Gemeinderat, 21. Sitzung vom 07.04.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 112
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Dipl.-Ing. Dr. Gara. Ich erteile es ihm.
GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Bei diesem Poststück handelt es sich um die Festsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes für das Gebiet zwischen Puchsbaumgasse, Laaer Wald, Südosttangente, et cetera, auch besser bekannt rund um das Gebiet der Ankerbrotfabrik, respektive das, was noch Ankerbrotfabrik ist beziehungsweise jetzt teilweise schon in die Loft City umgebaut wurde, und eben in diesem Flächenwidmungsplan auch eine weitere Bebauung Richtung Tangente vorsieht. Ich will einmal sagen, dass es schon wichtig ist, sich dieses Beispiel, wie hier Flächenwidmung und Bebauung unterschiedlich interpretiert werden, ein bisschen im Detail anzusehen, denn gerade dieses Gebiet der Loft City ist ja jetzt mit Ateliers, Veranstaltungsräumen, Gastronomie, et cetera durchflutet, und es gibt auch, sage ich einmal, wohnungsartige Einheiten, denn Wohnen darf man in diesem Gebiet nicht. Das ist die eine Seite.
Für die andere Seite, die sich Richtung Südosttangente erstreckt, wird jetzt in diesem Vorschlag des Flächenwidmungsplans sehr wohl eine Wohnnutzung möglich. Das verstehen wir eigentlich nicht, weil das eine Gebiet viel näher bei der Südosttangente - viel mehr Lärm, viel mehr Schadstoffbelastung - ist, und das andere Gebiet eigentlich ja ident aussieht, dort aber Wohnen nicht möglich ist.
Auf der anderen Seite haben wir einen Industriestandort, die Ankerbrotfabrik, die auf der einen Seite über das Wohngebiet nicht glücklich ist und auch teilweise mit Abwanderung droht, und die anderen, die sagen, na ja, wir wollen eigentlich in die Loft City. Da gibt es Partikularinteressen, ganz unterschiedliche Interessen. Die einen würden dort gerne Wohnungen haben, weil natürlich auch vom Projektwerber damals indirekt versprochen wurde, dass man das irgendwann einmal in Richtungen Wohnungen umwidmen könnte. Die anderen wollen das nicht, weil wir dort Veranstaltungszentren haben. Hier haben wir genau diesen Konflikt zwischen Wohnen, Arbeiten, Veranstaltungen, und ich denke, dass wir hier klarere Vorgaben und mehr Möglichkeiten brauchen, denn immer mehr Menschen wollen eigentlich in einem Gebiet wohnen, wo ich wohnen, leben, arbeiten kann, Veranstaltungen habe, und ja, ich nehme auch in Kauf, dass es halt lauter ist. Ich nehme das in Kauf, weil es für mich klar ist, wenn ich dort hinziehe, wenn ich dort ein Wohnungsobjekt erwerbe, dann wird es lauter sein.
Dass ich aber innerhalb eines Gebietes, das de facto ident ist, auf der einen Seite Wohnungen ermögliche und auf der andere Seite nicht, ist eigentlich zu hinterfragen, weil gerade das Thema der Durchmischung in einer wachsenden Stadt, in einer lebendigen Stadt ein zentraler Aspekt sein muss. Wir haben hier schon ein gewisses Wirrwarr und einen Interpretationsspielraum, wo es in dem einen Fall, und das ist eigentlich dasselbe Grundstück, aber angrenzend, möglich ist, in dem anderen Fall nicht. Deswegen werden wir diesem Planungsdokument auch nicht zustimmen. (Beifall bei den NEOS.)
Ich möchte aber hier das Thema noch ein bisschen weiter spannen, weil das für mich ein Beispiel ist, wo mir doch in der Stadtplanung einige Instrumente fehlen, die Klarheit schaffen, die auch Präzision schaffen, um Entwicklungen zu ermöglichen. Wie gesagt, diese Durchmischung von Wohnen und Arbeiten ist nur die eine Geschichte. Genau zu dieser Präzision dieses Gemischten Baugebietes bringen wir auch einen Antrag ein:
„Der Wiener Gemeinderat fordert die zuständigen Stellen der Stadt dazu auf, ein Modell zu entwickeln, wie im Rahmen der Widmungskategorie Gemischtes Baugebiet die Schaffung von durchmischten und auch abends belebten Quartieren erleichtert werden kann. Dabei soll ein vernünftiger Ausgleich der Interessen von Anrainern, Vermietern sowie den Betreibern von Gastronomiebetrieben und Veranstaltungsstätten gefunden werden.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung dieses Antrages an den Gemeinderatsausschuss für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung verlangt.“
Ein zweiter Aspekt, den ich im Zuge dieses Geschäftsstück diskutieren möchte, ist das Thema der übergeordneten, rechtsverbindlichen Instrumente, denn die Beispiele zeigen: Bei Flächenwidmungen wird viel zu oft nach der momentanen Befindlichkeit entschieden. Das ist auch ein Beispiel dafür, dass die einen das wollen, die anderen nicht. Hier geht es also schon um Partikularinteressen und Befindlichkeiten, und eigentlich geht das nicht. Das heißt, es gibt keine übergeordneten Instrumente, wo klargelegt ist, dass sich Flächenwidmung und Bebauungsplan entsprechend an diesen übergeordneten Instrumenten orientieren sollen. Der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan kann auf Grund dieser mangelnden Verbindlichkeit des Stadtentwicklungsplans auch von dessen Zielen entsprechend abweichen. Das tut er auch sehr oft, und das hat auch die Frau Kollegin Olischar das letzte Mal in diesem Hause als eines der Probleme angemerkt. Es ist vor allem dann ein Thema, wenn bestimmte Entwicklungen verhindert werden sollen, dann könnte zu Planinhalten zum Beispiel sektoriale oder auch gebietsbezogene Leitbilder, so, wie auch in regionalen Entwicklungsprogrammen anderer Bundesländer vorgesehen, eine entsprechende Verordnung erlassen werden.
Sie, Frau Vizebürgermeisterin, haben ja auch angekündigt, das gerade jetzt im Zuge des Hochhauskonzepts für den 1. Bezirk hier für den Gemeinderat entsprechend verordnen zu lassen. Die Frage ist natürlich nur, auf welcher Rechtsgrundlage das passieren wird.
Ein sektoriales Leitbild, und das ist ein sehr wichtiger Aspekt, fehlt auch am Beispiel des Betriebszonenkonzeptes, darauf warten wir ja noch. Das Betriebszonenkonzept ist ein sehr wichtiger Aspekt, denn solange das hier nicht entsprechend vorliegt, gibt es ja immer wieder Blockadehaltungen auch von Seiten der Wirtschaftskammer im Fachbeirat für Stadtentwicklung hinsichtlich der Umwidmungen von Betriebsgebieten, et cetera. Das heißt, hier warten wir darauf, und eigentlich ist es ja etwas, was Sie im rot-grünen Regierungsprogramm bereits angekündigt haben, nämlich Leitbilder als Instrumente vorzusehen. Deswegen stellen wir den Antrag
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