Gemeinderat, 16. Sitzung vom 25.11.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 26
wie gesagt, gut ausgeführt, wo überall große Sorge besteht, dass es nicht besser wird mit der Gesundheitsversorgung der Stadt.
Natürlich man kann sich immer, wie die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ und den Grünen, hinstellen und sagen: Wir haben das beste Gesundheitssystem der Welt, aber die Opposition redet dieses Gesundheitssystem schlecht und sorgt damit für Verunsicherung bei Patientinnen und Patienten. - Das Problem dabei ist aber, dass das wiederum im Widerspruch zu den Alltagswahrnehmungen der Menschen steht. Dafür gebe ich Ihnen mehrere Beispiele.
Eine Freundin hat mich letztes Wochenende angerufen. Sie ist in einer Kinderambulanz gesessen, weil ihr Kind wieder einmal am Freitagabend hoch gefiebert hat, sie aber halt doch gewartet hat, sich aber am Sonntag gesagt hat, nach drei Tagen hohem Fieber muss ich jetzt doch gehen. Und sie hatte eigentlich keine andere Möglichkeit, als in eine völlig überfüllte Ambulanz zu gehen. Es gibt sonst kaum Möglichkeiten, ich glaube, es gibt nur drei Stellen außerhalb des Ambulanzbereichs, wo man am Wochenende mit einem kranken Kind hingehen kann. - Das ist Alltagserfahrung.
Jetzt noch eine andere Alltagserfahrung, von der Sie auch gelesen haben werden, dass nämlich schwangeren Frauen gesagt wird - und ich habe das selbst erlebt -: Sie sind aber spät dran, wir müssen Sie auf eine Warteliste nehmen. Oder ein anderer Vorschlag: Gehen Sie nach Klosterneuburg, denn hier in Wien können wir Sie für diesen Geburtstermin nicht mehr nehmen!
Das sind Warnsignale, und Sie sagen einfach, dass wir alles schlechtreden und den Menschen nicht mehr zuhören! So haben Sie zum Beispiel auch Frau Mag. Hufnagl nicht zugehört, und es hat bis dato kein Gesprächstermin stattgefunden!
Diese Menschen wollen konkret etwas erreichen, nämlich wohnortnahe Versorgung, damit man sich, wenn es ein Problem gibt, wohnortnahe an eine zuständige Stelle wenden kann und die Gewähr hat, dass man dort bestmöglich und adäquat betreut wird.
Diese Sorgen nehmen Sie nicht ernst! Wir haben ein gutes Gesundheitssystem, aber es ist auf dem Weg der Verschlechterung, und es ist Zeit, Verantwortung zu übernehmen, und zwar vor allem für die SPÖ. Aber es ist auch Zeit für die GRÜNEN, Verantwortung zu übernehmen und sich nicht immer in Richtung SPÖ abzuputzen, sondern als Regierungspartner verantwortungsvoll zu agieren.
Mein Kollege Gara hat vorhin gesagt, dass es auch ein Thema gibt, das nicht nur den Spitalsbereich betrifft. Ich nehme an, es wird in den folgenden Wortmeldungen noch darauf hingewiesen werden, was diesbezüglich von der Stadt gemacht werden kann und was nicht im Urkernbereich der Verantwortung im Rahmen der Stadtpolitik liegt. Kollege Gara hat den Begriff genannt und hat von der Notwendigkeit der integrierten Gesundheitsversorgung gesprochen.
Wir brauchen nicht nur ein Spitalskonzept, sondern wir brauchen ein integriertes Gesundheitskonzept. Natürlich liegt nicht all das in der Verantwortung der Stadt allein, aber da bin ich bei einem Kernproblem der Verantwortung: Wenn die WHO im Jahre 1969 - wie du, glaube ich, gesagt hast, Stefan - erwähnt hat, dass wir eine Finanzierung aus erster Hand brauchen, dann müssen wir dafür Sorge tragen, dass der niedergelassene Bereich gestärkt wird. - Aber egal, wo ich das anspreche und sage, dass wir die Spitalsambulanzen entlasten müssen, et cetera: Jedes Mal nicken alle, sagen aber, das ist nicht unsere Verantwortung. Da können wir nichts tun! Was soll man denn tun, das kann man nicht verändern!
Das kann ich nicht akzeptieren! Das kann ich als Mensch nicht akzeptieren, der gerade deswegen in die Politik gegangen ist, weil ich mich mit solchen Stehsätzen nicht abfinden möchte: Das war immer schon so! Da können wir nichts machen! Das ist nicht meine Verantwortung! Da müssen wir mit denen reden! Da muss der Bund mit hinein! - Diese Sätze kann ich nicht akzeptieren! (Beifall bei den NEOS.)
Wenn Sie sich nicht dafür verantwortlich fühlen - und jetzt schaue ich in Richtung beider Regierungsparteien -, dass wir eine Finanzierung aus einer Hand bekommen und immer die Verantwortung abschieben und sagen, dass Sie dieser Bereich nichts angeht, dass Sie da leider nichts tun können, und es da nur Standespolitik gibt, dann ist das verantwortungslose Politik, weil sie direkt dazu führt, dass wir das öffentliche Gesundheitssystem ruinieren.
Mein Kollege Gara hat auch gerade von dieser Doppelmoral gesprochen. Gestern haben wir ja wieder die traute Einigkeit von Rot-Grün und auch von der ÖVP erlebt: Nur ja keine Privatisierungen der Daseinsversorge! Und dabei wird auch der gesamte Bereich der Gesundheitsvorsorge angeführt. Da herrscht eine unglaubliche Doppelmoral!
In Wahrheit haben Sie ein Konzept, und das heißt: Möglichst viel in den privaten Bereich abschieben. - Wissen Sie, dass die Privatarztversicherungen boomen? Diese boomen in Wien! Im vergangenen Jahr sind so viele abgeschlossen worden wie noch nie zuvor. Und da sprechen wir nicht von den Reichen, die sich das halt leisten, sondern ich rede jetzt vom Mittelstand, ich rede davon, dass Familien sagen: Tut uns leid, es geht nicht mehr, wir finden einfach keinen Kinderarzt mit Kassenverträgen in unserer Nähe! Oder wenn man doch einen findet, dann wartet man dort zwei oder drei Stunden, und das ist mit der Berufstätigkeit unvereinbar. Daher leistet man sich das für seine Kinder und geht in den Wahlarztbereich. (Beifall bei den NEOS.)
Ein anderer Bereich: Ich habe die Geburten angesprochen. In Wien gibt es genau 17 Hebammen an der Zahl, die von den Kassen bezahlt werden. Dem gegenüber gibt es 160 Wahlhebammen in dem Bereich, der privat finanziert werden soll. Wenn man das umrechnet - ich habe es mir irgendwo aufgeschrieben -, dann sieht man, dass diese 17 Kassenhebammen bei der Wiener Geburtenanzahl hochgerechnet für 1.172 Geburten im Jahr zuständig sind! Das heißt: Hier gibt es eine massive Unterversorgung! Und Sie schieben das in den privaten Bereich ab. Das ist unverantwortlich, und es ist eine
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