Gemeinderat, 20. Sitzung vom 02.03.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 105
stellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Kultur, Wissenschaft und Sport gerichtet. (Im Zuge der Neuordnung der Filmfestivalförderung wurde von der MA 7 ein eigener Beirat mit unabhängigen Expert_innen eingesetzt, der anhand neu erarbeiteter Kriterien die eingegangenen Förderanträge beurteilen soll. Nicht alle Empfehlungen wurden von Seiten der MA 7 umgesetzt. Aus welchen Gründen wurden die Empfehlungen des Beirats nicht vollständig übernommen und eine Umverteilung der empfohlenen Fördersummen durch das Stadtratbüro vorgenommen?)
Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Zu dieser Frage lassen Sie mich vielleicht nur kurz allgemein etwas feststellen: Wir haben in dieser Stadt mehr als 80 Kultur- und Kunstfestivals. Das ist eine ganze Menge, die Tendenz ist im Übrigen steigend. Was die Filme anbelangt, und um Filmfestivals in dieser Stadt und ihre Förderung geht es ja hier, kann ich zunächst einmal sagen, dass auch da die zugrundeliegende Hardware, nämlich die Filmproduktion in den vergangenen Jahren massiv gewachsen ist.
Das ist nicht ganz uninteressant, von 11 Filmen im Jahr 2001 ist die Filmproduktion auf 90 Filme im Jahre 2014 in Österreich gewachsen und von rund 500 auf über 1.600 im selbigen Zeitraum in Europa. Wir haben also nicht zuletzt auf Grund der Filmförderung eine massive Steigerung der Anzahl der Filme, was sich allerdings leider nicht notwendigerweise auch immer in einer Steigerung der Kinobesuche niederschlägt. Wenn man bedenkt, dass davon höchstens 200 Filme pro Jahr ins Kino kommen, wird auch klar, warum im gleichen Zeitraum die Anzahl der Festivals gestiegen ist. Festivals sind nämlich attraktive Abspielmöglichkeiten.
Die Verwertungslandschaft im Filmbereich hat sich durch die Digitalisierung gravierend verändert. Das Kinopublikum erwartet sich einen Mehrwert neben und zur reinen Filmvorführung dazu, sei es durch ein architektonisches Erlebnis, wie es im Gartenbaukino oder in anderen historischen Einsaalkinos möglich ist, sei es durch Künstlergespräche, durch Publikumsdiskussionen oder auch andere Rahmenprogramme. Das beschert einigen Kinos Publikumszuwächse, es gibt also auch in den kleinen und sogenannten Arthouse-Kinos Publikumszuwächse, löst aber nicht die Probleme für die Branche generell.
Festivals oder speziell kuratierte Filmreihen liefern genau diesen Mehrwert. Aus diesen Gründen wächst die Festivallandschaft seit 10 bis 15 Jahren weltweit stark, und sie spezialisiert sich auch auf gewisse Genres, Formate und Nischen. Damit werden die jeweiligen Film-Communities und Zielgruppen direkt angesprochen und erhalten die Möglichkeit, jene Filme öffentlich zu sehen, die Kinos im regulären Spielbetrieb nicht mehr zeigen können und für die ein klassischer Kinostart vielfach wenig Sinn macht, weil Sie ohnehin auf Festivals zu ihrem Publikum kommen.
Auch die Wiener Filmfestivals verzeichnen steigende Besucherzahlen. Davon profitieren letztendlich auch die Kinos, denn die Festivals mieten sich entweder in Kinos ein oder geben 50 Prozent der Karteneinnahmen an das Kino weiter. Durch dieses Wachstum ist die Wiener Festivallandschaft etwas unüberschaubar geworden und soll nun durch die neue Filmfestivalförderung strukturiert werden. Die Eckpunkte der Neuerungen, die im Übrigen im guten Einverständnis mit der bundesweiten Interessensvertretung der Filmfestivals, nämlich dem Forum Österreichischer Filmfestivals erarbeitet wurden sind dabei folgende:
Es soll eine einzige Anlaufstelle zuständig sein in Form eines One Stop Shops, es soll transparente und nachvollziehbare Vergabekriterien geben, und es soll die Einrichtung eines fachlich qualifizierten unabhängigen Beirats erfolgen. All das ist geschehen. In diesem Beirat finden sich ExpertInnen, die selbst nicht der Wiener Filmfestivalszene angehören, sodass es nicht zu irgendwelchen Vereinbarungen kommen kann. Wir haben kompetente Leute dafür gesucht, die selber nicht in Wien einreichen. Es sind dies Frau Prof. Verena Teissl, eine Professorin der Fachhochschule Kufstein, Frau Renate Wurm, Geschäftsführerin von „Das Kino“ in Salzburg und Markus Aicher, Redaktionsleiter des Bayerischen Rundfunks und Festivalleiter der Musikfilmtage Oberaudorf.
Eine weitere Neuerung sind zwei fixe Einreichtermine pro Jahr, die die Planungsabläufe erleichtern. Filmefestivals, die im 1. Halbjahr des Folgejahres stattfinden, können bis Mitte Oktober einreichen; Filmfestivals, die im 2. Halbjahr stattfinden, können bis Mitte Februar einreichen. Dieser Beirat hat nun in einer ersten sozusagen Tranche Empfehlungen ausgesprochen, auf deren Basis dann die Entscheidungen getroffen wurden. Ich halte das für wichtig, denn Empfehlungen sind Empfehlungen und Entscheidungen sind Entscheidungen. Für Entscheidungen bin ich verantwortlich, weil ich sie hier im Gemeinderat oder auch im Ausschuss zu rechtfertigen habe.
Sechs von den zehn Empfehlungen, die der Beirat abgegeben hat, wurden eins zu eins umgesetzt, vier Empfehlungen wurden in der Tendenz umgesetzt; und ich habe mir erlaubt, bei zwei Empfehlungen bezüglich Kürzungen diese etwas abzumildern und bei zwei Empfehlungen bezüglich Erhöhungen diese nicht im vollen Umfang der Empfehlungen auszusprechen. Das ist meine Verantwortung als zuständiger Politiker.
Die Empfehlungen des Beirats im Einzelnen im Unterschied zum Vorjahr: Laut Empfehlung sollen Förderungen an drei Festivals erhöht werden, für drei Festivals sollen die Förderungen gleich bleiben, an zwei Festivals sollen Förderungen geringfügig gekürzt werden, zwei sollen laut Empfehlung leer ausgehen - diese haben schon bisher keine öffentlichen Gelder erhalten. Eine Einreichung wurde auf Grund unnachvollziehbarer Einreichunterlagen auf Februar verschoben, und ein Festival wurde zum ersten Mal gefördert.
Die Aufgabe des Beirates ist es, eine fachliche Expertise über Qualität und Kostenplanung abzugeben, aber nicht, Gelder zu verteilen. Die fachliche Expertise des Beirats fließt in die Empfehlungen und in die Entscheidung ein, die letzte Entscheidung muss aber letztendlich bei der Abteilung beziehungsweise Kulturpolitik liegen. Das Modell des Beirates wurde der Stadt Wien
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