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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 01.06.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 96

 

die Jahre so regiert und gestaltet, dass sie jetzt so ist, wie sie ist. Das ist unser Verdienst, nämlich der Verdienst der Bewohnerinnen und Bewohner Wiens und der Regierung Wiens und nicht der Icomos oder der UNESCO, der uns diesen Status sozusagen gebracht hat. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich habe zum Beispiel ein Mail bekommen, in dem gestanden ist: „Herr Gemeinderat! Bitte stimmen Sie gegen die Errichtung von Luxuswohnungen!“. - Ich glaube, Herr GR Chorherr hat erwähnt, dass 9 Prozent Wohnungen sind. Und ich habe gestern auch mit meinem Bezirksvorsteher-Stellvertreter Zabrana telefoniert, der selbst Architekt ist und der sich auch sehr intensiv mit dem Projekt beschäftigt hat. Er hat mir gesagt, dass der Anteil an Luxuswohnungen an diesem Projekt insgesamt 5 Prozent ausmacht!

 

Das heißt, das Projekt ist ein Gesamtergebnis, und zwar tatsächlich mit allen Komponenten, die wir gefordert und als Stadt eingebracht haben: Es werden eine Turnhalle errichtet und öffentlicher Raum bereitgestellt, der konsumfrei zu passieren ist, aber damit sind natürlich auch Kosten verbunden, und wenn 5 Prozent dieses Projekts dazu beitragen, dass wir etwas für die Allgemeinheit bekommen, dann stehen wir voll dazu! Damit haben wir, ehrlich gesagt, kein Problem!

 

Auch das Argument der Roten Liste ist heute gebracht worden. - GR Chorherr hat erwähnt, dass auf dieser Liste 55 Städte - glaube ich - stehen. Er hat nicht dazugesagt, dass die meisten schon seit zehn Jahren darauf stehen. Aber wann immer irgendein Projekt in Österreich zu realisieren ist, sei es der Ausbau des Dachgeschoßes des Kaufhauses Kastner & Öhler in Graz, sei es das Projekt in Salzburg, kommt immer wieder diese Drohung mit der Roten Liste und mit der Aberkennung des Weltkultur-Status. Im Endeffekt ist dieser Fall aber nie eingetreten.

 

Ich glaube nämlich, dass auch die UNESCO kein Interesse daran hat, dass einfach alle Städte, die jetzt bei ihr aufgelistet sind, tatsächlich wegkommen. Warten wir daher ab, was dort geschieht! Die Frage ist ja auch: Warum tritt man dieser Konvention bei? Warum will man den Status eines Weltkulturerbes? Brauchen wir das, um irgendein Kulturgut zu schützen? - Das ist dort sinnvoll, wo es eine konkrete Gefahr und Probleme mit Regierungen oder mit Entwicklungen gibt. Das ist aber sicherlich in Wien nicht der Fall!

 

Brauchen wir diesen Status, um Förderungen zu bekommen? - Ich glaube nicht, dass wir als Stadt Wien Förderungen bekommen, nur weil wir diesen Status haben. Oder brauchen wir das, um Touristen herbeizuführen? - Diesfalls kann ich Herrn Norbert Kettner, den Chef von WienTourismus, zitieren, der in einem Interview ganz klar gesagt hat, dass es keine merkliche Verbesserung oder Steigerung der Touristenzahl gegeben hat, seitdem Wien diesen Anerkennungsstatus hat.

 

Ich möchte zu diesem Anerkennungsstatus ganz kurz noch etwas in Erinnerung rufen. Ich habe das schon einmal in einer Rede erwähnt und habe auch StR Schickers sehr tollen Gastkommentar in der „Wiener Zeitung“, aber auch die Replik in der Zeitung „Falter“ zitiert, und ich empfehle wirklich jedem, das zu lesen!

 

Wir haben damals diesen Status zugesprochen bekommen, das Dokument wurde uns aber nicht verliehen, und zwar damals mit den gleichen Argumenten, wie wir sie heute haben: Damals stand das Projekt Wien-Mitte zur Realisierung, und es sind die gleichen Argumente gekommen: Das Weltkulturerbe ist gefährdet! Da gibt es Spekulation! Und so weiter. Wir mussten damals ein Projekt, das fertig war, ändern und redimensionieren, und ich lade Sie jetzt wirklich ein: Gehen Sie noch einmal hin und schauen Sie sich diese zwei Ergebnisse an! Schauen Sie sich an, wie die „Mall“ - wie es heute so schön heißt - letztlich geworden ist, nämlich gestaucht und blader. Auf der anderen Seite sehen Sie an der Marxerbrücke das dort in Form eines Hochhauses realisierte Gerichtsgebäude, und Sie werden, wenn Sie dort stehen und das ehrlich vergleichen, höchstwahrscheinlich sagen, das eine gefällt mir viel besser als das andere!

 

Wir haben uns letztlich für ein Projekt entschieden, und das ist, glaube ich, sehr wichtig. Ich weiß, dass Frau StRin Stenzel hier letztes Mal sehr rührend und empathisch erklärt hat, wie sehr Sie an dem Canaletto-Blick hängt, weil ihr verstorbener Vater diesen einmal gemalt hat. Wir entscheiden uns aber heute für ein Projekt, von welchem die Wienerinnen und Wiener viel mehr haben: Sie bekommen eine wunderschöne Eisfläche, die ebenerdig ist und die auch den ganzen Sommer über ohne Konsum bespielt wird, das Gymnasium vis-a-vis bekommt eine Sporthalle, der Eislaufverein wird aufgewertet, und die Bewohnerinnen und Bewohner des 3. Bezirks haben eine viel bessere Durchwegung zu ihrem Bezirk. Daher bitte ich Sie, meine Damen und Herren, diesem Akt heute zuzustimmen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dipl.-Ing. Dr. Gara. Ich erteile es ihm und darf in Erinnerung bringen, dass ab jetzt die Redezeit 20 Minuten beträgt.

 

12.50.02

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS)|: Danke, Frau Vorsitzende. - Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauer und Zuschauerinnen auf der Tribüne!

 

Kollege Al-Rawi hat das am Beispiel Wien-Mitte schon exerziert, und ich muss sagen: Ich bin etwas überrascht! Sie lernen nicht aus der Vergangenheit! Eigentlich haben Sie nicht wirklich aus diesem Projekt gelernt. (GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi: Doch, wir lernen!)

 

Wenn man sich das Projekt am Heumarkt ansieht, stellt man fest, dass es ja nicht um das Bauprojekt geht, sondern eigentlich um eine grundsätzlich politische Fragestellung und einen grundsätzlich politischen Prozess, nämlich um die Frage: Wie geht die Stadtregierung mit Verträgen um? - Das ist der springende Punkt.

 

Sie, Frau Vizebürgermeisterin, haben es ja in der Fragestunde schon ausformuliert und gemeint, die Auslegung von Verträgen ist Interpretationssache. - Nun gut! Wenn das so ist, dann ist natürlich für jeden Bauherrn die Auslegung von Verträgen und Widmungen Interpreta

 

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