Gemeinderat, 21. Sitzung vom 07.04.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 112
Ich hatte dann einige Jahre später die Gelegenheit, die Ergebnisse der Bildung sozusagen von der anderen Seite mitzubekommen, und zwar als Offizier beim österreichischen Bundesheer. Diejenigen von Ihnen, die dort eingerückt waren, wissen, dass es dort auch sehr viele Schreibarbeiten, Tests und Überprüfungen gibt. Und ich muss Ihnen sagen: Was ich dort, beginnend in den 90er Jahren, erlebt habe, ist wirklich erschütternd! So kann man zum Beispiel einfache Dienstbehelfe, Gerätebeschreibungen oder Dienstvorschriften nicht ausgeben, weil man darauf kommt, dass zumindest ein zweistelliger Prozentsatz der Eingerückten, also immerhin österreichische Staatsbürger, nicht lesen kann. Oder es wenden sich Untergebene, also 20-Jährige, an ihre Vorgesetzten und ersuchen sie, ihnen beim Ausfüllen von Formularen bei Amtswegen behilflich zu sein, weil sie nicht schreiben können. Oder man muss sich überlegen, keine Situationen zu schaffen, in denen Handys abgedreht werden, weil ein nicht unerheblicher Prozentsatz der Jugendlichen die Grundrechnungsarten nicht beherrscht und einfache Rechnungen nicht durchführen kann.
Ab Anfang der 90er Jahre war es außerdem eine stetige Entwicklung, dass man sich mit einigen 20-jährigen Österreichern, die immerhin die Staatsbürgerschaft haben, nicht auf Deutsch unterhalten kann, weil sie diese Sprache nicht oder nicht ausreichend sprechen, und, wenn man das bemerkt, ist das ein erschütterndes Erlebnis!
Zwei Aspekte waren dabei besonders unangenehm. Erstens wird das immer schlechter: Es hat angefangen, es geht langsam, aber es wird jedes Jahr schlimmer. Zweitens kommt man, wenn man die Hintergründe kennt und zum Beispiel solche schriftlichen Arbeiten verbessert, zu dem Ergebnis, dass es eine sehr starke Kluft zwischen jenen, die Privatschulen besucht haben, und denjenigen, deren Eltern sich nur die öffentliche Schule leisten konnten, gibt.
Das heißt, Sie haben eigentlich genau das Gegenteil von dem erreicht, womit Sie angetreten sind. Wenn sich die Eltern eine private Ausbildung leisten können, ist das Niveau hoch und sind die Probleme kleiner, und im anderen Fall sind die Kinder die Leidtragenden.
Mich würde daher interessieren, wenn man davon ausgeht, dass es früher diese Probleme nicht gegeben hat und diese jetzt auftreten, wo nach Meinung der Sozialdemokratischen Fraktion und der GRÜNEN - das habe ich nämlich noch nie gehört! - die Gründe dafür liegen: Sind die Kinder dümmer geworden, oder was ist sonst passiert? Wie gibt es das?
Die GRÜNEN verlangen mehr Mittel und eine bessere Ausstattung der Schulen. - Dafür sind wir natürlich auch, aber das kann ja nicht der eigentliche Grund sein!
Im Hinblick auf die diesbezügliche Debatte meine ich - Maximilian Krauss hat das angeführt, wir alle kennen das -, dass diese Probleme nicht wir Wiener, sondern zum Großteil Sie geschaffen haben. Das wurde heute schon erwähnt, ich will jetzt nicht mehr darauf eingehen.
Nun zur Bildungspolitik. Bei NEOS, das muss man auch sagen, bin ich immer fasziniert von den sehr langen Ausführungen. - Es gibt da ein russisches Sprichwort: „Man kann viel reden und nichts sagen.“ Und genau diesen Eindruck habe ich immer bei Politikern gehabt: Es wird einfach um den heißen Brei herum geredet. Sie haben es ja selber zugegeben, als Sie gesagt haben, das ist vielleicht nicht das Wichtigste, denn Lesen und Schreiben wäre wichtig. Dann ist aber eine Ausführung über den Handyvertrag gekommen. - Dazu sage ich: Wenn einer nicht lesen und schreiben kann, wird er sich beim Lesen des Handyvertrags wohl auch schwer tun!
Der eigentliche Grund meiner Wortmeldung ist allerdings, dass ich auf die Lastenverteilung bei der Finanzierung der Schulen eingehen wollte, weil der 9. Bezirk davon besonders betroffen ist. Auch das ist ein Teil der Bildungspolitik. - Ich zitiere: „Bei uns gehen gleich drei Fünftel des Gesamtvoranschlags dafür“ - also für die Schulsanierung - „weg. Für alle anderen Bezirksaufgaben bleibt dadurch nur ein Sparbudget über. Minus 20 Prozent Budget etwa für Straßenbau und Stadtplanung, für Märkte und Sonstiges.“ - Das sind die Fakten. Das stammt aber nicht von den Freiheitlichen, sondern das stammt von unserer roten Bezirksvorsteherin am Alsergrund.
Das heißt, wenn Sie ohnedies der Meinung sind, wenn freiheitliche Anträge gestellt werden wie in der Oktobersitzung des Gemeinderates, dass die Finanzierung der Schulsanierung aus dem Wiener Zentralbudget kommen soll, und Sie dann hier dagegen stimmen, dann fragt man sich: Kommunizieren Sie nicht mehr untereinander? Oder vielleicht gehört die Bezirksvorstehung einem anderen Flügel an, das wechselt ja auch relativ schnell!
Wenn Sie sich so verhalten, dann würde ich jetzt gerne bei Kollegen Haslinger anknüpfen, der gesagt hat: Wenn Sie es einfach nicht schaffen, einem solchen Antrag, der notwendig ist, zuzustimmen, weil Sie, wenn ein freiheitlicher Antrag kommt, eine Art Pawlow‘schen Beißreflex entwickeln und einfach dagegen sein müssen, dann formulieren Sie den Antrag halt um, so wie Sie das wollen, und dann werden wir ihn gemeinsam annehmen! Dieses Finanzierungsproblem lastet nämlich auf den Bezirken und muss gelöst werden.
Kommen wir zum Ende: Diese finanzielle Auslaugung der Bezirke muss ein Ende haben und die schlechte Bildungspolitik von Rot-Grün ebenfalls! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Aigner. Ich erteile es ihm.
GR Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ): Danke sehr, sehr geehrte Frau Vorsitzende. - Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!
Ich möchte da gleich anknüpfen, wo mein Vorredner, Kollege Amhof, aufgehört hat, nämlich bei der Frage des Schulbaus, der Finanzierung und der Lastentragung zwischen Zentrale und Bezirken. In diesem Zusammenhang haben wir natürlich auch eine PPP-Problematik, denn dieses PPP ist ja kein echtes PPP, bei dem ein Privater etwas echt einbringt und auch das Risiko übernimmt, sondern das ist im Prinzip eher eine Finanzierungsform und eine Verbrämung von Schuldenmachen.
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