Wien zu bringen.
Ich würde einmal sagen, bis dahin sind wir uns bei dieser Zielsetzung alle einig. Definitiv nicht einig sind wir uns jedoch betreffend das Wie: Was können wir tun, um einen attraktiveren Standort in Wien für Unternehmer und Unternehmerinnen zu schaffen? Welchen Weg müssen wir da gehen? - Aus meiner Sicht liegt das größte Potenzial im Schaffen der richtigen Rahmenbedingungen. Es ist also darauf zu schauen, was Unternehmerinnen und Unternehmer heutzutage wirklich brauchen und vor welchen Herausforderungen und Schwierigkeiten sie stehen.
Antworten auf diese Fragen gibt es zuhauf. Die starren Regeln und Verordnungen, die in diesem Zusammenhang immer auftauchen, sind zum Teil uralt, längst nicht mehr zeitgemäß und von der Realität der Unternehmer und Unternehmerinnen weit entfernt. Das gilt etwa für die Gewerbeordnung.
Mir ist bewusst, dass diesbezüglich sehr stark der Bund in der Pflicht ist, aber Wien kann hier dennoch aktiv werden. Setzen wir doch als Stadt ein klares Zeichen und setzen wir uns für eine Liberalisierung ein! Gehen wir mit gutem Beispiel voran, schauen wir uns Gesetze und Verordnungen wirklich noch einmal auf Sinnhaftigkeit an und vereinfachen wir vielleicht so manche Regulierung! Ganz wichtig wäre da auch die Entwicklung von Leuchtturmprojekten auf Zeit und in begrenzten Gebieten, um Neuformen von Unternehmertum in Wien zuzulassen, die jetzt noch keine Chance haben. Andere europäische Metropolen leben uns das sehr gut vor.
In Wien schauen die Antworten leider ganz anders aus, und darum geht es auch in diesem Poststück. Hier setzt man neuerlich auf eine Kampagne, nämlich auf die Kampagne „Made in Vienna“, die für 350.000 EUR Steuergeld den Wiener Standort moderner, erfolgreicher Unternehmen positionieren soll. Im Rahmen der Kampagne wurde eine Website erstellt, und offenbar ist auch ein Quiz oder Ratespiel geplant. All das ist querfinanziert von der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer, Sparte Industrie.
Im Hinblick darauf frage ich ernsthaft: Warum können eigentlich diese beiden Interessenvertretungen diese Kampagne nicht einfach selbst machen? Warum muss man hier noch zusätzlich 350.000 EUR Steuergeld in die Hand nehmen?
Ich habe mir auch erlaubt, etwas überspitzt bei der Wirtschaftsagentur nachzufragen, ich habe mir nämlich gedacht: Wenn man jetzt diese Kampagne macht, um den bestehenden Industrieunternehmen - es geht dabei nämlich nicht um neue - zu danken und ihnen zu kommunizieren, dass es toll ist, dass sie in Wien sind, warum schreibt dann nicht Frau StRin Brauner einfach einen Brief an diese Unternehmen? (Beifall bei den NEOS.)
Das würde nur ein paar Tausend Euro kosten, die Antwort war allerdings schockierend: Man hat mir gesagt: Der Brief wird nur einfach weggeschmissen. - Daher macht man jetzt eine Kampagne um 350.000 EUR Steuergeld und hofft, dass diese Kampagne vielleicht irgendjemand mitbekommt. Solche Kampagnen sind in Wien sowieso die Antwort auf ziemlich alles, etwa „Mein liebstes Unternehmen“ oder „Fahr fair!“ oder „Sei kein Schweindl!“ Das sind viele Werbemaßnahmen um ein Vermögen, bei denen sich definitiv die Sinnfrage stellt.
Bei der erwähnten Kampagne „Made in Vienna“ soll es um die Aufmerksamkeit für in Wien erzeugte Produkte bei der Bevölkerung gehen und, wie gesagt, darum, neue Unternehmen anzusiedeln und den bereits angesiedelten Unternehmen zu danken. Dabei wird wahnsinnig viel für eine Kampagne ausgegeben, und die Zielgruppe ist sehr, sehr breit, das ist ja praktisch überhaupt jeder, weshalb ich meine, dass man sich bei einer Kampagne um 350.000 EUR auf eine Sache konzentrieren sollte. Das könnte mit dem Geld der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer sehr gut funktionieren.
Ich möchte jetzt nämlich wirklich eine Frage stellen: Was ist der Mehrnutzen für die Wiener und Wienerinnen, wenn sie zum Beispiel wissen, dass Manner in Wien produziert? Was habe ich davon? - Das hat sich mir nicht erschlossen! Aber wir veranstalten doch Kampagnen, um Bürgerinnen und Bürgern einen Mehrnutzen zu liefern!
Etwas kann ich allerdings sehr entspannt hier garantieren: Sollte ein in Wien fertigendes Industrieunternehmen jemals seinen Produktionsstatus von Wien weg verlegen, dann sind der Grund dafür sicherlich nicht die geringe Bewerbung von Produkten und mangelnde Information über Produkte, sondern vielmehr Hemmnisse wie zum Beispiel zu hohe Lohnnebenkosten, Überbürokratisierung, Überregulierung und die offensichtliche
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