Gemeinderat, 17. Sitzung vom 13.12.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 69
Denn im Bereich Integration fehlt das Geld: Wie man im Budget sieht, wird sogar weniger ausgeschüttet, obwohl die Herausforderungen immer größer werden. Und die Herausforderungen im Bereich Integration sind massiv. Das ist die Zukunftsherausforderung in dieser Stadt. Die Chance, dass wir ein gutes Miteinander haben, ist nur dann gegeben, wenn wir Integrationspolitik aktiv gestalten und wirklich Menschen, die zu uns kommen, auch schnellstmöglich Teil unserer Gesellschaft werden lassen. (Beifall bei den NEOS.)
Zuerst zu den aktuellen Herausforderungen und zu den Zahlen, die ja wirklich beeindruckend sind: Wir haben bei der Debatte zum zuletzt behandelten Geschäftsbereich auch schon gehört, dass ein Zuzug von 40.000 Menschen nach Wien zu verzeichnen ist - was ein Wahnsinn ist -, davon sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund oder auch Flüchtlingshintergrund. Wir haben laut Jahresbericht des FSW 25.840 Flüchtlinge, die zur Zeit in der Grundversorgung sind, eine wahnsinnig hohe Anzahl, und angesichts der tausenden Asylverfahren, die gerade abgeschlossen werden, ist diese Zahl bestimmt auch steigend.
Wir müssen auch im nächsten Jahr mit einer massiven Steigerung rechnen. Das WIFO prognostiziert für 2017 zum Beispiel eine Zahl von 41.000 Asylberechtigten, die in der Wiener Mindestsicherung sein werden. Das sind also unglaubliche Zahlen, die die Stadt auch erst einmal verkraften muss, und da muss eine proaktive Integrationspolitik geleistet werden. Denn: Herausforderungen gibt es in vielen politischen Bereichen, so etwa in jenem des Arbeitsmarkts, weil ein Großteil der Asylberechtigten erst nach fünf bis zehn Jahren überhaupt einen Job finden wird. Das heißt, im Arbeitsmarkt besteht eine besondere Herausforderung.
Oder auch im Bereich Wertevermittlung: Natürlich, wenn viele Menschen aus anderen Kulturkreisen zu uns ziehen, kann es kurzfristig auch zu einem Clash von Kultur- und Wertauffassungen kommen, wenn da zu wenig Kommunikation stattfindet, oder es können auch Parallelgesellschaften entstehen.
Ein ganz wichtiger Punkt ist aus meiner Sicht auch der Kampf gegen Radikalisierung, denn wir sehen in der Studie, die veröffentlicht worden ist, aber auch in anderen Umfragen und vor allem auch in Prognostizierungen, wie viele Wiener radikalisierungsgefährdet sind, dass wir da ein massives Problem haben. Das ist natürlich einerseits im Bereich rechtsradikaler Tendenzen der Fall, aber auch islamischer/islamradikaler Tendenzen. Dass eine sehr hohe Anzahl von Jugendlichen bereit ist, für die Religion des Islam in den Dschihad zu ziehen, ist ein Grund zu großer Besorgnis für uns alle, und da muss man unglaubliche Anstrengungen vollziehen, damit wir diese Jugendlichen nicht verlieren - nicht verlieren in die Arbeitslosigkeit und nicht verlieren an ein Gedankengut, das unserer Demokratie nicht zuträglich ist. (Beifall bei den NEOS.)
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, braucht man natürlich Geld. Wenn man sich das Budget der MA 17 anschaut, dann sieht man aus dem Budgetentwurf, dass es um 18,4 Prozent gesenkt wird. Das ist fast ein Fünftel des Budgets, das im Bereich Integration ausgegeben wird. Da frage ich mich schon, warum genau in diesem Bereich so eine starke Einsparung vonstattengeht. Und vor allem interessiert mich auch - und das weiß ich bis heute nicht -, wo im Bereich der MA 17 denn genau eingespart werden wird und was für Themenbereiche der MA 17 davon betroffen sind.
Denn: Natürlich kann man die MA 17 und die Förderungen effizienter aufstellen. Vor allem im Bereich Sprachförderung und Sprachkurse gibt es mittlerweile einen unglaublichen Wildwuchs in der Stadt. Es gibt unterschiedliche Institutionen, die ähnliche Dinge anbieten, die auch ähnliche Förderungen und ähnliche Beratungsleistungen anbieten. Da ist es wirklich schwierig, den Überblick zu behalten. Da kann man sicher reformieren, um das effizienter zu gestalten, ohne dass weniger Leistung beim Einzelnen ankommt. Aber mich würde dann interessieren, von Ihnen zu hören, Frau Stadträtin, ob es schon genauere Pläne gibt, wo denn da gespart werden soll. Denn: Aktive Integrationspolitik braucht Geld! Sie braucht Geld für Sprachkurse, Geld für Orientierungskurse, Geld auch für Jugendarbeit und für viele andere Bereiche.
Wofür es sicher kein Geld braucht - und das hat mich in den letzten Wochen wirklich immens geärgert -, ist eine Sprachen-App, die von der MA 17, die ohnedies sehr viel zu tun hat, eigens entwickelt wird, wo man aus unterschiedlichen Sprachen ins Wienerische übersetzen kann - wie „Depperta“ oder „Hausmasta“ oder andere für Wiener sehr, sehr wichtige Begriffe. Dieses Angebot, das gibt es einfach am privaten Markt! Man kann über private Anbieter das genau gleiche Angebot verwenden. Für ein paar Hundert Euro kann man Worte ins Wienerische hinzufügen. Aber dafür eine eigene App zu programmieren, wo unglaublich viele Leute involviert sind, und diese dann auch noch um über 400.000 EUR zu inserieren, ist eine unglaubliche Geldverschwendung - in einer Zeit, in der wir Integrationsmaßnahmen wirklich notwendig haben. Und auch in der Anfragebeantwortung wurde klar, dass die Zugriffszahlen marginal sind. Pro Zugriff gibt es 1.000 EUR an Inseratenbudget! Diese Relation ist wirklich nicht gerechtfertigt in dieser Zeit, in der wir auch einen gewissen Spardruck haben und Mittel für Integrationsmaßnahmen sinnvoll verwendet werden sollten. (Beifall bei NEOS und FPÖ.)
Ich hoffe, dass solche sinnlosen Projekte in Zukunft eingestellt werden und das Geld sinnvoller, zum Beispiel direkt für Sprachkurse, in die Hand genommen wird.
Ich sehe das Budget im Bereich Integration eher im Sinne des Prinzips Hoffnung an. Mit weniger Geld die Herausforderungen zu meistern, wird eher schwierig werden. Wenn ich mir anschaue, wie zum Beispiel im Bereich Mindestsicherung budgetiert ist, wo viel zu wenig budgetiert ist, oder auch im Bereich des FSW, wo im nächsten Jahr 1,077 Milliarden EUR veranschlagt sind, obwohl in diesem Jahr schon mehr ausgegeben worden ist, dann frage ich mich schon, wie sich das ausgehen soll bei den zusätzlichen Herausforderungen. Wie der FSW nächstes Jahr Geld einsparen soll, ist für mich nicht ganz ersichtlich. Ich glaube, da wird das Budget bei Weitem nicht halten und wird überzogen werden, wie im letzten Jahr ja auch schon, wo man gesehen hat, dass
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